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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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nicht   über ihn geredet hast. Ich dachte, du wolltest es nicht.«
    »Richtig, ich wollte es nicht.« Ihre Mutter setzte sich auf das Sofa vor dem Fenster, das zur Straße hinausging. »Aber man kann seiner erwachsenen Tochter nun mal nichts verbieten.«
    »Man kann auch seiner   noch nicht   erwachsenen Tochter nicht verbieten, dass sie Kontakt mit ihrem biologischen Vater hat, wenn es keinen vernünftigen Grund dafür gibt.«
    »Ich   hatte   meine Gründe.«
    »Aber keine, die es gerechtfertigt hätten. Ich meine, wenn er dich geschlagen hätte oder wenn er pädophil wäre oder – keine Ahnung. So etwas in der Richtung.«
    Margaret schüttelte den Kopf. »Du …«, begann sie, als Mina sie unterbrach.
    »Sag jetzt nicht, du verstehst das nicht. Ich bin dreißig! Ich hatte auch schon mal Beziehungen und bin enttäuscht worden. Also?«
    Margaret verschränkte die Arme und starrte stur auf den Boden. Mina erkannte sich selbst in dieser Haltung. Ich werde wie meine Mutter, dachte sie – nicht zum ersten Mal in ihrem Leben.
    »Was war da … im Hafen? Was ist da passiert?«
    »Für einen Themenwechsel sehr unelegant«, bemerkte Mina trocken. »Das hab ich dir alles schon erzählt.«
    »Wieso habt ihr euch in Pittenweem getroffen? Wo ist das überhaupt?«
    »An der Südküste.«
    »Bei Kirkcaldy?«
    »Nicht so weit. Du kennst Kirkcaldy? Ich dachte, so kleine Städte hättest du gar nicht auf dem Schirm.«
    Margaret zuckte die Schultern. »Ich war nie da. Ich glaube, wir hatten dort entfernte Verwandte. Ehrlich gesagt war ich noch nie weiter im Norden als Edinburgh.«
    »Oslo.«
    »Ich meinte in Schottland.«
    »Ich weiß.«
    Margaret seufzte. »Gut. Lass uns aufhören zu streiten.«
    »Gerne. Sag mir den Grund, warum du nicht wolltest, dass ich meinen Vater kenne, und diesmal bitte einen, den ich verstehen   und   akzeptieren kann und der dazu noch wahr ist. Keine von deinen Märchenversionen mehr, bitte.«
    Die Märchenversionen: Wir haben nicht zusammengepasst. Wir hatten unterschiedliche Ziele. Wir waren noch zu jung. All die Phrasen, die man sich ausdenkt, wenn man den wahren Grund für das Ende einer Beziehung nicht nennen will.
    »Hattest du einen anderen?«, bohrte Mina, als ihre Mutter nichts sagte.
    »Unsinn.«
    »Hatte er eine andere?«
    Margaret schüttelte den Kopf. »Nein, nein … Es war nur so, dass … Wie sag ich das jetzt, ohne dass es völlig lächerlich klingt.«
    »Versuch es.« Sie verschwand kurz in der Küche und kam mit zwei Dosen Cola wieder. Eine gab sie ihrer Mutter.
    »Ich traf James, als ich meine Doktorarbeit in Berlin schrieb. Dein Großvater war sehr dagegen, er war während des Kriegs in Deutschland gewesen und hasste das Land, aber ich war zu dem Zeitpunkt in einer verspäteten rebellischen Phase. James war der Anlass, wie ich dachte, zur richtigen Revolte gegen Papa und die Familie und den ganzen Traditionsunsinn. Na, in Wirklichkeit wollte ich nur Aufmerksamkeit von meinem Vater, nicht wahr? Ich wollte, dass er sich auch einmal über mich Gedanken macht, nicht immer nur über meine Brüder. Ich war dreiundzwanzig, und James hatte gerade bei der Royal Air Force angefangen. Er war neunzehn Jahre alt. Ich kam mir ihm gegenüber sehr erfahren vor«, sie lachte. »Er war Schotte, ich fühlte mich trotz allem ebenfalls als Schottin, und schon hatten wir eine Gemeinsamkeit, über die wir bei unserem ersten Treffen sprachen. Er erzählte von Inverness, ich von Edinburgh, und irgendwie ergab es sich, dass wir uns über ein Jahr lang immer wieder trafen und miteinander schliefen, ohne je ein Wort darüber zu verlieren, wo das alles hinführen sollte. Für mich fühlte sich das sehr modern an. Es hatte etwas von Freiheit, von Selbstbestimmung. Ich dachte, es sei unglaublich erwachsen, es auf so einer unbestimmten Ebene zu lassen. Bis ich schwanger wurde. Da mussten wir natürlich reden. Zu dem Zeitpunkt war mir nur eins klar: Ich wollte das Kind bekommen. Aber nachdem ich mit James geredet hatte, entschied ich mich dagegen, ihn zu heiraten. Nicht, weil es mir altmodisch erschien, auch nicht, weil ich meinen Vater ärgern wollte.« Sie schwieg.
    »Warum hörst du immer auf zu reden, wenn das eigentlich Wichtige kommt?«, fragte Mina ungeduldig. Alles, was ihre Mutter bisher gesagt hatte, hatte sie schon oft gehört.
    »Gut. Also. Ich musste feststellen, dass James verdammte Ähnlichkeit mit meinem Vater hatte.«
    »Oh«, sagte Mina.
    »Ich hätte es vorher schon sehen können, aber ich

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