Wenn es Nacht wird in Manhattan
hinzugezogen wird. Wir müssen die Schnittwunden säubern und nähen und sterile Tücher auflegen, um Infektionen zu vermeiden. Aber nach allem, was ich bisher gesehen habe, kann ich Ihnen jetzt schon versichern, dass sie keine schweren Verletzungen im Gesicht hat. Ihre Lunge macht uns im Moment am meisten Sorge”, fuhr er mit leiserer Stimme fort. “Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.”
“Danke”, erwiderte Cash ebenso leise.
“Keine Ursache”, entgegnete der Arzt lächelnd.
Rory stand immer noch bei den beiden FBI-Agenten. Cash erklärte ihnen, er sei für den Jungen verantwortlich, und ging mit ihm in die Cafeteria, wo er ihm einen Softdrink kaufte und erzählte, was er soeben erfahren hatte.
“Das gefällt mir”, sagte Rory nach einer Minute. “Dass du ehrlich mit mir bist”, setzte er hinzu, als er Cashs fragenden Blick bemerkte.
“Es würde mir nicht im Traum einfallen, dich anzulügen”, erwiderte Cash.
Neugierig sah Rory ihn an. “Warum wolltest du eigentlich nicht mit mir sprechen, als ich dich in Texas angerufen habe?”
Cash fühlte sich unbehaglich. Er hasste diese Frage, weil sie ihn an seine engstirnige Reaktion erinnerte. “Einer meiner Beamten hat den Anruf nicht durchgestellt. Er glaubte, das hätte ich so gewollt”, log er. Im selben Augenblick verachtete er sich dafür.
“Tippy ist nicht so”, sagte Rory mit Überzeugung zu ihm. “Sie würde niemals ein Baby für ihre Karriere opfern, gleichgültig, wie reich oder berühmt sie werden könnte. Sie hat mir mal gesagt, dass Ruhm und Besitz niemals ein Ersatz für jemanden sein könnten, der dich liebt.”
Cash hätte es wissen müssen. Aber es fiel ihm nicht leicht, anderen zu vertrauen.
“Sie wird darüber hinwegkommen”, sagte Rory plötzlich. “Sie braucht nur etwas Zeit. Du … du bleibst doch, bis wir wissen, wie es mit ihr weitergeht?”
“Natürlich”, antwortete er geradeheraus.
Rory entspannte sich ein wenig. “Danke.”
Darauf erwiderte Cash nichts. Er machte sich Gedanken über Tippys kritischen Zustand. Was würden die nächsten Stunden wohl bringen? Darüber wagte Cash gar nicht genauer nachzudenken.
Rory war in dem Krankenhausbett, das man ihm zur Verfügung gestellt hatte, schließlich doch noch eingeschlafen, als der Arzt zu Cash kam und ihm die Untersuchungsergebnisse mitteilte. Wie er vermutet hatte, war die Lunge schwer in Mitleidenschaft gezogen, und es hatte ein paar Blutungen gegeben. Sie hatten die Flüssigkeit abgesaugt und ihre Wunden genäht. Der Gesichtschirurg glaubte, dass sie gut verheilen würden, da weder Muskeln noch Nerven beschädigt worden waren. Jetzt mussten sie warten – ob der Zustand der Lunge sich verschlimmerte und wie sich die Gehirnerschütterung entwickelte. Für die Nacht war Tippy auf die Intensivstation verlegt worden, damit sie ständig unter Kontrolle war.
Cash wusste zu viel über Lungen- und Kopfverletzungen, als dass er sich keine Sorgen gemacht hätte. Auf der Intensivstation saß er gegen sämtliche Vorschriften neben ihrem Bett und hielt ihre Hand. Sie hatten ihr ein Schmerzmittel gegeben, und sie dämmerte im Halbschlaf vor sich hin. Zuerst schien sie ihn gar nicht zu erkennen.
Er würde nicht von ihrer Seite weichen. Hätte er ihr zugehört, anstatt sie zur Hölle zu wünschen, dann wäre sie jetzt nicht hier. Das wusste er. Und dieses Wissen bereitete ihm Schmerzen. Sie hätte sterben können. Es konnte immer noch passieren. Davon hatte er Rory vorsichtshalber nichts gesagt. Er schlief friedlich in einem Zimmer am anderen Ende des Korridors und war davon überzeugt, dass es seiner Schwester gut ging.
Cash dagegen fand überhaupt keinen Schlaf. Erst gegen Morgengrauen öffnete Tippy ihre grünen Augen. Es dauerte eine Weile, bis sie ihre Umgebung wahrnahm. Sie jammerte und hustete, als sie Luft zu holen versuchte. Es tat höllisch weh. Sie tastete mit der Hand nach dem verletzten Brustkorb und stöhnte.
“Ganz ruhig”, sagte Cash sanft. “Bleib still liegen. Was möchtest du?”
Sie sah in seine besorgten Augen. Das musste ein Traum sein. Mit dem Anflug eines Lächelns murmelte sie: “Ich bin also gestorben”, und schlief wieder ein.
Er läutete nach der Schwester. Innerhalb kürzester Zeit war sie bei ihm. Sie lächelte, als sie seine Neuigkeiten hörte. Danach ging sie zum Stationsarzt, um weitere Instruktionen einzuholen.
“Das ist kein Traum”, flüsterte Cash über Tippys Stirn gebeugt und küsste sie liebevoll. “Ich bin hier,
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