Wenn es Nacht wird in Miami
leiblichen Eltern zusammenzubringen. Wenn einer von euch beiden doch einmal nach dem anderen suchen will, könnte sie von Nutzen sein.“
Carly wollte danach greifen, zog die Hand aber wieder zurück. „Verbrenn sie, Mitch, verbrenn das alles.“
„Die ganze Akte?“
„Ja. Ich weiß, dass es das Richtige ist. Jetzt bin ich stark genug, mich dafür zu entscheiden. Ich weiß nicht, ob ich es immer sein werde. Aber ich will, dass es so bleibt.“
Langsam ging Mitch mit dem Umschlag zum Kamin und zündete ein Streichholz an. Noch einmal drehte er sich zu Carly um, um sich zu vergewissern, dass ihre Entscheidung endgültig war. Sie nickte. Darauf hielt er das brennende Streichholz an eine Ecke, wartete einen Moment, bis das Papier Feuer gefangen hatte, und ließ den Umschlag dann auf das Rost im Kamin fallen. Dann ging er zu Carly zurück, kniete sich neben den Sessel und nahm ihre Hand. Schweigend sahen sie zu, wie das Geheimnis, das um Katies willen besser gehütet blieb, in Flammen aufging.
Als vom Umschlag und seinem Inhalt nur noch die Asche übrig war, nahm Mitch Carlys Gesicht zwischen die Hände und wischte ihr sanft die Tränen fort.
„Es war alles richtig so“, sagte er leise.
Ihre Blicke trafen sich, und die Liebe und Zuneigung, die sie in Mitchs grünen Augen las, machte ihr wieder Mut.
Mitch räusperte sich. Nachdem er einmal tief Luft geholt hatte, sagte er: „Carly, ich möchte, dass du mich heiratest. Nicht wegen eines Testaments, nicht wegen Rhett, sondern weil ich dich liebe. Durch dich habe ich gelernt, ein anderer, besserer Mensch zu sein. Ich möchte bis ans Ende meiner Tage mit dir zusammenbleiben.“
Carly war so überwältigt, dass sie zuerst nicht wusste, was sie sagen sollte. Dann umfasste sie zärtlich sein Gesicht und küsste ihn auf den Mund.
„Ich liebe dich auch, Mitch. Und ich möchte dich auch heiraten. Rhett zuliebe – aber vor allem mir selbst zuliebe.“
EPILOG
Zehn Monate später
„Was hast du da?“, fragte Carly.
Mitch hatte es sich auf der Terrasse bequem gemacht und sich auf einer Doppelliege ausgestreckt. Das in Everett Kincaids Testament verfügte Bewährungsjahr war vorüber, und endlich konnten sie ihre Hochzeitsreise nachholen. Dafür hatten sie sich in einer Villa auf einer paradiesischen Insel eingemietet, nachdem sie Rhett bei Carlys Eltern untergebracht hatten.
Carly trat auf Mitch zu. Sie trug den entzückenden, winzigen Bikini, den er ihr heute Vormittag gekauft hatte, wozu Mitch sich nun im Stillen beglückwünschte, während er ihre Kurven eingehend bewunderte. Eine ausgezeichnete Investition.
„Es ist ein Brief von meinem Vater“, antwortete er und legte ein Kuvert neben sich auf den Tisch. „Richards hat ihn mir vor unserer Abreise gegeben. Aber ich habe keine Lust, ihn jetzt aufzumachen. Es ist unser erster Tag hier.“
Er richtete sich halb auf und zog sie neben sich auf die Liege. Dann machte er sich an dem Knoten zu schaffen, der die Träger des Oberteils im Nacken zusammenhielt. „Ich finde, du hast viel zu viel an.“
Carly gab ihm einen Klaps auf die Finger. „Nichts da. Erst der Brief. Wir haben unsere Flitterwochen ein Dreivierteljahr verschoben. Jetzt kommt es auf die zehn Minuten auch nicht an.“
Mitch lächelte verschmitzt. Carlys forsche, herausfordernde Art ließ ihn daran denken, welchen Liebesfreuden er heute noch entgegensah. Er konnte nicht genug von seiner Frau bekommen. Nur zwei Wochen nach seinem zweiten, richtigen Antrag hatten sie kirchlich geheiratet, so wie Carly es sich gewünscht hatte. Sie mussten dann allerdings den Rest des Jahres abwarten, bevor sie Miami verlassen durften.
Carly kuschelte sich an Mitchs Seite, und er griff erneut nach dem Umschlag. Er tat es ein wenig widerstrebend, denn etwas in ihm wehrte sich dagegen, dass sein Vater sich in diese Woche des Glücks mischte, das ihnen allein gehörte, eine Woche, die sie sich redlich verdient hatten.
Carly bemerkte sein Zögern. „Lies nur, Mitch“, redete sie ihm zu. „Was immer darin steht, es kann uns nichts anhaben.“
Wie liebte er diese Frau! Schon die ersten Wochen ihrer Ehe hatten ihm unzählige Beweise dafür geliefert, dass sie zusammengehörten. Sie hatte recht. Die schwierigste Zeit lag hinter ihnen. Nicht nur Mitch und Carly, auch Rand und Nadia hatten ihre Bewährung bestanden. Kincaid Manor und KCL waren gerettet. Mehr als das. Unter Rands umsichtiger Führung stiegen die Umsatzzahlen, und die Reederei erlebte eine neue
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