Wenn es daemmert
waren. »Ich zeige dir andere Mädchen, denen es ganz schlecht bei diesem Mann ging.«
»Was ist, wenn der Mann mich findet? Er will doch noch so viel Geld von mir haben.«
Anna schüttelte den Kopf. »Er wird dich nicht finden. Er weiß nicht, wo er suchen muss, und du wirst nicht dorthin gehen, wo er suchen wird. Wenn du hier arbeiten willst, besorge ich dir Papiere und einen neuen Namen. Er wird dich nie wiedererkennen, selbst wenn er direkt an dir vorbeigeht. Dazu bin ich da – um dich vor diesem Mann zu beschützen.«
Und Pepa hatte gewusst, dass sie endlich da war, wo sie sein wollte. »Was soll ich arbeiten?«, fragte sie aufgeregt.
Anna lächelte sie an. »Ich zeige dir alles. Wir machen einen Pakt.«
Ein Pakt! Wie das klang!
»Eine Woche lang darfst du hierbleiben und dir alles genau ansehen. Wenn es dir nicht gefällt, dann gebe ich dir Geld, damit du zu deinen Eltern fahren kannst.«
Pepa schüttelte den Kopf. »Nicht zu meinen Eltern!«
»Sieh dir erst alles an. Eine Woche, ja?«
Pepa nickte und zog die Kleider an, die Anna ihr hingelegt hatte. Es waren Kleider wie für erwachsene Frauen, und sie fühlte sich komisch. Sie wollte viel lieber wieder ihre Stiefel und den Minirock anziehen, ihre kurze Jacke und ein buntes Oberteil, aber Anna sagte, das gehöre dazu. Der Rock war langweilig, er ging bis zum Knie, und sie wusste nicht, ob sie in den Schuhen laufen können würde, sie würde kalte Füße bekommen, und die Absätze waren viel schmaler als bei ihren Stiefeln. Sie waren so spitz und schmal, wenn man nicht aufpasste, würde man ständig umknicken. Die Strumpfhosen waren ganz durchsichtig. Pepa wusste nicht, warum sie sie anziehen sollte, wenn sie keine Farbe hatten. Dann noch ein schwarzes Oberteil mit einem kleinen Rollkragen, aber ohne Ärmel. Missmutig zog sie es sich über den Kopf und rieb sich die nackten Arme.
»So, meine Kleine, jetzt hältst du ganz still, bis ich dich geschminkt und dir die Haare gemacht habe«, sagte Anna, und Pepa gehorchte. Sie konnte sich ja wieder richtig anziehen, wenn sie erst einmal ihre eigene Wohnung hatte.
Ihre eigene Wohnung! So etwas hatte sie noch nie in ihrem Leben gehabt. Bei Cedric ein eigenes Zimmer zu haben, war schon Luxus gewesen, und Pepa gewöhnte sich schnell an Luxus, wie sie nun wusste. Alles würde sie tun, um nie wieder ein Zimmer mit jemandem teilen zu müssen, so wie früher zu Hause: zusammen mit ihren zwei Schwestern in einem Zimmer. In einem Zimmer, das nicht einmal halb so groß war wie der Raum, den sie in Cedrics Haus bekommen hatte.
Sie wäre im Grunde ganz gerne noch bei Cedric geblieben. Sie mochte ihn, er war ein guter Kerl. Völlig verrückt, aber gut. Von Doug und Pete hatte sie auch immer gedacht, sie seien in Ordnung. Dass sich Doug an sie herangemacht hatte und immer wieder unangemeldet in ihrem Zimmer aufgetaucht war, daran hatte sie sich schnell gewöhnt, und es war ihr egal geworden, selbst, wenn er sie nackt gesehen hatte. Sie hatte es bald sogar genossen, dass er ihr so viel Aufmerksamkeit schenkte. Nur zwei Wochen, und sie hatte sich an so vieles gewöhnt. Aber dann war Doug zu weit gegangen. Und Matt …
Er hatte immer mit ihr geflirtet. Im Flirten war sie gut, das hatten ihre Freundinnen zu Hause immer gesagt. Von Männern verstehst du etwas, hatten sie gesagt. Was wohl mit ihren Freundinnen war? Manchmal dachte sie an sie, so wie sie auch an ihre Eltern und Geschwister dachte. Aber das Leben in Schottland war zu aufregend, als dass sie ernsthaft Heimweh gehabt hätte. Zu Hause würde sie nichts aus ihrem Leben machen können. Aber hier hatte sie alle Möglichkeiten: Sie konnte einen reichen Mann heiraten oder Schauspielerin werden und ins Fernsehen kommen oder Sängerin oder …
Als Anna fertig war, strahlte sie Pepa an. »Geh zum Spiegel«, forderte sie sie auf. Pepa gehorchte missmutig, doch als sie sich im Spiegel sah, bekam sie vor Staunen den Mund nicht mehr zu: Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie so hübsch ausgesehen. Anna hatte ihre Haare zu einer eleganten Frisur hochgesteckt und sie dezent, aber trotzdem mysteriös geschminkt. In den Kleidern sah sie aus wie eine der reichen Frauen, die in den besten Boutiquen der Stadt einkaufen gingen. Oder wie eine der Frauen, die in den glänzenden Magazinen abgebildet waren. Sie hatte nicht gewusst, dass sie so aussehen konnte.
»Ich sehe toll aus!«, rief Pepa.
Anna nickte. »Und jetzt gehen wir einkaufen.«
Sie fuhren in einem Taxi zur Princes
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