Wenn ein Maerchenprinz heiraten will
ab und schwamm davon. Damals war ich neun, und es war mein erster Tauchgang beim Korallenriff. Die Begegnung mit diesem sanften Riesen hat mich so fasziniert, dass ich seitdem unbedingt die wunderbare Unterwasserwelt erkunden wollte. Aber es sollte noch fast zwanzig Jahre dauern, bis ich mir meinen Kindheitstraum erfüllen konnte. Dann hatte ich endlich das Geld, mir die Insel kaufen zu können.“
„Oh Shehab, ich bin überglücklich, dass du das alles mit mir teilst.“
Gab es noch eine Steigerung zu „überglücklich“? Selig? Ja, dann war sie sogar selig.
Vor zwei Wochen hatte sie noch Angst gehabt, dass all diese Gefühle zu viel für sie sein könnten. Aber das alles war einfach nur schön. Sie wollte es genießen und sich nicht noch mehr wünschen. Denn mehr gab es eigentlich gar nicht, es war doch schon perfekt. Der Mann ihrer Träume umsorgte sie voller Geduld und Fürsorge. Nur ihr Hunger nach Erfüllung wurde immer größer. Beim letzten Mal, als er sich ihr entzog, hatte sie sogar geweint, und auch er schien sehr betroffen zu sein.
Aber bald schon würde er vor dem letzten Schritt nicht mehr zurückschrecken, und dann wäre sie ganz sein. Ja, in jeder anderen Hinsicht war sie schon sein. Es spielte auch keine Rolle, wie lange er in ihrem Leben bleiben würde. Er hatte sie aus ihrer Starre gerissen, sie zum Leben erweckt.
Er und nur er hatte all das in ihr erweckt, von dem sie nicht einmal gewusst hatte, dass es in ihr war.
Sie liebte ihn, sie würde ihn auf ewig lieben. Diese Liebe war der Höhepunkt in ihrem Leben und würde es immer bleiben. Diese Liebe hatte ihrem Leben einen Sinn gegeben.
Und wenn er sich von ihr trennte – ihr war klar, dass das irgendwann geschehen würde –, dann wäre sie glücklich, dass sie es gehabt hatte und erleben durfte, wenn auch nur für kurze Zeit. Er hatte ihr die Wunder dieser Welt gezeigt, im Wasser, auf dem Lande, in der Luft. Doch das wahre Wunder war er, als Begleiter und als unvergleichlicher Mann. Ein Wunder würde noch kommen, und sie sehnte es sich voller Ungeduld herbei.
Zärtlich streichelte sie seine Brust. „Was willst du mir heute zeigen?“ Er hatte ihr in der Zwischenzeit das Tauchen beigebracht.
„Heute gehen wir mal etwas tiefer, wenn du meinst, dass du bereit dafür bist.“
„Ich bin bereit.“
Sie war bereit für alles, wirklich alles.
Nachdem er die Taucherausrüstung noch einmal kontrolliert hatte, sprangen sie in das grün schimmernde Wasser. Wie in Zeitlupe sanken sie tiefer – eine Reise in eine fremde Welt.
Sie waren schon tiefer als sonst, als sich ihnen von Ferne etwas Riesenhaftes näherte. Ängstlich packte sie ihn beim Arm, aber er beruhigte sie mit Gesten und gab ihr zu verstehen, sie sollte weiter hinschauen. Das Phänomen entpuppte sich als riesiger Schwarm kleiner Fische. Mit ihr an der Hand schwamm er direkt auf den Schwarm zu, und wie von Zauberhand öffnete sich eine Lücke für sie. Sie schwammen weiter, von allen Seiten von Fischen umgeben, die ihnen wie von einem einzigen Gehirn gesteuert elegant auswichen. Farahs Herz schlug heftig vor Aufregung und Begeisterung.
Als sie den Schwarm durchschwommen hatten, zog Shehab Farah wieder höher hinauf und näher zum Korallenriff. Im Licht seiner Lampe leuchteten die Fächerkorallen in allen Farben. Überwältigt von all diesen Eindrücken, beschloss Farah, dass sie nicht mehr länger auf die Erfüllung warten wollte, die alles perfekt machen würde und die er ihr so lange vorenthalten hatte. Heute Abend wollte sie ihn darum bitten.
Plötzlich sah sie, wie hinter Shehab ein Feuerfisch auftauchte. Ein wunderschönes Tier, aber – das wusste sie noch aus der Schule – sehr giftig.
Voller Panik versuchte sie, Shehab aus der Gefahrenzone zu drängen, und schwamm um ihn herum. Im nächsten Moment spürte sie im Nacken, dort, wo sie nicht vom Taucheranzug geschützt war, einen stechenden Schmerz.
Ihr Aufschrei drang nicht über die Atemmaske hinaus.
7. KAPITEL
Was danach geschah, erlebte Farah wie im Fiebertraum.
Eine Zeit lang fühlte sie sich, als würde sie außerhalb ihres schmerzenden Körpers schweben und dabei zusehen, wie Shehab sie packte und mit ihr zur Oberfläche schwamm. Mit Bärenkräften zog er sie auf die Jacht.
Wie in Schockstarre lag sie da, und nur der furchtbare Schmerz erinnerte sie daran, dass das alles kein Traum war. Hektisch befreite ihr Retter sie von der Taucherausrüstung und der Tauchermaske, und als sie wieder frei atmen konnte,
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