Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat
allmählich darauf, eins und eins zusammenzuzählen, und fragte mich, ob nicht sogar sie selbst am Verschwinden Richards schuld sein könnten. Als ich erst einmal zu 77
diesem Schluß gekommen war, wollte ich mit diesen Kerlen natürlich nichts mehr zu tun haben – oder hättest du dich etwa anders entschieden? Also bin ich ihnen entwischt und allein losgezogen. Na ja, und hier habe ich mir so etwas wie eine Basisstation eingerichtet, in die ich mich zurückziehen kann. Ich kann mich in Ruhe umziehen und Luft holen. Eine Art Zweitzeitwohnung. Meistens bin ich allerdings auf Achse. Das muß ich auch sein«, fügte Blondel hinzu, »denn ich werde gesucht.«
»Und von wem?« fragte Guy.
»Von meinen Agenten. Ich habe mit denen nämlich einen Vertrag abgeschlossen, in dem steht, daß ich bis an mein Lebensende wöchentlich zwei Konzerte zu geben habe, von denen sie fünfundneunzig Prozent der Einnahmen für sich einbehalten.«
Guy pfiff durch die Zähne.
»Aber das ist noch längst nicht alles«, fuhr Blondel grinsend fort. »Die Typen haben Abermillionen Livres für die Vorbereitung von Konzerten ausgegeben – Veranstaltung von Gigs nennen die das –, und das durch die ganze Zeit hindurch, und jetzt bin ich nicht da, um für sie zu singen. Kein Wunder, daß diese Kerle besorgt sind, zumal das Geld, das sie investiert haben, nicht ihnen gehört.«
Guy grinste nun auch. »Wie peinlich für die.«
»Das kann man wohl sagen«, stimmte Blondel ihm mit hämischer Stimme zu und klopfte ein wenig Asche auf eine Untertasse ab. »Trotzdem ist das nicht mein Problem, und ich will denen auf keinen 78
Fall wieder in die Hände fallen. Ich muß den König finden.«
»Hast du eigentlich schon mal daran gedacht, daß er möglicherweise, na ja, also …«, druckste Guy herum.
»Daß er möglicherweise was?«
»… daß er möglicherweise, als er damals verschwunden ist oder durch die Zeit gefallen ist, oder wie man das auch immer nennen will, nirgendwo mehr ist? Ich meine …«
Blondels Gesicht wirkte plötzlich völlig versteinert.
Dann entspannte es sich wieder, und er antwortete:
»Mag sein, nichtsdestotrotz muß ich weitersuchen, schließlich habe ich ihm mein Wort gegeben. Moment, ich muß mal eine neue Flasche öffnen.«
Blondel schenkte die Gläser voll, und für eine Weile saßen beide schweigend da.
»Sag mal, wo gehören eigentlich deine Schwestern hin?« erkundigte sich Guy schließlich zögernd.
»Wie bitte?«
»Na, deine Schwestern. Mahaud und Ysabel und
… ähm …«
»Ach so, tut mir leid, die hatte ich schon völlig vergessen. Sie erklärten sich netterweise bereit, mir behilflich zu sein, wenigstens anfangs. Aber du weißt ja, wie Frauen sind. Schon nach kurzer Zeit verlieren sie das Interesse, bekommen dieses merkwürdige Verlangen, häuslich zu werden und so weiter und so fort. Mahaud und Ysabel haben jedenfalls beide ir-79
gendwelche Männer kennengelernt, von denen sie aufrichtig geliebt werden, haben geheiratet und sind häuslich geworden.
Natürlich kann man ihnen das nicht verübeln, trotzdem finde ich dieses Verlangen der Frauen nach Normalität einfach furchtbar.«
»Und was ist mit Isoud?«
»Isoud ist immer noch bei mir, allerdings vielleicht nicht mehr lange. Sie verbreitet in letzter Zeit eine schreckliche Unruhe, und ich nehme an, sie will sich verändern. So etwas erkenne ich an gewissen Symptomen. Wenn Frauen erst mal damit anfangen, alle fünf Minuten die Wohnung zu renovieren oder neue Vorhänge zu kaufen, dann kann man mit Sicherheit davon ausgehen, daß etwas in der Luft liegt.
Ach, vergiß es.«
»Also ist Isoud … ähm … noch zu …«
»Selbstverständlich ist sie noch zu haben«, half ihm Blondel auf die Sprünge. »Auf mich machst du einen recht ordentlichen Eindruck, und du scheinst ein anständiger Kerl zu sein, stimmt’s?«
»Sicher.«
»Schön, dann wäre das ja auch geklärt. Ich frage auch nur deshalb, weil ich als das Oberhaupt unserer Familie die Ehemänner für meine Schwestern aussuchen und die Mitgift stellen muß. Na ja, dieser ganze Unsinn eben. Unsere Familie ist in dieser Hinsicht ein wenig altmodisch.« Stirnrunzelnd fügte er hinzu:
»Zumindest wird sie es in Zukunft sein.«
»Also könnte ich …«
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»Selbstverständlich. Das heißt, wenn du mir diesen einen kleinen Gefallen tust.«
»Und der wäre?«
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3. KAPITEL
ist du bereit?«
B »Mehr als je zuvor.«
»Hast du wirklich alles im Griff?«
»Ja.«
»Also gut. Wenn das Pferd
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