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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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sicher ein Abschleppseil. “
    „Was glaubst du denn, was wir heute Nachmittag getan haben?“
    „ Keine Ahnung. Schliesslich habe ich geschlafen.“ Im Wissen, dass er genau darauf anspielte, dass sie friedlich geschlafen hatte, während er sich um alles weitere gekümmert hatte, zog sie besserwisserisch die Augenbrauen hoch. „ Was ist mit Ovalium passiert?“
    „ Der ist zu Hause in seiner Tiefgarage. Er hat sich ziemlich tief in den Schnee gegraben, den Zusammenstoss mit der Natur hat er aber bis auf ein paar wenige Kratzer gut überstanden .“
    Ob ihrer Erleichterung vergass Leonie, dass sie eigentlich hatte wissen wollen, welche Laus Sebastian über die Leber gelaufen war. Stattdessen murmelte sie einen leisen Dank und da sie keine Antwort erhielt, verfiel sie ebenfalls in Schweigen und liess sich in den Sitz zurücksinken.
     
    Während Sebastians Jeep über den schneebedeckten Weg holperte , kehrte Heinz in sein Wohnzimmer zurück. Er trat an dieselbe Stelle, an der zuvor sein Sohn gestanden hatte. Träge streckte er den Arm aus und griff nach dem Bild mit dem kleinen , glücklichen Jungen auf seinem brandneuen Traktor. Das damalige Strahlen hatte nichts mit dem Ausdruck von gerade eben gemeinsam. Von einem Augenblick auf den andern hatte sich Sebastians Miene versteinert und alle Wärme war aus seinen Augen gewichen , was in Heinz eine Ahnung heraufbeschworen hatte, die nun bleischwer auf seiner Seele lastete. Und was noch schlimmer war, er befürchtete, dass sich diese Schwere nicht noch einmal so einfach abschütteln liess. Der Tag der Wahrheit rückte unausweichlich näher. Auf einmal fühlte er sich unendlich müde. Schwach stützte sich Heinz mit einer Hand an der Scheibe ab, in der anderen hielt er noch immer das Foto , in dessen Betrachtung er sich mit traurig gesenk te m Kopf vertiefte.
     
     

1986
     
    Der Lichtkegel der Taschenlampe erklomm in regelmässigem Rhythmus die Steigung, immer den unberührten Schnee vor sich beleuchtend und das durch die Schneeschuhe zerstörte Weiss hinter sich im Dunkeln lassend. Weisse Dampfwölkchen tanzten durch die eisig kalte Luft, in steter Regelmässigkeit mit den Atemzügen des Wanderers. Neben ihm ragten unbeugsam die Tannen in den Nachthimmel, während über ihm di e Gondelkabinen in der rauen Bi se schaukelten. Neben einem der Masten beendete der Wanderer seinen Aufstieg. Er entledigte sich der Schneeschuhe und machte sich daran, die Leiter vor ihm zu erklimmen, bis er in schwindelerregender Höhe die kleine Plattform erreicht hatte. Geschmeidig wie eine Katze streifte er mit sicheren Bewegungen den Rucksack ab, öffnete den Reissverschluss und förderte sein Werkzeug zutage. Dann machte er sich daran, das massive Stahlseil zu bearbeiten.
     
    Hans redete weiter auf ihn ein, nur hatte er diesmal zur Verdeutlichung seiner Worte ein Tablett zu Hilfe genommen, mit dem er auf Ambros’ Kopf ei ndrosch. In den Kopf einhämmern wollte Hans es , damit Ambros es ja niemals wieder vergass. So hatte er zumindest gesagt. Schlimm war nur, Ambros konnte die Schläge nicht spüren, nur das dumpfe Hämmern des zunehmenden Kopfschmerzes.
    Als sich dann auch noch Rufe unter die Schl äge mischten, laute, helle Töne - eine Frau vielleicht? - meinte Ambros , der Schädel würde ihm explodieren. Natürlich trugen da auch das Scheppern und das anschliessende Klirren nicht zur Besserung bei. Aber immerhin veränderte sich nun die Umgebung. Im ersten Moment schien das Licht viel zu grell, mit mehrmaligem festem Blinzeln liess sich das aber beheben. Nach und nach nahmen dann auch die verschwommenen Umrisse Ge stalt an und offenbarten einen s onne n durchfluteten Raum.
    Hans, der eben noch auf ihn eingedroschen hatte, war verschwunden und auch die anderen Menschen waren nicht mehr da. Deren Platz hatte n ein Tisch, ein Stuhl und eine umgekippte Stehlampe eingenommen, die, wie auch immer , auf Ambros’ Kopf gelandet war . Er selbst la g auf einer Couch, die vor einem vermutlich wesentlich gemütlicheren Bett stand.
    Vor Unbehagen stöhnend erhob sich Ambros, die Hand am Kopf, die Augen nur halb geöffnet. Das einzige, das sich nicht verändert hatte, war das Klopfen , nur pochte es nun nicht mehr nur in seinem Schädel. Irgendwie fand die Information , woher das zweite Klopfen kam, einen arbeitenden Teil in Ambros’ Gehirn, was dazu führte, dass er träge die Beine über die Kante des Sofas schob und die Füsse auf den Boden setzte. Dann liess er den Blick, so gut es durch

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