Wenn die Wahrheit nicht ruht
in dem Käse herum, immer darauf bedacht, dem anderen das Brot von der Gabel zu stechen oder die Knoblauchzehe n herauszufischen . Als glorreicher Sieger ging Heinz aus dem Kampf hervor, weshalb Leonie und Sebastian sich um den Abwasch kümmern mussten, was dank der Geschirrspülmaschine schnell erledigt war. Und als hätten sie sich abgesprochen, nahmen anschliessend alle im Wohnzimmer P latz, um endlich zu klären, weshalb Leonie u r sprünglich gekommen war. Doch das Gespräch schien keine neuen Erkenntnisse zu bringen .
„ Nachdem mich Sebastian über deine Geschichte unterrichtet hat te , habe ich in meiner Erinnerung herumgewühlt . Um mein em Gedächtnis etwas auf die Sprünge zu helfen, habe ich auch noch meine alten Unterlagen hervorgekramt . Viel kam dabei aber leider nicht heraus . “
„Du musst wissen, Paps hat im Keller eine ansehnliche Sammlung alter Papiere, Fotos, Zeitungsartikel und so weiter. Er hält nichts davon , Dinge zu entsorgen “ , w andte sich Sebastian augenzwinkernd an Leonie.
Heinz ignorierte den Kommentar und fuhr fort. „ Tatsächlich hatte ich damals gerade Dienst, aber da mein Skilift erst hinter einem weiteren Hügel lag, habe ich nichts gesehen. Ich habe erst von dem Vorfall erfahren, als ich von o ben angefunkt wurde. Beinahe gleichzeitig war auch ein aufgebrachter Skifahrer hilfesuchend an mich herangetreten.“
„Ach, tatsächlich?“ Erwartungsvoll beugte sich Leonie ein Stück vor.
„Ja. Genauso hat die Polizei auch reagiert. Mach dir aber keine Hoffnungen. Der Mann fragte nur nach einem Pflaster, weil er sich an der Kante des Skibillets geschnitten hatte und sein Ärger rührte daher, dass er seine Skijacke vollgeblutet hatte. Er ist zudem den ganzen Tag mit seiner Frau unterwegs gewesen , welche glaubwürdig versicherte, sie wären erst zu der Unfallstelle dazugestossen, als es schon passiert war. Ausserdem stellte sie klar, ihren Mann nie aus den Augen verloren zu haben und immer mit ihm zusammen gefahren zu sein. Man konnte ihm nichts Gegenteiliges nachweisen.“
„Gut für die Frau, schade fü r mich.“
„Abgesehen davon stiess ich noch auf die Beschreibung des Skianzuges des Unbekannten , die die Polizei anhand der Aussage deiner Mutter“, er nickte Leonie zu, “herausgegeben hat te . Die Beschreibung stimmte nicht mit dem überein, was der Schnittwunden-Mann trug. Mehr konnte man dann auch nicht herausfinden, weil eben diese Art von Skianzug, die der Täter getragen hat, damals top modern war.“
„Wie sah er denn aus?“
„Nun, es soll ein hell grauer Einteiler gewesen sein, mit blauen , dreieckigen Einsätzen links und rechts auf Beckenhöhe. Erstaunlich, d ass deine Mutter sich so genau erinnern konnte . “
Leonie zog spöttisch eine Augenbraue nach oben. „Tja, sie hat nicht viel e Talente, aber bei allem was mi t Mode und Aussehen zu tun hat , ist sie unschlagbar , egal in welcher Situation . Was er sonst noch angehabt hatte, wurde nicht erwähnt? Wäre zwar auch egal, das könnte ich meine Mutter bei Gelegenheit fragen. “
„Ich glaube, das wird nicht nötig sein. Der Rest war genauso alltäglich. Schwarze Handschuhe, schwarze Mütze, grosse Skibrille.“
Sebastian, der sich nicht erklären konnte, weshalb ihm der Skianzug auf einmal so klar vor Augen stand, schob das Bild ungeduldig beiseite. „Paps , mussten eigentlich nicht alle Fahrer an dir vorbei? Unterhalb deines Skilifts war ja nichts mehr präpariert.“
„Theoretisch schon. Doch bedenke, der Typ hatte einen Mann umfahren können, ohne selbst zu stürzen. Entweder hatte er grosses Glück gehabt oder er war ein begnadeter Skifahrer gewesen. Wenn letzteres zutrifft, ist er wahrscheinlich querfeld ein abgehauen.“
„Das würde heissen, ihm war das Skigebiet bekannt. Er wusste, wo er mit Zeugen zu rechnen hatte und er wusste, wie er sich unbeschadet abseits der Pisten aus dem Staub machen konnte.“
„Wie war es denn mit Spuren im Schnee? Abseits fahren doch nicht derart viele, derart weit, dass man keine Spuren mehr findet?“ Leonies Einwand war berechtigt, aber Heinz nahm ihr mit einem einfachen Kopfschütteln die ganze Hoffnung.
„Leider gibt es mehr von diesen Idioten als nötig. Es stimmt, einigen Spuren ging man nach, jedoch ergebnislos. Denn früher oder später verliefen sie sich zwischen den Bäumen, verschwanden unter kleineren Schneebrettern oder die immer wieder einsetzenden Schneefälle in den darauffolgenden Nächten verwisch t en sie. “
„Na gut.
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