Wenn Die Seele Verletzt Ist
im Mißverhältnis stehen. Das Traumaopfer wird häufig verurteilt und bestraft. So geraten die Betroffenen in einen Teufelskreis, aus dem sie ohnefremde Hilfe nur schwer herausfinden: Sie wissen, daß sie heftig reagieren, können aber nichts dagegen tun und verurteilen sich dafür. Hilflos erleben sie immer wieder, daß sie von ihren Mitmenschen wegen ihrer „unbeherrschten Reaktionen“ abgelehnt werden, und dafür verurteilen sie sich noch mehr. Da sie nicht wissen, daß sie sich in einer Triggersituation befinden, glauben sie, daß mit ihnen etwas nicht stimmt, daß sie einen „Persönlichkeitsdefekt“ oder eine „Persönlichkeitsstörung“ haben. Diese Diagnose, oft genug von Therapeuten und Psychiatern gestellt, treibt die Betroffenen noch tiefer in die Verzweiflung.
Erschwerend kommt hinzu, daß Menschen, die in ihrer Kindheit traumatisiert wurden, die schlimmen Ereignisse vollkommen verdrängt haben oder psychische und körperliche Mißhandlungen für so normal halten, daß sie ihre Verhaltensmuster damit nicht in Verbindung bringen. Sie erhalten also keinen Hinweis aus ihrer Biographie, der solche Verhaltensweisen rechtfertigte. So stehen die Betroffenen unter einem enormen Druck, den sie je nach Temperament und Schwere der Traumatisierung unterschiedlich zu bewältigen suchen.
Es ist eigentlich ganz einfach, eine Triggersituation zu erkennen: Überprüfen Sie, ob es Situationen gibt, in denen Ihnen buchstäblich die Sicherung durchbrennt, ohne daß sie sich dies erklären können. Wut gegenüber einer Frechheit kann man kaum als Trigger bezeichnen. Doch wenn Sie bei Tannennadelduft plötzlich Brechreiz und Fluchtimpulse spüren, steht ihre Reaktion in keinem direkten Zusammenhang mit dem realen Kontext. Trigger erkennt man daran, daß man irrational und der gegenwärtigen Situation gegenüber nicht angemessen reagiert. Reaktionen auf Trigger können sein:
• heftige Wut;
•abgrundtiefe Verzweiflung;
•Fluchtgedanken;
•abdriften, sich wie im Nebel oder unter einer Käseglocke fühlen;
•erstarren;
•körperliche Symptome wie plötzliche Kopfschmerzen, Brechreiz, Atemnot;
•Panikattacken, Angstzustände.
Die Erkenntnis, daß man sich in einer Triggersituation befindet, ist bereits der erste Schritt zu einer Veränderung. Mit Hilfe eines in Traumatherapie ausgebildeten Therapeuten kann es den Betroffenen gelingen, die Zuordnungen zu den ursächlichen Situationen herzustellen. Diese Zuordnung reicht meist schon aus, um den Trigger zu entschärfen und andere Verhaltensmuster zu ermöglichen.
„Trojanische Pferde“ – Virusprogramme in der Seele
Jedes Kind wird einer Mutter und einem Vater geboren. Das ursprüngliche, natürliche Bedürfnis des Kindes ist es, eine tiefe, vertrauensvolle Beziehung zu beiden Elternteilen aufzunehmen. Es möchte sich binden. Nicht alle Mütter und Väter sind, wie wir inzwischen wissen, zu solch einer vertrauensvollen, sicheren Beziehung bereit, entweder weil sie es nicht wollen oder, wie es häufiger ist, weil sie es nicht können. Mütter und Väter, die ihre Kinder vernachlässigen und/oder mißhandeln, sind dennoch die einzigen Bezugspersonen, die das Kind hat. Das Kind befindet sich in einem ernsten Dilemma, einem für es unlösbaren Konflikt. Die Menschen, denen es vertrauen will, behandeln es schlecht. Wenn es ihnen nicht vertrauen kann, verliert es seine Bezugspersonen. Es ist von seinem Alter her noch lange nicht in der Lage, ohne seine Eltern zu leben. Also trifft es eine schwerwiegende Entscheidung: Es entscheidet, nur die guten Seiten von Mutter oder Vater wahrzunehmen. Die Verantwortung der Eltern wird geleugnet, ja meistens werden sie sogar idealisiert. Das Kind glaubt, für die schlechte Behandlung verantwortlich zu sein, und akzeptiert die Folgen für seinen Selbstwert. Ohnmacht, Wertlosigkeit, Schuld und Scham sind die Gefühle, die von nun an sein inneres Bild bestimmen. Das Lehrbuch führt dazu aus: „Störungen des Selbstgefühls mit Gefühlen absoluten Unwertes, einhergehend mit ständigen Selbstzweifeln, verwirrenden Entwertungszyklen in Beziehungen sowie oft trostlosen Körpergefühlen des Häßlichseins und der Verunstaltung, sind typische Phänomene im Selbsterleben Traumatisierter “(Joraschky in Egle, S. 140). In der Fachsprache wird die Identifikation mit den Abwertungen und Mißhandlungen der Täter als „Täterintrojekt“ bezeichnet.Dieses Täterintrojekt wirkt wie ein Virusprogramm auf einem Rechner: Es
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