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Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Titel: Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita R. Naumann
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gerade auf dem Bett eingeschlafen, als ich vom Telefonsignal aufgeschreckt wurde.
    „Ja, hallo ...“, murmelte ich. Eine Stimme fragte: „Mit wem spreche ich?“
    „Luisa. Ilka bist du es?“
    „Ja, ich bin’ s. Und ich habe sehr erfreuliche Nachrichten für dich.“
    „Was denn?“, fragte ich schlaftrunken und wenig hoffnungsvoll.
    „Dein Antrag auf Schadensersatz ist bewilligt worden. Doch nicht nur das. Der Fonds für Opfer von Gewaltverbrechen schätzt deine Misshandlungen als so schwerwiegend ein, dass sie die Entschädigungssumme fast verdoppelt haben. Weißt du, was das heißt? Du wirst fast hunderttausend auf dem Konto haben!“
    Ich verstand kein Wort. Lange Zeit war ich vollkommen still. Dann schrie ich all mein Glück hinaus und machte einen Luftsprung. Am liebsten wäre ich Ilka um den Hals gefallen.
    „Ich danke dir, du Liebe! Ich danke dir tausend Mal für all deine Hilfe! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich bin überwältigt! Jetzt kann ich Mama meine Schulden zurückzahlen. Das ist wie ein Traum, der in Erfüllung geht. Der liebe Gott scheint es doch gut mit mir zu meinen. Oh, ich bin so dankbar!“
    Es kam mir so vor, als wäre der Weihnachtsmann frühzeitig zu mir gekommen. Was sollte ich mit dem Geld anfangen? Doch es gab zahlreiche Löcher zu stopfen. Zunächst bezahlte ich das Darlehen meiner Eltern zurück. Dann kauften wir uns einen kleinen Fernseher, schöne Möbel und ein paar Weihnachtsgeschenke. Den Rest sparte ich für David, als kleine Sicherheit für ihn, falls mir etwas zustoßen sollte.
    Doch leistete ich mir auch selbst einen richtigen Luxusartikel. Eine trendige Bluse und passende Jeans dazu. Noch heute, zehn Jahre später, hängen die Sachen in meinem Schrank, abgetragen und ausgebleicht. Doch sie geben mir immer noch zu verstehen, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass es mich heute noch gibt.
    Als wir am Morgen des 24. Dezember erwachten, war draußen alles von einer dicken Schneedecke überzogen. Die Sonne schien und ließ die schneebedeckten Bäume ein wenig wie Eisprinzessinnen aussehen, die im Tanz ihre Arme gen Himmel reckten. Durch die Tür hörte ich das Klappern von Geschirr und eine fröhliche Stimme, die ein bekanntes Weihnachtslied mit summte. Es war Weihnachten!
    Wir ließen uns ein herrliches Familienfrühstück schmecken. Angelika und David trieben ihre Scherze miteinander, und auch Rainer und Andreas waren bester Laune.
    Da sagte plötzlich Angelika mit mütterlicher Stimme: „Weißt du was, David. Ich glaube, der Weihnachtsmann ist heute Nacht hier gewesen und hat ein Geschenk für dich dagelassen. Im Wohnzimmer liegt jedenfalls ein Paket, auf dem dein Name steht.“ Angelika drehte sich zu mir um und fügte lachend hinzu:
    „Der Weihnachtsmann war sogar so nett, dass er den Katzen ein bisschen Sahne dagelassen hat.“
    David schaute sie mit großen Augen an, während Angelika ins Wohnzimmer ging, um das Geschenk zu holen, das der Weihnachtsmann in der Nacht gebracht hatte. Es war ein längliches, in goldenes Papier eingeschlagenes Paket, um das sich ein seidenes Band mit einer Rosette spannte. An einer Schnur baumelte ein Kärtchen, auf dem Davids Name stand. Er starrte das Paket einige Sekunden lang an, dann packte er es mit seinen Patschhändchen und riss das Papier auf.
    „Skier! Mama ... Skiiiiiier!“ Er lachte und lachte. Zehn Minuten später stand der kleine Knirps in voller Montur im Eingangsbereich. Er trug seine Winterausstattung, bestehend aus Mütze, Handschuhen und einer Skihose. Ich wusste aus Erfahrung, dass er an diesem Tag unzählige Male auf seinem kleinen Po landen würde.
    Die Weihnachtstage vergingen wie im Flug. Rainer, Angelikas ältester Sohn, fragte mich, ob ich ihn auf eine Silvesterparty begleiten wolle. Angelika könne auf David aufpassen, und ich hätte mal wieder die Gelegenheit, mit Leuten meines Alters zusammen zu sein und ein bisschen zu feiern. Ich sagte Ja und freute mich sehr darauf, mich schick zu machen und neue, interessante Leute kennenzulernen. Rainer erzählte, dass feine Garderobe angesagt sei, die Männer im Anzug, die Frauen im Abendkleid. Ich war immer noch sehr schmal. Falls ich durch das Weihnachtsessen ein paar Kilo zugenommen hatte, sah man es mir jedenfalls nicht an.
    Wenige Tage vor Silvester nahm ich die Straßenbahn ins Zentrum. Doch ich fand nichts, was mir gefallen und gepasst hätte. Also beschloss ich, in einem Männeranzug zum Fest zu gehen. Ich wollte mir einen Anzug, ein

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