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Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Titel: Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Winter
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Charles Chandler insgeheim am liebsten, doch das behielt er
lieber für sich.
    „Somit habt Ihr endlich
erreicht, was Ihr schon immer wolltet!“ Nichts an Lillians Äußerem
verriet, wie furchtbar sie die Worte Ihres Gatten getroffen hatten.
Nur die jahrelange Übung im Verdrängen von Gefühlen, half ihr in
diesem Moment, nicht in Tränen auszubrechen, sondern stillzuhalten,
um ihrem Gatten so viel Informationen wie möglich zu entlocken.
Weinen konnte sie später immer noch.
    „Das Einzige wofür ich
gesorgt habe ist, dass dieser Teufel endlich seine eigene Hölle
bekommt!“ Charles Chandler fiel es immer schwerer seine innere
Genugtuung zu verbergen.
    Lillian wusste, sie würde
ihren Gatten um nichts in der Welt mehr umstimmen können. Bis zu
Edans Großjährigkeit in fünf Jahren, konnte Charles Chandler nach
Belieben über Edans Ausbildung und Zukunft entscheiden. Wenn er
seinen Sohn als einfachen Matrosen zu den Royal Marines gab, dann war
daran nicht zu rütteln. Das Schlimmste aber war, dass es für Edan
von dort absolut keinen Weg mehr zurück gab!
    Die königlichen Armeen
litten derart unter Rekrutenmangel, dass sie niemanden, nicht einmal
Kranke, freiwillig aus dem Militärdienst scheiden ließen. Wer den
Schilling des Königs genommen hatte, der saß in der Falle und
musste seinen Vertrag bis zum bitteren Ende erfüllen, es sei denn,
er starb vorher. Der Rekrutenmangel auf Flotten- und Kriegsschiffen
war so eklatant, dass die Armee regelmäßig sogenannte
Presskommandos in Hafenviertel,
Seemannskneipen und Bordelle schickte, um jedem einigermaßen
wehrhaften Mann habhaft zu werden. Sie machten vor allem junge Männer
betrunken, schlugen sie dann in dunklen Gassen nieder, verschleppten
sie an Bord und hielten sie solange unter Deck gefangen, bis die
Schiffe auf hoher See waren und keine Fluchtmöglichkeit mehr
bestand. Im Volksmund nannte man diese Art des
Rekrutenwerbens „Shanghaien“. Es war illegal, wurde aber von den
Obrigkeiten stillschweigend geduldet, weil sonst kein Schiff genügend
Seeleute finden würde. In allen Häfen der Welt war diese Praxis
gang und gäbe.
    Bei dem Gedanken an das,
was Edan bei den Royal Marines erwarten würde, erstarrte Lillians
Innerstes zu Eis. Für die einfachen Matrosen waren die Zustände
dort nahezu unmenschlich. Die Sterblichkeitsrate unter einfachen
Gefreiten war dreimal höher, als in der zivilen Bevölkerung – und
das in Friedenszeiten! Während die Offiziere, allesamt
Adelssprösslinge, ein standesgemäßes Leben bei der Marine führten,
luxuriöse Unterkünfte, gutes Essen an Land und auf den Schiffen
genossen, hausten die einfachen Marines in Kasernen, die feucht, kalt
und völlig überbelegt waren. Auf den Schiffen wurde es unter Deck
noch enger: Auf drei Mann kam nur eine Hängematte. Das Essen war
miserabel, die hygienischen Zustände schwächten die ohnehin
unterernährten Rekruten zusätzlich und der Drill war unbarmherzig.
Sexuelle Übergriffe waren in dieser rauen Männerwelt an der
Tagesordnung.
    Die jungen Männer, oft
noch Kinder, wurden von Unteroffizieren so lange tyrannisiert und
erbarmungslos gedrillt, bis sie zusammenbrachen. Dieses Brechen,
Zähmen und Einschüchtern war nach Ansicht der Offiziere notwendig,
um die zahlenmäßig überlegenen einfachen Matrosen auf Schiffen in
Schach halten zu können. Geringste Vergehen wurden mit
Strafexerzieren in voller Ausrüstung geahndet – so lange und so
oft, bis die Opfer vor Erschöpfung zusammenbrachen. Deserteure und
Befehlsverweigerer wurden ausgepeitscht, eingesperrt oder getötet.
Von den psychischen Schikanen ganz zu schweigen. Für einen Rebellen
wie Edan war es nahezu unmöglich diese Zeit unbeschadet zu
überstehen. Charles Chandler hatte seinem Sohn das genommen, was
diesem am Wichtigsten war: seine Freiheit und seinen freien Willen.
Lillian konnte sich kaum vorstellen, wie Edan die nächsten fünf
Jahre lebend überstehen sollte. Sie konnte nur inständig hoffen,
dass Gott und alle seine Schutzengel Edan beistehen würden. Dafür
würde sie jeden Tag auf ihren Knien beten!

    In der Tat waren die
letzten Monate mit Edan nicht einfach gewesen, musste sich auch
Lillian eingestehen. Edan war weit über jedes Ziel hinausgeschossen
– dennoch, gerade in den vergangenen Wochen hatte es erste zarte
Anzeichen dafür gegeben, dass Edan sich vielleicht wieder fangen
würde. Er trieb sich zwar immer noch nächtelang in den übelsten
Spelunken herum, blieb tagelang weg, ohne dass jemand

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