Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat
betreffenden Passus und weigerte sich, auch nur einen Fingerbreit nach-zugeben.
Die verschiedenen Fliegen an der Wand in Gottes Büro stimmten alle darin überein, daß die dort statt-findende nachfolgende Zusammenkunft am 31. 12.
1000 sehr stürmisch verlief. Zunächst äußerten alle 327
Anwesenden frank und frei ihre Meinung, was dazu führte, daß der Antichrist erst in ein Skelett verwandelt und dann in der Mitte von oben nach unten gespalten wurde (zur Rechten und zur Linken sah man einen halben Teufel sinken). Letzten Endes kam bei dem Treffen heraus, daß der Antichrist irgendeine Lücke im Pachtvertrag ausfindig machen sollte, was ihm auch gelang.
Eine der Bedingungen des Vertrags lautete nämlich, daß die Menschheit dazu verpflichtet wurde, den Vermieter zu verehren, und zwar regelmäßig und nach von der Kirche vorgeschriebenen Regeln. Deshalb gründete der Antichrist sofort eine Konkurrenz-kirche, die von Gegenpäpsten geleitet wurde, um auf diese Weise die Religion zu untergraben und den Glauben zu zerstören, und er beeilte sich, die Schlösser auszutauschen, weil er die Menschheit noch vor 1690 wegen Nichteinhaltung der Vermieterverehrung auf die Straße setzen wollte.
Zunächst funktionierte alles ganz prächtig, und die ersten Räumungsklagen wurden bereits zugestellt, als ein unbedeutender menschlicher Herrscher namens Richard Löwenherz eine ganze Kette von Ereignissen auslöste, die unweigerlich zu einem Weltfrieden, einer Rückkehr zu wahrem Gottvertrauen und der Errichtung eines Neuen Jerusalem geführt hätten.
Und eine Zeitlang konnte er tatsächlich nichts dagegen unternehmen.
Jedenfalls so lange nicht, bis der Antichrist zufällig die Bemerkung eines kleinen Angestellten des el 328
des Larmes Chaudes aufschnappte. Dieser Mann namens Pursuivant sagte, daß sich alles sehr viel leichter darstellen würde, wäre Richard nie geboren worden. Der Antichrist hatte daraufhin eine Idee, die letztendlich auf das Konzept der Zeitumkehr, des Manipulierens an der Geschichte (kurz, des Editie-rens) und der Archive hinauslief. Man brauchte nur noch Richard aus der Geschichte zu streichen, und die Menschheit könnte in genau hundert Jahren vor die Tür gesetzt werden, zusammen mit einer saftigen Rechnung für die notwendigen Reparaturarbeiten.
Das hätte auch funktioniert, wenn nicht ein gewisser Blondel aufgetaucht wäre, ein Höfling, der sich standhaft weigerte zu akzeptieren, daß Richard niemals gelebt hatte, und überall nach ihm zu suchen begann. So lange wie Blondel wußte, daß Richard Löwenherz gelebt hatte, so lange würde der König weiterleben. Der Mann war, gelinde gesagt, eine Zumutung.
Sämtliche Bemühungen, die die Belegschaft des els unternahm, um Blondel zu finden, waren umsonst was schon an sich bemerkenswert war, da er einen nicht unerheblichen Teil seiner Zeit auf groß angekündigten Konzerten verbrachte. Doch dann kam der Tag, an dem der Antichrist für das größte Blondel-Konzert aller Zeiten zwei Karten erhielt; das laut der im Vorfeld dazu erschienenen Presseveröffentli-chungen ›Blondels wirklich allerletzter Auftritt‹ sein sollte.
Blondels allerletzter Auftritt also, sagte sich der 329
Antichrist. Blondels allerletzter Auftritt für immer und für alle Zeiten.
»Kommen Sie herein«, sagte Blondel freundlich.
»Möchten Sie etwas trinken? Bitte, nehmen Sie ruhig Platz.«
Obwohl ihm ein Bein fehlte, hatte der Antichrist keine Schwierigkeiten mit dem Gehen; er ging völlig natürlich, als weigerte er sich zu glauben, daß das andere Bein nicht vorhanden war. Er konnte sogar hüpfen, springen oder rennen, wenn ihm danach war.
Zur Zeit stolzierte er elegant daher.
»Danke, ich hätte gern einen Martini.«
Blondel hantierte mit den Flaschen auf dem Tablett herum. »Und was ist mit Ihnen, Eure Exzellenzen?«
Die beiden Julius-Päpste – genauer gesagt, Papst und Gegenpapst Julius – schüttelten die Köpfe.
»Nicht, solange sie im Dienst sind«, stellte der Antichrist klar.
»Ich dachte immer, das gelte nur für Kriminalbe-amte.«
»Und für Päpste, allerdings auch nur dann, wenn sie gleichzeitig anwesend sind«, klärte ihn der Antichrist auf.
»Interessant«, murmelte Blondel und reichte dem Antichristen das Glas mit dem Martini. »Für Sie gilt das ja offensichtlich nicht. Ich hoffe nur, die beiden stört es nicht, wenn wir in ihrer Gegenwart über sie sprechen.«
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»Überhaupt nicht«, beruhigte ihn der Antichrist.
»Da sie nicht sprechen
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