Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
ernst«, sagt er. »Warum ich?«
Ich denke daran, wie Kent im Dunkeln meine Hand gehalten und mich durch Zimmer geführt hat, die vom Mondlicht durchzogen wurden. Ich denke an seine Stimme, die mich in den Schlaf gelullt hat, mich davontrug wie eine Welle. Ich denke daran, wie die Zeit stehengeblieben ist, als er mein Gesicht in seine Hände genommen hat und seine Lippen auf meine drückte.
»Vertrau mir«, sage ich, »nur du kannst es sein.«
EINE ZWEITE CHANCE
Kents Valogramm war nur eine von mehreren Ãnderungen, die ich heute Morgen im Rosenraum vorgenommen habe, und sobald ich die Schulmensa betrete, sehe ich, dass Rob seins bekommen hat. Er löst sich von seinen Freunden und kommt zu mir gesprungen, noch bevorich mich in die Schlange stellen kann (wo ich vorhabe, ein doppeltes Roastbeefsandwich zu bestellen). Sein dämliches Yankees-Basecap sitzt wie immer locker auf seinem Kopf, zur Seite gedreht, als wäre er in einem Rap-Video von 1992.
»Hi, SüÃe.« Er will mich umarmen und ich mache beiläufig einen Schritt zur Seite. »Hab deine Rose gekriegt.«
»Danke. Ich deine auch.«
Er sieht sich um und entdeckt eine einzelne Rose, die ich durch den Griff meiner Kuriertasche geschoben habe. »Ist das meine?«, fragt er stirnrunzelnd.
Ich schüttele nett lächelnd den Kopf.
Er reibt sich die Stirn. Das tut er immer, wenn er nachdenkt, als bekäme er Kopfschmerzen davon, seinen Verstand zu gebrauchen. »Was hast du denn mit deinen ganzen Rosen gemacht?«
»Ich hab sie gelagert«, sage ich, was ja irgendwie auch stimmt.
Er schüttelt den Kopf und lässt das durchgehen. »Also, dieser Typ Ken oder Kyle gibt heute Abend eine Party â¦Â« Er bricht ab, dann tippt er sich an den Kopf und grinst mich anzüglich an. »Ich dachte, es wäre nett, eine Weile dahin zu gehen.« Er streckt den Arm aus, klatscht mir mit einer Hand auf die Schulter und massiert mich fest. »Als eine Art Vorspiel, weiÃt du?«
Nur Rob kann auf die Idee kommen, dass schäumendes Bier vom Fass zu tanken und sich über laute Musik hinweg anzubrüllen als Vorspiel gilt, aber ich beschlieÃe, es durchgehen zu lassen und mitzumachen. »Vorspiel?«, frage ich, so unschuldig ich kann.
Offensichtlich hält er das für Flirten. Er lächelt, legt den Kopf zurück und sieht mich durch halb zusammengekniffene Augen an. Früher fand ich das immer total süÃ; jetzt kommt es mir ein bisschen so vor, als guckte man einem Verteidiger beim Sambatanzen zu. Kannsein, dass er alle Schritte draufhat, aber irgendwie sieht es trotzdem nicht richtig aus.
»WeiÃt du«, sagt er leise, »was du da in deiner Nachricht geschrieben hast, hat mir wirklich gefallen.«
»Hat es das?«, schnurre ich und denke daran, was ich heute Morgen gekritzelt habe. Du musst nicht mehr auf mich warten.
»Ich hab also gedacht, so um zehn zur Party zu gehen und ein oder zwei Stunden zu bleiben.« Er zuckt die Schultern und rückt sein Basecap zurecht, zurück zum Geschäft, jetzt, wo das Flirten erledigt ist.
Ich bin plötzlich erschöpft. Ich hatte eigentlich vor, Rob ein bisschen zu verarschen â es ihm heimzuzahlen, dass er sich nie gekümmert hat, nie da war, ihn nichts weiter interessiert hat als Partys und Lacrosse, und weil er mit seinem dämlichen Yankees-Cap so bescheuert aussieht â, aber ich kann das Spiel nicht weiterspielen. »Es ist mir eigentlich ziemlich egal, was du machst, Rob.«
Er zögert. Das war nicht die Antwort, die er erwartet hat. »Du schläfst aber doch heute bei mir, oder?«
»Das glaube ich nicht.«
Seine Hand fährt wieder hoch zur Stirn. Mehr Reiben. »Aber du hast doch gesagt â¦Â«
»Ich hab gesagt, du musst nicht mehr auf mich warten. Und das musst du auch nicht.« Ich hole tief Luft. Eins, zwei, drei, los. »Das mit uns funktioniert nicht, Rob. Ich will Schluss machen.«
Er tritt einen Schritt zurück. Sein Gesicht wird kalkweià und dann wird er von der Stirn abwärts feuerrot, als würde ihn jemand mit Brausepulver auffüllen. »Was hast du gesagt?«
»Ich hab gesagt, dass ich Schluss mache.« Ich habe so was bisher noch nie gemacht und bin überrascht, wie leicht ich es finde. Loslassenist leicht: Es geht immer bergab. »Ich glaube einfach, dass das mit uns nicht funktioniert.«
»Aber ⦠aber â¦Â«,
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