Wenn ein Reisender in einer Winternacht
Andacht bestaunten; dann seien sie alle davongerannt, ohne sich um seine Proteste zu kümmern, und mit dem Buch im Wald verschwunden.
»Die Täler hier wimmeln von seltsamen Typen«, sagte ich, um ihn zu beruhigen. »Denken Sie nicht mehr an dieses Buch, mein Herr, Sie haben nichts Wichtiges verloren: Es war eine Fälschung, made in Japan. Um betrügerisch vom Welterfolg meiner Romane zu profitieren, verbreitet eine skrupellose japanische Firma Bücher, die zwar meinen Namen auf dem Umschlag tragen, aber in Wahrheit Plagiate wenig bekannter japanischer Schriftsteller sind, deren Romane mangels Erfolges eingestampft werden mußten. Nach vielen Recherchen ist es mir schließlich gelungen, diesen Betrug aufzudecken, der mich ebenso schädigt wie die plagiierten Autoren.«
»Eigentlich fand ich den Roman gar nicht so übel, den ich gerade las«, gestand mir der Leser. »Schade, ich hätte die Geschichte gern zu Ende gelesen.«
»Wenn es nur darum geht, die Quelle kann ich Ihnen verraten: Es handelt sich um einen japanischen Roman, der summarisch adaptiert worden ist, indem man westliche Namen für die Personen und Orte erfand; er heißt Auf dem mondbeschienenen Blätterteppich und ist von Takakumi Ikoka, einem übrigens ganz respektablen Autor. Ich kann Ihnen eine englische Übersetzung geben, um Sie für Ihren Verlust zu entschädigen.«
Ich nahm das Buch, das sich auf meinem Schreibtisch befand, und überreichte es ihm, nachdem ich es in einen festen Umschlag geschoben und diesen verschlossen hatte, damit er nicht in Versuchung kam, darin zu blättern und gleich zu merken, daß es nichts zu tun hat mit In einem Netz von Linien, die sich überschneiden, ebensowenig wie mit irgendeinem anderen meiner Romane, ob echt oder apokryph.
»Daß falsche Flannerys im Umlauf sind, wußte ich«, sagte der Leser, »und ich war auch schon überzeugt, daß mindestens einer der beiden Romane falsch sein mußte. Aber was können Sie mir über den anderen sagen?«
Vielleicht war es nicht sehr klug, diesen Mann weiter in meine Probleme einzuweihen; ich versuchte, mich mit einem Aphorismus aus der Affäre zu ziehen: »Die einzigen Bücher, die ich als mein anerkenne, sind diejenigen, die ich noch schreiben muß.«
Der Leser beschränkte sich auf ein kurzes höfliches Lächeln, wurde gleich wieder ernst und sagte: »Mister Flannery, ich weiß, wer hinter dieser Geschichte steckt: Es sind nicht die Japaner, es ist ein gewisser Ermes Marana, der das Ganze angezettelt hat - und zwar aus Eifersucht auf eine junge Frau, die Sie ebenfalls kennen, Ludmilla. «
»Und warum kommen Sie dann zu mir?« versetzte ich. »Gehen Sie doch zu diesem Herrn und fragen Sie ihn, wie die Dinge stehen!« Mir war der Verdacht gekommen, daß zwischen dem Leser und Ludmilla eine Verbindung bestehen könnte, und das genügte schon, um meiner Stimme einen feindseligen Ton zu geben.
»Mir bleibt wohl nichts anderes übrig«, nickte der Leser. »Wie es sich trifft, muß ich demnächst eine Geschäftsreise machen, die mich genau in die Gegend führen wird, wo er sich aufhält, nämlich nach Südamerika. Ich werde die Gelegenheit nutzen, um nach ihm zu suchen.«
Mir lag nichts daran, ihm mitzuteilen, daß Marana meines Wissens für die Japaner arbeitet und die Zentrale seiner Apokryphen in Japan hat. Mir kam es nur darauf an, daß dieser lästige Zeitgenosse sich möglichst weit von Ludmilla entfernt; daher ermunterte ich ihn, seine Reise zu tun und in seiner Suche nicht nachzulassen bis zur Auffindung des gespenstischen Übersetzers.
Zufälle seltsamer Art verfolgen den Leser: Seit einiger Zeit, erzählte er mir, sehe er sich aus verschiedensten Gründen gezwungen, die Lektüre seiner Romane nach wenigen Seiten abzubrechen.
»Vielleicht langweilen Sie die Romane?« vermutete ich, wie stets zum Pessimismus geneigt.
»Im Gegenteil, ich bin gezwungen, die Lektüre immer genau im spannendsten Augenblick abzubrechen. Ich kann es gar nicht erwarten, sie fortzusetzen, doch wenn ich dann das begonnene Buch wieder aufzuschlagen meine, habe ich etwas ganz anderes vor mir. «
». das Sie nun überaus langweilt. «, insistierte ich.
»Nein, das noch spannender ist. Aber auch das kann ich nicht zu Ende lesen. Und so weiter.«
»Ihr Fall macht mir Hoffnung«, sagte ich. »Mir passiert es immer häufiger, daß ich ein eben erschienenes Buch aufschlage und etwas zu lesen meine, was ich schon hundertmal gelesen habe.«
Mein letztes Gespräch mit dem Leser hat
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