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Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat

Titel: Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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können, erledige ich für sie das Reden. Was nicht heißen soll, daß die beiden irgendwie von Bedeutung wären, zumal ich ja selbst anwesend bin. Ich habe die beiden nur mitgebracht, weil sie sich auf keinen Fall diese grandiose Show entgehen lassen wollten.«
    »Danke«, nahm Blondel das Kompliment beiläufig entgegen. »Ich nehme an, Sie sind auch ein Fan von mir, richtig?«
    »Total«, antwortete der Antichrist. »Ich habe Ihre komplette Plattensammlung, und schon bald werde ich sogar die einzige Plattensammlung von Ihnen haben, die es dann überhaupt noch gibt. Es wird zwar etwas lästig sein, jedesmal extra nach unten in die Archive gehen zu müssen, wenn ich etwas hören möchte, aber was soll’s?«
    »In die Archive?« stutzte Blondel. »Wie meinen Sie das?«
    »Ach, nun stellen Sie sich doch nicht so begriffsstutzig an. Sie kommen mit mir, Blondel, ob Sie es nun wollen oder nicht. Sie haben Ihren Spaß gehabt, aber damit ist jetzt Schluß. Verstehen Sie mich nun?«
    »Möchten Sie eine Olive?« Blondel reagierte gelassen.
    »Die sind wirklich ausgezeichnet.«
    »Danke.«
    »Gefällt Ihnen das Konzert?«
    »Ja, sehr sogar.«
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    Blondel setzte sich und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Schade, daß Sie dann nicht die zweite Hälfte hören werden.«
    Der Antichrist zuckte die Achseln. »Das läßt sich nun mal nicht ändern, auch wenn es als Ihr letztes Konzert angekündigt worden ist, wie aus dem Fax ersichtlich war. Warum haben Sie das überhaupt gemacht, Blondel? Haben Sie es satt, andauernd vor mir zu fliehen?
    Oder haben Sie endlich eingesehen, wieviel Schaden Sie alle die Jahre über angerichtet haben?«
    »Sie meinen, warum ich Sie zum Konzert eingeladen habe?« fragte Blondel.
    »Richtig.«
    Blondel beugte sich ein Stück vor und stützte das Kinn auf den Händen ab. »Ganz einfach. Ich hätte Sie zu all meinen Konzerten eingeladen, aber ich ha-be erst vor kurzem Ihre Adresse herausgefunden, be-ziehungsweise Ihre Telefon- und Faxnummer; ich wollte schon seit ewigen Zeiten mit Ihnen in Kontakt treten.«
    Der Antichrist grinste. »Das mag ja sein, aber warum sind Sie dann nicht einfach mit Pursuivant und Clarenceaux mitgegangen? Ich habe die Kerle unzählige Male losgeschickt, um Sie abholen zu lassen.«
    »Das war auch sehr freundlich von Ihnen«, antwortete Blondel. »Offen gesagt – noch eine Olive? –
    fühle ich mich in der Gesellschaft von Pursuivant, Clarenceaux und dem ganzen anderen Pack irgend-332
    wie nicht recht wohl. Wäre ich bei einer dieser Gelegenheiten, zu denen Sie mir diese Gestalten freundli-cherweise vorbeigeschickt haben, mit denen mitgegangen, dann hätte ich so ein Gefühl gehabt, als wäre ich – wie kann ich das mal ausdrücken?«
    »Gefangengenommen worden?«
    »Ja, das kommt hin. Gefangengenommen. Ach, da wir davon sprechen, wie geht’s übrigens Richard?«
    Der Antichrist lächelte. »Keine Ahnung. Ich nehme an, er ist noch immer irgendwo da unten. Bei den vielen Ratten, der völligen Isolation, der Dunkelheit und Feuchtigkeit und den ganzen Sachen ist das bestimmt nicht sonderlich gemütlich für ihn. Wirklich ein Jammer.
    Aber sobald Sie aussortiert und abgeheftet worden sind, können wir ihn in die Archive schicken. Er kriegt ein schönes Archiv, ihm wird’s gefallen. Ihnen übrigens auch.«
    »Zweifellos«, stimmte Blondel dem Antichristen beiläufig zu. Er saß auf der Sofalehne und blickte auf die Uhr. »Hören Sie, ich will Sie nicht drängen, aber ich muß in fünf Minuten wieder auf der Bühne sein und mich noch mit dem Schwachkopf unterhalten, der für das Licht verantwortlich ist. Finden Sie nicht, daß es für uns an der Zeit ist, ein Abkommen zu treffen?«
    Der Antichrist lachte, und das war alles andere als ein angenehmes Geräusch, dann fauchte er: »Schluß jetzt mit diesen Höflichkeitsfloskeln! Hör zu, Sterblicher, du bist nicht in der Position, mit mir ein Ab-333
    kommen zu treffen. Du kommst jetzt mit mir, und damit hat sich’s.«
    Blondel bewahrte die Haltung und antwortete kühl:
    »Nun, da irren Sie sich aber gewaltig. Ich habe mir nämlich die Freiheit genommen, Ihnen außer Martini und Gin noch etwas anderes ins Glas zu schütten. Sie werden jeden Augenblick wie ein Baby schlafen.«
    Der Antichrist versuchte aufzustehen, doch die Knie versagten ihm den Dienst. Er öffnete den Mund, doch außer einem Olivenkern brachte er nichts heraus.
    »Na prima, das Zeug wirkt bereits«, freute sich Blondel. »Zur Abwechslung werde ich mich

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