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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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meinem Zelt erinnert mich ein wenig an den Schnee, damals in unserem Zelt, deshalb stört er mich kaum. Ich weiß noch, wie Du gelacht hast, als es immer kälter wurde. Deshalb versuche auch ich zu lachen, wenn es immer heißer wird. Meine Kameraden sind inzwischen zu der gleichen Einstellung gelangt. Wir haben gerade einen mörderischen Sandsturm, Dad. Selbst Major Wrentham schmunzelt, gewissermaßen.
    Er ist kein schlechter Kerl.
    Wie auch immer, es gibt da ein paar Dinge, die ich Dir zum Vatertag sagen wollte. Ich weiß, wir beide hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit, bevor ich hierherkam. Ich wollte Dir nur sagen – ich habe Dich damals nicht verstanden, aber das hat sich inzwischen geändert. Wir müssen nicht auf die Einzelheiten eingehen, aber Du sollst wissen, wie dankbar ich Dir bin, dass Du versucht hast, mich zu einem Sinneswandel zu bewegen. Wir sprechen darüber, wenn ich wieder zu Hause bin.
    Noch wichtiger ist, dass ich Dir sagen wollte, wie sehr ich Dich liebe. Ich hätte mir keinen besseren Vater wünschen können. Abgesehen davon, hätte ich es gar nicht erst versucht. Du bist mein Held, mein großes Vorbild, Dad. Du bist nicht der Grund, warum ich ein Marine geworden bin. Aber Deinetwegen bin ich Taucher, Fischer und ein Mensch geworden, der Spaß am Leben hat, den Strand und die Vögel liebt.
    UND DAFÜR DANKE ICH DIR!
    War nur ein Scherz, ich bin stolz darauf, Dein Sohn zu sein. In jeder Hinsicht, die mir einfällt, und vermutlich gibt es noch eine weitere Million Gründe, die mir gerade nicht in den Sinn kommen. Grüß den Strand von mir, ja? Hier findet man überall Sand, aber keine Spur Salzwasser! Meine Kameraden nennen die Sandstürme »Wüstenmusik«, aber sie haben keine Ahnung. Es sind »Strandmelodien«, ohne Frage.
    Alles Liebe
    Frank O’Casey
    Neve wagte kaum zu atmen, als sie den Brief zu Ende gelesen hatte. Sie hörte das Tosen der Wellen und die Sandkörner, die gegen die Holzschindeln prasselten.
    »Ich erhielt den Brief zwei Tage nach seiner Beisetzung«, sagte Tim. »Es passierte, als er mit seiner Einheit den Euphrat überquerte, von Westen nach Osten, ungefähr neunzig Kilometer südlich von Bagdad. Aufständische hatten ein Loch in die Trasse gesprengt und das Terrain geflutet – dadurch wurde das Fundament vermutlich geschwächt, denn die Trasse brach unter dem Gewicht des Panzers ein, in dem sich Frank befand. Er kam nicht mehr heraus.«
    »Oh Tim, wie grauenvoll!«
    Tim nickte. Er nahm die Karte, hielt sie in den Händen. Sie war ungeheuer wichtig für ihn; Frank hatte das Papier berührt, und dadurch hatte er das Gefühl, ihm nahe zu sein.
    »Wir wussten, dass die Situation im Irak gefährlich war. Seine Mutter, mein Vater und ich. Bei uns liefen Tag und Nacht CNN oder die Nachrichten im Radio. Wir verfolgten die Truppenbewegungen. Als ich dann den Anruf erhielt …«
    »Sie haben dich angerufen?«, fragte Neve, überrascht, dass man solche Hiobsbotschaften am Telefon überbrachte.
    » Beth rief an. Ich ging ran und sie sagte: ›Sie sind da.‹«
    »Ich fragte: ›Sind sie zu zweit?‹, denn beim Militär werden immer zwei Männer beauftragt, den Angehörigen die Nachricht zu überbringen; einer von ihnen ist ein Geistlicher. Ich dachte, wenn es nur einer ist, dann ist alles in Ordnung. Ich dachte, warum ist sie überhaupt zu Hause? Hätte sie bloß nicht zum Fenster hinausgeschaut. Hätte sie doch bloß die beiden nicht gesehen, nicht die Tür geöffnet …«
    Neve hörte stumm zu, betrachtete die Karte. Zuerst hatte sie gedacht, Frank hätte sie irgendwo gekauft, doch nun sah sie, dass er sie gezeichnet haben musste – nicht nur das U-Boot. Er malte gut, hatte ein wenig von dem Talent seines Großonkels, denn es war ihm gelungen, die Zuneigung zwischen Vater und Sohn, den beiden Tauchern, einzufangen. Es war anrührend, dass ein Marine, ein so harter Kerl, sich selbst als kleinen Jungen dargestellt hatte.
    »Beth sagte, das Klopfen an der Tür sei so leise gewesen, dass sie es beinahe überhört hätte. Und wenn sie die Augen zugemacht hätte, wäre es ihr vermutlich völlig entgangen. Aber sie hörte es und öffnete. Ich war die ganze Zeit am Telefon, deshalb bekam ich alles mit. Das war das Ende.«
    Neve nahm ihn in die Arme. Sie konnte nicht glauben, dass es das Ende war – ihr Blick fiel auf Franks Foto. Sein Lächeln wirkte strahlend und voller Leben; konnte es wirklich im Bruchteil einer Sekunde zu Ende sein, in einem Panzer, versunken in den

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