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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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Jahre alt (vermutete Tim, da sie zusammen an der Uni gewesen waren), mittelgroß, mittlere Statur (merklich abgemagert seit Sandras Verschwinden, wie Tim hinzugefügt hatte), dunkle Haare und Augen, dunkelbraune Gesichtsfarbe, Brille.
    Was Tims Schilderung nicht vermittelt hatte, waren die etwas professorenhafte Ausstrahlung, der ernste Blick der Augen hinter der Brille mit Drahtgestell und das überraschend herzliche, charmante Lächeln.
    Gemma rieb sich die Arme, auf denen die kleinen Härchen sich aufgerichtet hatten. Sie hatte keine offensichtlichen Hinweise auf ein Verbrechen entdecken können, keinen sichtbar platzierten Abschiedsbrief.
    Was sie dagegen gefunden hatte, war die Gewissheit, dass Naz Malik die Hoffnung nicht aufgegeben hatte, seine Frau wiederzusehen.

6
    Nach einem Morgen auf dem Markt bestand das Frühstück aus einem Roggensandwich mit Salt Beef und Senf von Beigel Bake am oberen Ende der Straße.
    Rachel Lichtenstein, On Brick Lane
     
     
    Die Küche lag im Dunkeln, als Gemma herunterkam. Sie schaltete das Licht ein und beeilte sich dann, die schweren Läden an den Straßenfenstern zu schließen, um nicht von draußen gesehen zu werden. Die Verandatür zum Garten stand noch offen, und als ein launischer Windstoß die stehende Luft aufwirbelte, roch Gemma Knoblauch und Gewürze, dazu das scharfe, stechende Aroma von Bratöl.
    Ihr Magen knurrte, und sie erinnerte sich, dass sie mittags nur einen kleinen Happen gegessen hatte, da sie davon ausgegangen war, dass sie mit Hazel zu Abend essen würde. Und das war vor Stunden gewesen. Hazel hatte Alias Samosas auf der Arbeitsfläche liegen lassen; das Backblech war mit Alufolie abgedeckt. Gemma schlug die Folie zurück und nahm sich eine der kleinen Teigtaschen. Sie hatte irgendwie das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, und wollte auf keinen Fall anfangen, im Kühlschrank herumzuwühlen.
    Sehr lecker, dachte sie, als sie die würzige Kartoffelmischung kostete, aber warm wäre es noch besser. Sie sah sich nach einer Mikrowelle um, konnte aber keine entdecken. Der Herd und der Kühlschrank schienen die einzigen Zugeständnisse an modernen
Küchenkomfort zu sein. Nun sah sie sich etwas gründlicher in der Küche um und stellte fest, dass die große Anrichte gerade so unter die niedrige Decke passte, und sie fragte sich, ob sie ein Teil der ursprünglichen Kücheneinrichtung war. Der Kamin war ebenfalls riesig, und Gemma vermutete, dass er damals, als die Küche noch das dunkle, unterirdische Herz des Hauses gewesen war, als Hauptfeuerstelle gedient hatte.
    Auch heute noch war die Küche das Herz des Hauses. Gemma betrachtete eine von Charlottes Zeichnungen, die schief am Kühlschrank befestigt war. Jetzt konnte sie ihre Gesichter vor sich sehen, Naz und Sandra, hier in diesem Raum zusammen mit ihrem Kind.
    Sie aß den letzten Bissen der Samosa und wischte sich die Finger an einem bestickten Geschirrtuch ab. Der kleine Imbiss reichte, um zu verhindern, dass der Hunger sie ablenkte, und sie hatte noch einiges vor. Sie setzte sich an den Tisch, suchte in ihrer Handtasche nach einem Notizblock und einem Stift und nahm ihr Handy heraus.
    Als Erstes rief sie im Mile End Hospital an, dann im Royal London, wobei sie sich jeweils als Polizistin identifizierte. In keinem der beiden Krankenhäuser war eine Person eingeliefert worden, auf die Naz Maliks Beschreibung gepasst hätte. Gemma wusste nicht recht, ob sie enttäuscht oder erleichtert sein sollte.
    Als Nächstes rief sie auf dem Revier von Bethnal Green an und arbeitete sich durch das Labyrinth der Sprachnavigation, bis sie endlich einen Menschen aus Fleisch und Blut an der Strippe hatte. Die diensthabende Beamtin stellte sich als Sergeant Singh vor. Ihre Stimme beschwor in Gemma das Bild einer jungen, zierlichen und hübschen Frau herauf, doch sie klang zugleich kompetent und energisch.
    »Ich würde gerne den zuständigen Ermittler in der Vermisstensache Sandra Gilles sprechen«, sagte Gemma, nachdem sie
sich mit ihrer Dienstnummer ausgewiesen hatte. »Das müsste im Mai gewesen sein.«
    »Ah, ja. Merkwürdige Geschichte, das«, meinte Sergeant Singh im entspannten Plauderton. Gemma fragte sich, ob in Bethnal Green am frühen Samstagabend immer so wenig los war. »Das war Inspector Wellers Fall, aber der ist an diesem Wochenende nicht zu sprechen.«
    »Sie haben doch sicher eine Handynummer oder irgendeine andere Nummer, unter der man ihn erreichen kann.«
    »Hm, leider nicht. Er ist zur Hochzeit seines

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