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Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Titel: Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita R. Naumann
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haben.
    „Lieber Mati, bitte lass mich wieder schlafen“, bat ich ihn. „Ich muss doch schon bald mit David wieder aufstehen. Bitte, ich bin so müde ...“
    Da er nichts entgegnete, stand ich auf und ging langsam wieder in Richtung Schlafzimmer. Das hätte ich nicht tun sollen. Plötzlich stürzte er hinter mir her, griff nach meiner Unterhose und zog mich am Bund so gewaltsam zu sich, dass ich vor Schmerz aufschrie. Später zeigte sich, dass ich eine zehn Zentimeter tiefe Wunde im Schritt davongetragen hatte. Mati stand mir im Flur gegenüber und schnaubte wie ein wildes Tier. In der Hand hielt er meine zerrissene Unterhose. Ich war nackt und versuchte, so gut es ging, meine Scham zu bedecken. Ich flehte um einen Bademantel, und schließlich warf er mir einen zu. In diesem Moment hörte ich, dass David wach geworden war, und bat Mati, in der Küche seinen Brei anrühren zu dürfen.
    Er folgte mir wie ein Schatten. Als ich mich an den Herd stellte, war ich stocksteif, weil ich nicht wusste, was als Nächstes kommen würde. Plötzlich packte er mit der linken Hand meine Haare im Nacken und schlug meinen Kopf mit voller Kraft gegen den Küchenschrank. Ich wurde von Todesangst ergriffen, versuchte ihn abzuschütteln und gleichzeitig zu fühlen, ob ich eine Platzwunde hatte. Ich glaube, dass Mati für einen Moment selbst Angst hatte, weil er mich rasch von hinten umarmte und hin und her wiegte. Doch sobald er bemerkte, dass ich nicht blutete, stieß er mich von sich.
    Dieser Vorfall zeigte mir einmal mehr, wie krank ihn die Drogen und anabolen Steroide bereits gemacht hatten.
    Der nette Kerl, mit dem ich hinter dem Haus heimlich geraucht hatte, der mir höflich einen Stuhl angeboten und mich mit Tränen in den Augen um Verzeihung gebeten hatte, den gab es nicht mehr. An seiner Stelle war ein unberechenbares Monster zum Vorschein gekommen, das es genoss, diejenige zu quälen, die ihm am nächsten stand.

    Siebtes Kapitel

    Meine fromme Mutter sagte immer, dass nach jedem Regen wieder die Sonne scheint. Ich näherte mich meinem einundzwanzigsten Geburtstag und schlich auf Zehenspitzen durch die Wohnung, um Mati nicht zu reizen, der vollkommen bösartig und unberechenbar war. Da ich wusste, wie meine Geburtstage mit ihm zu verlaufen pflegten, war ich äußerst unruhig. Meine Mutter hatte mich überredet, einen Job in der Schulbibliothek anzunehmen, die von ihrer Kirche betrieben wurde. Außerdem hatte sie Mati davon überzeugen können, dass es für David gut sei, wenn er in die Kita ging, während ich arbeitete. Er erklärte sich damit einverstanden, dass ich halbtags arbeitete, weil ich so noch genug Zeit hätte, meinen häuslichen Pflichten nachzukommen. Meine Mutter nickte lächelnd, als stimme sie ihm zu. Gabriel hatte ihn seit einiger Zeit diskret bearbeitet und immer wieder betont, wie gut es mir täte, ein bisschen von zu Hause wegzukommen, und dass ich ihm eine viel bessere Frau sein würde, wenn ich tagsüber den Bus zur Schule nehmen dürfte. Meine Eltern hatten ihren Rettungsplan in Gang gesetzt, ihr eigene Mission impossible . Sie hatten sich entschlossen, mir mit allen Mitteln die Augen dafür zu öffnen, dass Hilfe möglich war.
    An meinem ersten Arbeitstag hatte ich kaum die Schulbibliothek betreten, als sie mich auch schon auf einen Stuhl setzten und mir einen Telefonhörer in die Hand drückten. Mama und Gabriel hatten sich seit längerer Zeit bei verschiedenen Frauenberatungsstellen erkundigt, was man für mich tun könne. Und nun konnte ich sogar persönlich mit Frauen sprechen, die verstanden, in welcher Situation ich mich befand, und die mir helfen wollten. Es zeigte sich, dass all meine Freunde über die Rettungsaktion Bescheid wussten - nur ich hatte keine Ahnung davon gehabt. Von nun an bombardierten mich Melanie, ihre Tanten mit täglichen Telefonanrufen.
    Da wir über einen eigenen Code verfügten, wussten sie genau, wann es an der Zeit war, sich ins Auto zu werfen und zu mir zu fahren.
    Am 30. August sagte ich zu Mati, dass ich Mama und Gabriel gern einen Besuch abstatten würde. Da Mati nichts dagegen hatte, nahm ich David und machte mich auf den Weg. Beide standen bereits im Flur und warteten auf mich. Sobald ich zur Tür hereingekommen war, nahmen sie mich in den Arm. Dort standen wir also zwischen all den Schuhen und Jacken, während ich so liebevoll gedrückt wurde, dass mir fast die Tränen kamen. Keiner von uns sprach ein Wort, doch strömten so viel Wärme und Zärtlichkeit durch mich

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