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Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition)

Titel: Wenn die Seele nicht mehr leiden kann - Gewalt in der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita R. Naumann
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Auto.
    Wir kamen rechtzeitig vor Prozessbeginn in der Polizeidienststelle in Garching an. Ich nutzte die Zeit, um ein Telefongespräch mit meinem Anwalt zu führen.
    Er versicherte mir, dass ich mir keine Sorgen zu machen bräuchte und die Rechtslage, auch in Anbetracht von Matis Vorstrafen, eindeutig sei. Er rechnete mit einer lebenslangen Haftstrafe für Mati. Damit war auch die Sorgerechtsfrage für David geklärt, denn es war nicht anzunehmen, dass Mati nach fünfzehn Jahren freikam.
    Ich konnte kaum glauben, was ich am nächsten Tag erfuhr. Mati war zu zehn Jahren verurteilt worden, und wenn er Glück hatte, kam er nach der Hälfte der Zeit wieder raus. Man hatte Mati nur wenige Straftaten nachweisen können, die anderen Straftaten hatten alle seine Kumpel begangen. Die meisten von der Gruppe bekamen lebenslange Haftstrafen.
    Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Johannes mich fragte, ob ich eine Tasse Kaffee wolle.
    „Ja, gern.“
    „Bin gleich zurück“, sagte er.
    Ich saß in Johannes Büro, dass so unpersönlich war, wie das bei öffentlichen Behörden meistens der Fall ist. In einem Regal befanden sich Bücher und Unterlagen, und auf dem ordentlichen Schreibtisch vor dem großen Fenster aus Panzerglas türmten sich ein paar Akten neben dem Telefon. Ich saß auf dem Drehstuhl und wartete darauf, dass Johannes mit dem Kaffee zurückkam.
    Im nächsten Moment war er wieder da und drückte mir einen großen Becher in die Hand.
    „Danke, Johannes“, sagte ich und nahm einen vorsichtigen Schluck der dampfenden Flüssigkeit. Während wir auf den Anruf des Anwalts warteten, der noch einige Dinge zu sagen hatte, plauderten wir ein bisschen, um die Anspannung zu lockern.
    Johannes erzählte mir, wie sie auf dem Polizeipräsidium sämtliches Pfefferspray entsorgt hatten, nachdem dessen Anwendung im Dienst verboten worden war: „Da standen sie also hier unten auf dem Hof und leerten ihre Dosen aus. Nur leider dachten sie nicht daran, dass sie Gegenwind hatten, hahaha! Du hättest sehen sollen, was nachher hier los war. Übrigens hab ich wohl noch eine Dose in meinem Schreibtisch. Wart mal, Luisa ...“ Johannes kramte in einer der Schubladen. „Ja, hier ist sie. Ich weiß allerdings nicht, ob nach was drin ist. Mal sehen ..“ Er nahm die Kappe ab und drückte ein wenig. „Ach, verdammt! Mach die Augen zu und halt die Luft an, Luisa! War wohl noch was drin.“
    Wir liefen beide auf den Flur hinaus. Ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Es gibt wohl niemanden, der so unterhaltsam ist wie Johannes. Und der wusste genau, was er tun musste, um die Stimmung ein bisschen aufzuheitern. Wir warteten im Korridor, bis wir wieder gefahrlos in Johannes Büro zurückgehen konnten. Doch in diesem Moment klingelte das Telefon. Es war der Anwalt. Matis Anwalt wollte in Berufung gehen. Sie hatten das Urteil nicht angenommen!

    Siebzehntes Kapitel

    Dann kam der Februar. Ich versuchte, so viele Zeitungen zu lesen wie möglich. Ich suchte eine Nebenbeschäftigung von zu Hause aus. Mit Mona hatte ich schon seit einiger Zeit nicht mehr gesprochen, und das Gefühl der Bedrohung verblasste ein wenig.
    Eines Abends wurde mir klar, dass ich bereits mehrmals zum Fenster gegangen war, ohne vorher das Licht auf dem Fensterbrett gelöscht zu haben. Bisher hatte ich immer eine panische Angst gehabt, jemand könnte mich von der Straße aus erkennen.
    Ich spielte mit dem Gedanken, meine Eltern anzurufen und sie zu fragen, ob sie uns an Davids zweitem Geburtstag nicht besuchen wollten. Obwohl ich mich danach sehnte, wieder ganz normalen Kontakt zu meinen Eltern aufzunehmen, war mir durchaus bewusst, dass es möglicherweise jemand gab, der nur darauf wartete, dass ich leichtsinnig wurde. Ich sollte in trügerischer Sicherheit gewiegt werden und mir einreden, dass die Zeit alle Wunden heile. Sobald ich ein wenig Mut fasste, würde er zuschlagen. Mein größter Wunsch war es natürlich, dass Mati im Gefängnis irgendwie zur Besinnung käme und endlich einsah, wie unerträglich meine Situation geworden, und wie berechtigt meine Flucht gewesen war. Ich hoffte, dass er auch verstand, wie sehr ihn die Drogen, die er in sich hineinstopfte, kaputtgemacht hatten. Sie hatten unter anderem dafür gesorgt, dass er seine Gewalttätigkeit überhaupt nicht mehr kontrollieren konnte. War es überhaupt möglich, dass er plötzlich ein Einsehen hatte und uns in Frieden ließ? Vielleicht hatte ihn ein anderer Ganove im Gefängnis dazu bewegt, sich

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