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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Freunde.«
    Plötzlich war er umringt von zehn jungen Männern und Frauen, von denen einige mit den Tränen kämpften, sich um ihn drängten, um ihn zu umarmen. Die Frauen trugen Kleider, die Männer Anzug und Krawatte; sie waren Mitte zwanzig, älter als Neve gedacht hatte. Sie sah in lächelnde Gesichter, die sich um den Vater ihres Freundes scharten und ihn begrüßten.
    Sie blickte Tim an, sah in sein Gesicht. Von Wind und Wetter gegerbt, sah man ihm an, dass er sich am Strand wohler fühlte als in der drangvollen Enge der Dominic-di-Tibor-Galerie. Er begrüßte die jungen Leute, umarmte sie, erklärte, wie überrascht er sei, dass er sie vermisst habe und sich freue, sie wiederzusehen. Er lächelte.
    Sein Gesicht war tränenüberströmt, aber er lächelte.

25
    E s gab keinen schlimmeren Ort für eine Entgiftung. Richard hatte den kalten Entzug schon mehr als einmal hinter sich gebracht – in einer Ausnüchterungszelle. Er spürte, wie das Gift Herz und Kreislauf zusetzte; in seinem Kopf drehte sich alles, sein Magen schmerzte. Sein Mund war ausgetrocknet, die Zunge klebte am Gaumen. Er zitterte am ganzen Körper. Die Polizisten kümmerte das alles nicht.
Sie fanden das Ganze vermutlich komisch – sie hatten ihn
des Alkohol- oder Drogenmissbrauchs am Steuer verdäch-tigt, und obwohl er formal gesehen nicht betrunken war, hatten sie ihn wegen des rückständigen Kindesunterhalts verhaftet.
    Die Geräusche wurden durch die Hohlziegelwände verstärkt und lösten grauenhafte Kopfschmerzen aus – zusätzlich zu allem anderen. Der diensthabende Polizist hatte ihm ein Sandwich gebracht, aber er fühlte sich zu elend, um auch nur einen Bissen herunterzubringen. Er hockte zusammengesunken auf dem Fußboden der Zelle, den Rücken an die Wand gelehnt, die sich kühl anfühlte. Seine Haut brannte, als stünde sie in Flammen.
    Er klammerte sich mit letzter Kraft an die Gewissheit, dass er Senator Sheridan erreicht hatte. Er hatte Sam die Situation erklärt – und war endlich einmal in der Lage gewesen, etwas für Mickey zu tun. Andernfalls hätte er sich vor lauter Verzweiflung umgebracht.
    »He!« Der Sergeant kam den Korridor entlang. »Besuch für Sie.«
    »Ich will niemanden sehen.« Seine bisherigen Besucher waren alles andere als eine Hilfe gewesen. Neve war wütend, weil er mit Mickey »betrunken« Auto gefahren war. Sein Scheidungsanwalt war stinksauer, weil sein Honorar noch ausstand, und abgesehen davon, sah sich Richard nun einem Gerichtsverfahren gegenüber und brauchte einen Strafverteidiger; und Alyssa hatte nur dagestanden und geheult, sich den Bauch gehalten und gefragt, warum er ihr das antat, was sie falsch gemacht habe.
    »Zu dumm, dass Sie niemanden sehen wollen«, meinte der Sergeant. »Wissen Sie, wer der Besucher ist?«
    Richard blinzelte, versuchte seine Augen vor dem fluoreszierenden Licht abzuschirmen. Er sah einen Marineoffizier vor dem Gitter stehen – die weiße Uniform eines Commanders, mit Mütze, Streifen und allem, was dazugehörte. Großer Gott, jetzt litt er auch noch unter Halluzinationen. Als Nächstes würde er fliegende rosa Elefanten sehen.
    »Stehe ich jetzt auch noch unter Militärarrest?«, fragte er.
    »Das ist Commander Joseph O’Casey.«
    »Der das U-Boot versenkt hat?« Jeder, der in Rhode Island aufgewachsen war, kannte diesen Namen.
    »Aus irgendeinem unerfindlichen Grund möchte er mit Ihnen sprechen. Also, warum stehen Sie nicht vom Boden auf, Sie Penner, und erweisen ihm ein bisschen Respekt?«
    Richard nickte; er machte Anstalten, sich zu erheben. Als Junge war Joseph O’Casey ein Held für ihn gewesen; abgesehen davon, hatte Mickey ihn nicht erwähnt? In Zusammenhang mit der Eule? Er hatte den Namen nur halb registriert. Richard versuchte, sich hochzurappeln, aber seine Beine waren wie Gummi.
    »Schon in Ordnung, Officer«, sagte der Marinekommandant. »Es wäre nett, wenn Sie uns einen Moment alleine ließen.«
    »Sir, schauen Sie sich dieses Wrack doch an. Sind Sie sicher, dass Sie sich das antun wollen?«
    »Ganz sicher.«
    Richard schlug die Augen nieder. Als er wieder hoch sah, war der Commander auf der anderen Seite des Gitters in die Hocke gegangen – setzte sich in seiner weißen Uniform auf den schmutzigen Boden.
    »Richard, ich bin Joe O’Casey.«
    »Hallo, Sir.« Richard wollte die Hand durch die Gitterstäbe strecken, aber sie zitterte so heftig, dass er sie beschämt zurückzog. »Ich bin Richard Halloran; sind Sie sicher, dass ich derjenige

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