Wenn Die Nacht Beginnt
Frühstück zog sie Hosen an, ein leichtes Oberteil und flache Schuhe, und ging auf den Sunset Boulevard. In einem Porzellanladen kaufte sie eine Suppenterrine mit einem emaillierten mexikanischen Sonnenaufgang auf dem Deckel – ein Geschenk für ihre Mutter – und ließ sie in den Osten schicken. Mittlerweile hatte sich ihre Laune verbessert, und auf dem Rückweg zum Hotel gab sie einem Straßenverkäufer einen Dollar für einen Lageplan der Häuser der Stars.
Ein paar Minuten vor elf führte sie ein braungesichtiger Kellner mit Glatze in den Speisesaal. Sie erklärte, dass sie auf jemanden warte, bestellte Eistee und faltete die Karte auseinander. Sie hatte sie eigentlich aus Jux gekauft, aber sie zog ernsthaft in Erwägung, Peter zu bestürmen, mit ihr eine Bustour zu machen als Strafe dafür, dass er sie vernachlässigt hatte. Da bemerkte sie, wie jemand hereinkam.
Er hatte eine absurde Größe, was vor allem an seinen langen Beinen lag, die in steife, neue Blue Jeans gepackt waren, die beim Gehen in den Kniekehlen Falten warfen. Die Absätze seiner Cowboystiefel – irgendeine Art Eidechsenleder, hellrot gefärbt, mit glänzenden schwarzen Flügelspitzen – fügten seiner Größe noch ein paar Zentimeter hinzu, die er wirklich nicht nötig hatte, und die Hutkrone seines cremefarbenen Stetson streifte fast die von der Decke hängenden Farne, als er durch den Raum ging. Er trug ein Kattunhemd mit perlenartigen Schnappverschlüssen, und sein brauner Hals sah ohne Halstuch geradezu obszön nackt aus. Laurie war zu sehr in die skurrile Erscheinung vertieft, um zu bemerken, dass der Mann in ihre Richtung strebte, bis er vor ihrem Tisch stehen blieb und seinen Hut abnahm.
»Miz Macklin?«
Sie zögerte. Er hatte strohblondes Haar, blassblaue Augen und ein langes, rechteckiges Kinn, das auf die Seite rutschte, wenn er lächelte. »Ja?«
»Sehr erfreut, Sie kennen zu lernen, Ma'am. Ich bin Roy Landis – eigentlich Leroy –, aber darum brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Die Leute nennen mich im Allgemeinen Abilene.« Er öffnete den Schnappverschluss einer Hemdtasche, nahm einen quadratisch gefalteten Zettel heraus und streckte ihn ihr entgegen. »Da steht alles drin.«
Sie entfaltete das Papier und erkannte die Handschrift ihres Mannes – sauber und ordentlich, ohne Schnörkel.
Darling,
die juristische Sache erfordert mehr Aufmerksamkeit, als ich dachte. Hiermit wirst Du Abilene kennen lernen, einen alten Freund, der Dir Gesellschaft leisten wird, bis ich abkömmlich bin. Du kannst Dich in jeder Hinsicht auf ihn verlassen, wenn Du etwas brauchst.
Liebe Grüße,
Peter
Ihre Augen brannten, aber sie nahm sich die Zeit, die Notiz wieder zusammenzufalten, ihre Handtasche zu öffnen und sie hineinzustecken, und als sie wieder aufsah, waren die Tränen verschwunden. Sie lächelte höflich. »Vielen Dank, Mr. Abilene …«
»Einfach Abilene.«
»Ich fühle mich allein wohl. Ich werde einfach auf Peter warten, und Sie können sich wieder um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.«
»Entschuldigen Sie, Ma'am, aber Sie sind meine Angelegenheit. L.A. ist eine komplizierte Stadt, bis man sich daran gewöhnt. Ich bin schon zehn Jahre hier, und ich habe ein gutes Auto. Ich fahr Sie überall hin, wohin Sie wollen, und Sie müssen nicht mal mit mir reden, wenn Sie nicht wollen.«
»Sind Sie ein berufsmäßiger Begleiter?«
Sein Lächeln wurde breiter, aber nicht lüstern. »Nennen Sie mich, wie Sie wollen, aber nennen Sie mich Abilene, wenn Sie eine Antwort von mir erwarten.«
»Wie lange kennen Sie meinen Mann schon?«
»Drei, vier Jahre. Ich erledige hier Dinge für Mr. Major. Jedes Mal, wenn Peter in der Stadt ist, fahre ich ihn herum.«
»Ist Mr. Major ein Geschäftspartner von Peter?«
»Ja, Ma'am. Schon seit Detroit, bevor Mr. Major hierher kam.«
»Verkauft Mr. Major Kameras?«
»Mr. Major verkauft alles.«
»Setzen Sie sich bitte, Abilene.«
Er zog einen Stuhl heraus, setzte sich und beugte sich vor, um seinen Hut verkehrt herum auf den Fußboden zu stellen.
»Texas oder Kansas? Ich kann Ihren Akzent nicht recht identifizieren, obwohl ich jeden Western gesehen habe, der je gedreht wurde.«
»Arkansas. Winzige kleine Stadt namens Blytheville. Sie haben noch nie davon gehört. Bin fünfundzwanzig Jahre nicht dort gewesen.«
Er war älter, als sie gedacht hatte. Er hatte Fältchen in den Augenwinkeln, die fast so hell waren wie das Weiße seiner Augen. »Und wo waren Sie zwischen Blytheville
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