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Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Titel: Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hudson
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wahrscheinlich die Antworten auf manche meiner verzweifelten Fragen. An die ich gelangen musste, bevor Ruth und ihre Freunde es mir unmöglich machten.
    Je mehr ich darüber nachdachte, desto fester wurde mein Entschluss. Gegen Tagesanbruch beugte ich mich zu Joshuas Ohr.
    » Joshua?«, flüsterte ich.
    » Mm.«
    Beim Anblick seines friedlichen Gesichts entschied ich, ein Kosewort zu riskieren. » Joshua, Schatz, ich muss heute etwas erledigen.«
    » Mm?«
    » Ich muss ein paar Dinge herausfinden. Ich bin mir nicht sicher, wie lange dieser … Abstecher … dauern wird, aber ich halte ihn für wichtig. Wir können die anderen Seher nicht abwehren, wenn wir nicht so viel wie möglich wissen, oder?«
    » Nein«, murmelte er. Trotz der Zustimmung schlief er aber offensichtlich immer noch.
    » Schön zu wissen, dass du mit von der Partie bist«, flüsterte ich mit einem Lächeln. » Kannst du dich heute Abend hier mit mir treffen, bei Einbruch der Dunkelheit?«
    » Mmhmm.«
    Ich lächelte breiter, als er die Stirn in Falten legte. Es ließ ihn aussehen, als nehme er das Versprechen ernst, selbst im Schlaf. Ich starrte ihn einen Augenblick länger an und beugte mich dann näher. Sanft drückte ich ihm die Lippen auf die Stirn.
    Die Hitze des kleinen Kusses breitete sich über meine Lippen aus und verwandelte sie in glühende Kohlestücke. Ich schloss kurz die Augen und genoss das Gefühl. Dann stieß ich mich vom Bett ab. Ich durchquerte das Schlafzimmer und hielt an der Tür inne, die Joshua ein Stückchen offen gelassen hatte. Ich blickte zu ihm zurück.
    » Bis bald«, flüsterte ich. Ich biss mir auf die Lippe, und in einem Augenblick schierer Ausgelassenheit fügte ich hinzu: » Ich glaube, vielleicht … du weißt schon … liebe ich dich … übrigens.«
    » Dich auch«, flüsterte Joshua schlaftrunken zurück.
    Er schlief, und die Worte hatten nichts zu bedeuten, das wusste ich. Doch dieses Wissen verhinderte nicht, dass ich einen Freudenschrei unterdrückte, als ich aus dem Zimmer schlüpfte. Ich gab mir große Mühe, nicht die Treppe hinunterzuhüpfen.
    Erst als ich den Durchgang zur Küche erreichte, sank meine Laune wieder. Eigentlich war » sinken« ein zu zarter Ausdruck. » Absacken« beschrieb die Situation vielleicht besser.
    Denn an der Kücheninsel, über eine Zeitschrift gebeugt und beiläufig darin blätternd, saß niemand anders als Ruth.
    Als ich die Küche betrat, blieb Ruths Kopf gesenkt, die Morgensonne hell in ihrem weißen Haar. Sie sah aus, als habe sie mich nicht kommen hören. Ich hoffte, wenn ich einfach ganz leise auf Zehenspitzen an der Insel vorbei zum hinteren Korridor schlich, würde sie mich vielleicht nicht bemerken. Doch es überraschte mich nicht, als Ruths Stimme mir Einhalt gebot.
    » Weißt du«, sinnierte sie, ohne von ihrer Zeitschrift aufzublicken, » ich hätte schwören können, dass ich meine Meinung bezüglich deiner Beziehung zu meinem Enkelsohn klipp und klar gemacht habe.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe und weigerte mich zu antworten.
    » Trotzdem«, fuhr Ruth fort, » bist du hier.«
    Sie blätterte die letzte Seite der Zeitschrift um und hob endlich den Blick, wobei sie ihre kalten Augen auf mich richtete. Einen Moment rührte ich mich nicht. Reagierte nicht. Dann nickte ich langsam.
    » Ja. Ich bin hier.«
    Ruth seufzte. » Und warum ist dem so?«
    Ich setzte, wie ich hoffte, eine entschlossene Miene auf. » Weil ich eingeladen wurde, Ruth.«
    » Nicht von dem Menschen, auf den es ankommt.«
    » Ich habe keine Angst vor Ihnen.« Ich klopfte mir innerlich auf die Schulter, weil meine Stimme nicht bebte.
    Im nächsten Augenblick war Ruth aufgestanden. Sie hielt die Kante der Insel mit den Händen umklammert, ein verkniffenes Lächeln auf den Lippen. » Du solltest aber Angst haben«, flüsterte sie.
    Auf einmal überkamen mich heftige Kopfschmerzen, ähnlich wie die, die ich tags zuvor vor der Kirche erlebt hatte.
    Ähnlich, aber nicht identisch. Denn diese Kopfschmerzen waren viel, viel schlimmer.
    Sie explodierten in meinem Kopf, ein rasender Schmerz, der sich meinen Nacken hinab ausbreitete und hinter meinen Augen zerbarst. Ich schloss fest die Augen, doch das brachte keinerlei Erleichterung. Nach ein paar Sekunden konnte ich nicht anders, als mich auf die Knie fallen zu lassen und beide Hände gegen die Schläfen zu pressen, als könne ich den Schmerz mit reiner Gewalt in Schach halten.
    Die Kopfschmerzen breiteten sich weiter aus, während ich dort kauerte,

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