Wenn die Schatten dich finden: Thriller (German Edition)
dass sie dich nach Hause geschickt hat.«
»Richtig.«
»Was nicht in ihrer Befugnis liegt. Ich entscheide, wann dein Job beendet ist. Du hättest sie nicht allein lassen dürfen. Sie erzählte, dass es gestern Abend Ärger gab.«
»Hat sie dir auch erzählt, dass sie einen Kerl plattgemacht hat, der doppelt so groß und breit war wie sie?«
»Verdammt, deshalb warst du doch dort! Damit sie solchen Situationen gerade nicht ausgesetzt wird. Sie kann nicht …«
Ethan stand auf und zog einen Umschlag aus seinem Jackett. »Da muss ich dir widersprechen.« Er beugte sich vor und warf ein paar Fotos auf den Schreibtisch. »Guck dir ihre Technik an, Noah. Die Frau kann sich eindeutig selbst verteidigen.«
Noah warf nur einen flüchtigen Blick darauf, ehe er sich wieder zu Ethan wandte. »Sie hatte Glück.«
»Nein, sie ist stark. Und sie muss ein ausgezeichnetes Training gehabt haben. Wenn du mich fragst, wäre sie eine verdammt gute Agentin.«
Wütend drehte Noah ihm den Rücken zu. »Ich diskutiere nicht mit dir. Geh wieder an deine Arbeit.«
»Nein.«
Als Noah sich wieder zu ihm umwandte, sah Ethan ihm an, dass der Kampf wohl schneller als erwartet kam.
»Was?«
»Ich sagte Nein. Die Frau braucht meinen Schutz nicht.«
»Das entscheidest nicht du.«
»Noah, als ich bei LCR anheuerte, hast du mir erklärt, oberste Priorität hätte die Rettung von Opfern. Diese Frau ist kein Opfer, und gerettet werden muss sie ganz sicher nicht.«
»Ich habe die Akte zum Blackburn-Fall gelesen.«
Ethan war einen Moment verblüfft. Ach ja, die Operation, die er geleitet hatte, zwei Wochen nachdem sein bester Freund durch Ethans Verschulden getötet wurde. Die Blackburn-Sache war gut ausgegangen, auch wenn das Ergebnis nicht dem LCR -Standard entsprach. Noah war offensichtlich dabei, ihn aus einem neuen Winkel heraus zu attackieren. »Die Situation entwickelte sich ein bisschen unschön, aber der Auftrag wurde erledigt.«
»Du wärst dabei fast draufgegangen.«
»Und?«
»Und ich habe in diesem Jahr bereits einen meiner Leute beerdigen müssen. Ich will nicht zu noch einem Begräbnis gehen.«
»Wie gesagt, der Job ist erledigt.«
»Dir ist vollkommen gleichgültig, ob du stirbst, nicht wahr, Ethan?«
Da er hierauf sowieso keine Antwort hatte, blieb Ethan stumm. Er tat, was er tun musste. Und sollte er sich dabei eines Tages eine Kugel einfangen, dann war es eben so.
Noah starrte wütend den einen Mann an, mit dem er mehr gemeinsam haben dürfte als mit irgendjemandem sonst. Ethan Bishop hatte die Hölle auf Erden durchgemacht. Ihre Erfahrungen im Gefängnis machten sie zu so etwas wie Leidensbrüdern. Sie beide hatten unvorstellbare Brutalität überlebt.
Wie Noah war auch Ethan voller Schuldgefühl und Selbstverachtung. In mancher Hinsicht machte ihn das zu einem der Besten bei LCR . Die meisten Leute muss ten Ethan Bishop nur sehen, und schon stimmten sie ihm in allem und jedem zu. Sehr wenige schafften es, dem kalten, harten Blick standzuhalten. Doch Ethans Schuld hatte auch etwas Negatives, Selbstzerstörerisches. Er hatte eine ausgeprägte Todessehnsucht. Nicht dass er es jemals zugäbe, denn für jemanden wie Ethan Bishop war sich Schwäche einzugestehen gleichbedeutend mit Aufgeben. Und das täte Bishop nie.
Noah hatte beabsichtigt, Ethan Zeit zum Nachdenken zu geben, indem er ihn mit Samaras Schutz beauftragte. Er hätte wissen müssen, dass die fehlende Action für ihn nur schwer zu ertragen war. Nicht mindestens einmal wöchentlich sein Leben aufs Spiel zu setzen war für Ethan wohl so viel wie ein schleichender Tod.
Was allerdings nicht hieß, dass Ethan keine Standpauke verdiente. Das Letzte, was LCR brauchte, war ein unkont rollierbarer Agent. Zu viele Leben hingen von Noahs Leuten ab.
»Wenn du dich umbringen lassen willst, mach das in deiner Freizeit, nicht im Dienst.«
Bishop hob gleichgültig eine breite Schulter. »Ich sagte doch, der Auftrag wurde erledigt.«
»Du hast beinahe die ganze Operation torpediert. Nicht nur wärst du selbst fast umgekommen, du hast auch noch drei Männer getötet, von denen wir Informationen über Blackburn bekommen könnten.«
»Die hätten nicht geredet.«
»Du bist nicht befugt, das zu entscheiden. Dein Job ist es, Leben zu retten. Es ist ein zusätzlicher Vorteil, wenn du so viele Leute wie möglich festnimmst und Informationen von ihnen bekommst. Aber Töten ist und bleibt das allerletzte Mittel.«
»Die mussten umgelegt werden. Was regst du dich so
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