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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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der Hoffnung, die Flut würde sie raustragen? Zu dumm, dass wir Gezeiten haben.«
    »Todeszeit?«
    Er sah auf seine Armbanduhr. »Jetzt ist es kurz nach sechs … Noch nicht sehr lange. Drei, vier Stunden. Höchstens.«
    »Eine kurze Nacht für uns«, murmelte Isobel und unterdrückte ein Gähnen.
    McCallum sah sie unfreundlich an, dann sagte er: »Wie geht’s Ihrer Cousine Lindsay?«
    Isobel wurde von   DC   Garreth Leslie gerettet, der an die Scheibe klopfte und etwas in einer Plastiktüte hochhielt. Sie öffnete die Tür und ließ es sich geben.
    »Eine Handtasche«, rief der   DC   gegen den Wind.
    »Danke. Wo sind wir?«
    »Bei Laura Ashley.«
    Isobel sah ihn verständnislos an, und Leslie zeigte in Richtung einer Bed-&-Breakfast-Pension mit dem einfallsreichen Namen »Harbour View«.
    Als sie die Pension betrat, verstand sie, was Leslie gemeint hatte: Alles im Haus hatte ein Blümchenmuster. Isobel brauchte eine Minute, um ihren Blick scharf zu stellen. Die Blümchen auf der Tapete wirkten dreidimensional. Wer braucht halluzinogene Drogen, dachte Isobel, wenn man all das hier haben kann.
    Die Wirtin des »Harbour View« war noch in Nachthemd und Hausschuhen und hatte sich einen Morgenmantel übergeworfen. Zwar nicht geblümt, aber pinkfarben, was Isobels Augen auch nicht wohler tat. Sie kam mit einem Tablett voller Kannen und Tassen aus der Küche. Drei Constables saßen im Vorderzimmer, freuten sich über den Tee und befragten Zeugen. Isobel winkte ihnen kurz zu und setzte sich auf einen der Blümchensessel in der Eingangshalle. Auf dem kleinen Beistelltischchen lagen Infobroschüren: Sommerveranstaltungen in Fife, Ausflugsfahrten zur Isle of May, günstige Take-away-Menüs. Sie legte die Broschüren auf den Boden, zog sterile Handschuhe an und nahm die Handtasche aus dem Plastikbeutel. Eine billige, schwarze Tasche aus Kunstleder, mit schwarzen, glänzenden Plastikkügelchen bestickt. Sie enthielt alles, was Isobel erwartet hatte: Portemonnaie, Schlüssel, Ausweis, Puder, Lippenstift, Tampons, Kondome, Taschentücher, ein ausgeschaltetes Handy. Eine Zugfahrkarte von Dundee nach Leuchars, ein Busticket von Leuchars nach St. Andrews, Hin- und Rückfahrt, Datum von gestern.
    Die Tote hieß Sandra Robertson. Isobel öffnete das Portemonnaie und fand darin ein Foto von einem etwa vierjährigen Mädchen. Sie nahm es heraus und drehte es um. Auf der Rückseite stand nichts. Das Foto sah neu aus. Vielleicht Sandras Tochter. Dann schaltete Isobel das Handy ein. Es piepte zweimal. Zwei Textnachrichten. Die erste war von der Mailbox und meldete fünf neue Nachrichten. In der zweiten   SMS   stand: »Sandy, ich muss zur Arbeit, wo bist du?! Amanda ist nebenan. Melde dich   ASAP , ich mache mir Sorgen. Mum.«
    Das kleine Mädchen hieß also Amanda, und Sandras Mutter spielte Babysitter, während sie abends ausging. Einundzwanzig Jahre war sie alt geworden. Welches Mädchen aus Dundee fuhr während der Woche nach St. Andrews, um dort auszugehen? Im Gegensatz zu St. Andrews gab es in Dundee nämlich ein Nachtleben. Und wie kam sie von St. Andrews an den Strand von Crail?
    Isobel sah sich noch einmal das Foto im Ausweis an. Sie konnte sich nicht erinnern, sie auf der Party gestern Abend gesehen zu haben, aber sie war recht früh gegangen und hatte nicht alle Gäste zu Gesicht bekommen. Mina hatte Fotos gemacht, sie würde sie bitten, sie ihr zu zeigen. Matts Totenwache wäre ein Ereignis gewesen, das ein Mädchen aus Dundee nach St. Andrews hätte locken können.
    Sie würde mit Douglas Roth und Pete Rollins sprechen. Aber als Erstes würde sie die Kollegen in Dundee anrufen, damit diese sich um die Mutter kümmerten. Jemand musste die Leiche identifizieren.
    In den nächsten zwei Stunden hörte der Regen auf, und es gelang ihnen, die Identität der Toten zweifelsfrei zu klären. Sandra Robertson war alleinerziehende Mutter, abhängig von Schmerz- und Schlafmitteln und finanzierte ihr Leben, indem sie unregelmäßig anschaffen ging. Meist auf Empfehlung, hieß es in Dundee, aber seit Neuestem verteilte sie auch Visitenkarten in der so genannten besseren Gesellschaft, auf der Suche nach Kunden, die deutlich mehr als zwanzig Pfund für eine Stunde zahlten. Ihre billige Kleidung sprach dafür, dass dieser Plan noch nicht aufgegangen war.
    Mrs Robertson hatte ihre Tochter mittlerweile identifiziert.
    Niemand im Ort hatte in der Nacht etwas bemerkt. Niemand hatte Sandra Robertson je zuvor gesehen. Isobel bat die ihr

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