Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
Vom Netzwerk:
Sykes ihr den Status derjenigen mit den meisten Rosen des Jahres streitig macht, und pruste mitten in Amerikanischer Geschichte vor Lachen los. Alle drehen sich zu mir um und starren mich an, aber das ist mir egal. So muss es sein, Drogen zu nehmen: das Gefühl, über allem zu schweben, und dass alles neu und frisch und von innen beleuchtet aussieht. Abgesehen von den Schuldgefühlen und dem Kater am nächsten Tag. Und der möglichen Gefängnisstrafe.
    Als Mr Tierney seinen Test verteilt, male ich die ganzen zwanzig Minuten über Herzen und Luftballons um die Fragen herum, und als er die Blätter einsammelt, schenke ich ihm ein so strahlendes Lächeln, dass er richtig zusammenzuckt, als wäre er nicht daran gewöhnt, dass Leute glücklich aussehen.
    Den ganzen Vormittag über suche ich die Gänge nach Kent ab. Ich weiß gar nicht, was ich ihm sagen soll, wenn ich ihn treffe. Ich kann eigentlich gar nichts sagen. Er weiß schließlich nicht, dass wir die letzten beiden Nächte zusammen verbracht haben und dass wir uns in beiden Nächten so nah waren, dass nur ein Atemzug fehlte und wir hätten uns geküsst, dass wir das letzte Nacht vielleicht sogar getan haben. Aber ich habe das unglaubliche Verlangen, einfach in seiner Nähe zu sein und ihn diese vertrauten Kent-typischen Sachen machen zu sehen: sich die Haare aus den Augen werfen, sein schiefes Lächeln lächeln, mit seinen albernen karierten Turnschuhen schlurfen und seineHände in die überlangen Ärmel seiner Hemden ziehen. Jedes Mal, wenn ich glaube, seinen ausladenden Gang zu sehen oder einen Jungen, dem die Haare ins Gesicht fallen, schlägt mir das Herz bis in den Hals – aber er ist es nie und jedes Mal, wenn er es nicht ist, rutscht mein Herz mir in die Gegenrichtung bis in den Magen.
    Ich bin auf jeden Fall sicher, dass ich ihn in Mathe sehen werde. Nach den Lebenspraktischen Fertigkeiten mache ich Station auf dem Klo, wo ich mich, in den drei Minuten bevor es läutet, vor dem Spiegel zurechtmache. Die Zehntklässlerinnen, die auf beiden Seiten neben mir quatschen, ignoriere ich und versuche angestrengt zu verdrängen, dass ich in weniger als fünf Minuten Mr Daimler gegenüberstehen werde. Mein Magen fährt sowieso schon dauernd Achterbahn – eine Kombination aus dem Warten darauf, dass Juliet die Rosen bekommt, der Hoffnung, Kent zu treffen, und der Enttäuschung, weil ich ihm nicht begegnet bin – und ich bin mir nicht sicher, ob er fünfundvierzig Minuten lang Mr Daimlers süffisantes Grinsen aushält. Ich schiebe die Erinnerung an seine nasse, schlabberige Zunge in meinem Mund weg.
    Â»Echt, so eine Schlampe.« Eine der Zehntklässlerinnen kommt kopfschüttelnd aus einer der Klokabinen.
    Einen paranoiden Augenblick lang bin ich sicher, dass sie mich meint – dass sie irgendwie gerade meine Gedanken gelesen hat –, aber dann brechen ihre Freundinnen in Gelächter aus und eine von ihnen sagt: »Ich weiß. Ich hab gehört, sie hätte schon mit mindestens drei Typen aus der Basketballmannschaft geschlafen«, und mir wird klar, dass sie von Katie Carjullo reden. Die Tür der Kabine schwingt auf und Lindsays Gekritzel ist klar zu erkennen. KC = WA . Und darunter: Geh doch zurück in die Sozialwohnung, ey .
    Â»Ihr solltet nicht alles glauben, was ihr hört«, platze ich heraus undalle drei Mädchen klappen augenblicklich den Mund zu und starren mich an.
    Â»Das stimmt«, füge ich hinzu. Jetzt, wo ich so ein gefesseltes Publikum habe, bin ich gleich mutiger. »Wisst ihr, wie die meisten Gerüchte entstehen?«
    Die Mädchen schütteln den Kopf. Sie stehen so dicht nebeneinander, dass ich kurz denke, sie stoßen gleich mit den Köpfen zusammen.
    Â»Weil irgendjemand gerade Lust drauf hat.«
    Dann läutet es und die Zehntklässlerinnen hasten zur Tür, als wären sie aus dem Unterricht entlassen worden. Ich stehe da und versuche meine Füße dazu zu bringen, zur Tür hinaus- den Flur entlang-, die Treppe runter- und rechts rum zu Mathe zu gehen, aber nichts passiert. Stattdessen hält mich die Schrift auf der Kabinentür in ihrem Bann, und die Erinnerung daran, wie Ally gelacht und auf die Aufschrift einer Nachahmerin irgendwo anders gezeigt hat. KC = WA . Ich bin ziemlich sicher, dass Lindsay das aus einer Laune heraus geschrieben hat – vier mickrige Buchstaben, albern,

Weitere Kostenlose Bücher