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Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition)

Titel: Wenn du mir vertraust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sogar den Präsidenten kennenzulernen?«
    »Weil Mr. Landry uns braucht, um sich in einem guten Licht zu präsentieren. Martine, nicht wir sind etwas Besonderes, sondern das U-Boot an unserem Strand, das er wegbringen will. Hast du nie gehört, dass unsere Großeltern nachts die Fenster mit Rollos verdunkeln mussten? Damit kein Licht nach außen drang und die U-Boote die vorbeifahrenden Konvois entdeckten?«
    »Ja, aber …«
    »Diese Rollos waren immer noch an den Fenstern, als meine Mutter ein Teenager war; sie wollte den Grund wissen und ihre Mutter hat ihr erzählt, wozu sie gebraucht wurden.« Mickey hielt inne. »Haben dir deine Eltern bei einem Strandspaziergang nie die Stelle gezeigt – sie ist unsichtbar, aber irgendwo da draußen in der Brandung –, wo die Schlacht stattfand und das U-Boot gesunken ist?«
    »Doch«, erwiderte Martine, aber ihr Blick war zweifelnd.
    »Kannst du dir vorstellen, wie beängstigend das für alle gewesen sein muss? Für die Amerikaner, die das U-Boot unter Beschuss nahmen, und für die Deutschen, die unter Wasser in der Falle saßen?«
    »Ja, kann ich.« Martine nickte. »Mein Bruder und ich haben früher oft am Strand gespielt und so getan, als wären wir auf einem Schiff und hielten nach den Periskopen feindlicher
U-Boote Ausschau … Einmal, als wir schwimmen waren und das Meer ruhig war, haben wir alte Patronenhülsen gefunden.«
    »Die kannst du Mr. Landrys Museum stiften.«
    »Wir haben sie in der Stadtbücherei abgegeben.«
    Mickey nickte. Sie hatte die Patronenhülsen – oder zumindest ähnliche – in den Vitrinen der Bibliothek gesehen. Dort waren auch Zeitungsausschnitte von der Schlacht, Fotografien von der USS James, von den deutschen Besatzungsmitgliedern und von der Mütze des Kommandanten ausgestellt, die aus dem Wrack an die Oberfläche gespült wurde, außerdem Teller und Tassen der Deutschen, die Taucher heraufgeholt hatten. Mickey erinnerte sich, wie sie ihren Vater in die Bibliothek begleitet, seine Hand gehalten und aufmerksam zugehört hatte, als er ihr schilderte, wie er als Kind den Krieg empfunden hatte, der vor seiner eigenen Haustür stattfand.
    »Alles, was mit U-823 zu tun hat, wird im neuen Museum landen«, sagte Mickey.
    »Aber nicht die Patronenhülsen, die Andy und ich am Strand gefunden haben.«
    »Alles, ohne Ausnahme, unsere ganze Geschichte.« Mickey hielt noch immer ihr Handy in der Hand, es juckte sie in den Fingern, die Stimme ihres Vaters erneut zu hören.
    »Mmmh.« Martine runzelte die Stirn. »Seltsam. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, was ich davon halten soll.«
    Kaum war sie gegangen, als Shane auftauchte. Er legte den Arm um sie, beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Mund – mitten in der Schule. Ihre Knie drohten nachzugeben, fühlten sich mit einem Mal butterweich an, aber sie kämpfte dagegen an und sah ihn eindringlich an.
    »Es funktioniert, oder?«, fragte er.
    »Es hat sie zumindest zum Nachdenken gebracht …«
    »Es sind nicht nur Surfer und uralte Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg, die sich für das Wrack interessieren. Fakt ist, dass sie selbst auch ein Interesse daran haben, sie wissen es nur nicht.«
    »Jeder hat seine eigenen Gründe.« Mickey umklammerte ihr Handy, wusste, dass die Stimme ihres Vaters darin gefangen war; sie konnte sie jederzeit hören, wenn ihr danach war. Und selbst hier, im Flur der Highschool, sah sie die deutsche U-Boot-Besatzung vor sich, die aus dem Wrack hinausspähte, die bleichen Gesichter gespenstisch leuchtend im Schlamm; sie erzählten ihre Geschichte in einer Sprache, die sie noch nie gehört hatte, aber nichtsdestoweniger verstand.
    »Was machst du nach der Schule?«, fragte Shane.
    »Nach Hause gehen und lernen, schätze ich.«
    »Komm doch zum Strand. Du kannst mir beim Surfen zuschauen.«
    »Bei der Kälte?« Sie streckte die Hand aus, berührte die Stiche an seinem Kopf. »Ist das nicht gefährlich?«
    »Alles im Leben ist gefährlich.« Er presste seine Lippen an ihr Ohr, so dass sie die Wärme seines Atems auf ihrer Haut spürte, und die Knie drohten abermals unter ihr nachzugeben. »Ich weiß nicht, wie lange das Wrack noch da sein wird, und mit ihm verschwindet auch die Brandung.«
    »Alles verschwindet.« Sie umklammerte das Handy und dachte, dass niemand wusste, wo sich ihr Vater aufhielt, auch wenn er ihr eine Nachricht hinterlassen hatte. Leute machten oft in solchen Nachrichten Versprechungen, die sie nicht hielten.
    »Das darfst du nicht denken.

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