Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
schwache Geste in Richtung Hafen.
»Natürlich.«
»Und Sie haben sich alle amüsiert? Auf der Party?«
Ich nickte.
»Die Frau, die Sie gefunden haben, gehörte nicht zu Ihren Partygästen?«, fragte er.
Ich starrte ihn an. »Sie sind alle gegangen. Alle aus London. Sie sind schon früh aufgebrochen. Ich habe gesehen, wie sie den Parkplatz verlassen haben.«
Seine Frage erinnerte mich an etwas, und noch bevor er die Möglichkeit hatte, mich weiter auszufragen, sagte ich: »Da fällt mir ein, dass ich letzte Nacht einen Wagen auf dem Parkplatz gesehen habe. Als ich rausging, um nachzusehen, woher das Geräusch kam, habe ich einen Wagen wegfahren sehen. Mir kam das irgendwie seltsam vor, vor allem, weil er die Scheinwerfer aushatte und es noch dunkel war. Und eigentlich hätte die Parkplatzbeleuchtung angehen müssen, weil es einen Bewegungsmelder gibt, doch das hat nicht funktioniert. Das Licht ging nicht an.«
Der Beamte notierte sich alles und schrieb immer noch, als ich längst verstummt war. Sie haben nicht zufällig gesehen, was für ein Wagen das war? Die Farbe?«
»Sie war dunkel. Ich meine, die Farbe. Mehr konnte ich nicht erkennen.«
Er nickte unmerklich und notierte erneut irgendwas.
»Wissen Sie schon, wer es ist?«, fragte ich und versuchte das Zittern in meiner Stimme zu verbergen.
»Sie meinen, die Leiche? Haben Sie sie erkannt, Genevieve?«
»Nein«, antwortete ich schnell. »Ich konnte das Gesicht sowieso nicht richtig sehen. Ich habe nur gesehen, dass es eine Leiche war, und dann angefangen zu schreien.«
Er sagte nichts, sondern sah mich nur neugierig an, als wüsste er mehr als ich. Als hätte ich etwas besonders Interessantes gesagt.
Er notierte sich alles mühsam auf drei linierten DIN - A 4-Blättern, die alle irgendeinen offiziellen Briefkopf hatten, und reichte sie mir. Ich betrachtete verblüfft die runde Schrift auf dem Papier. Eine so feminine Handschrift hatte ich nicht erwartet.
»Sie müssen das unterschreiben«, sagte er.
»Was ist das?«
»Ihre Aussage. Sie müssen sie sorgfältig durchlesen und prüfen, ob Sie mit allem einverstanden sind. Dann unterschreiben Sie bitte hier ganz unten – sehen Sie? Und da.«
Ich las alles durch. Er hatte es in meinem Namen verfasst, so als hätte ich es selbst geschrieben. Irgendwie war es komisch, meine Worte in dieser seltsam runden Schrift zu lesen. Immer wieder überlegte ich, wie ich es anders hätte formulieren können – »Es war dunkel, ich habe das Gesicht der Person nicht richtig erkennen können« –, aber ich konnte mich nicht überwinden, es infrage zu stellen. Ich kritzelte auf jedes einzelne Blatt meine Unterschrift und gab sie ihm zurück.
»Darf ich jetzt wieder auf mein Boot?«
»Noch nicht. Wir holen Sie, wenn wir fertig sind – einverstanden? Ist alles in Ordnung?«
»Ich denke schon.« Ich schälte mich langsam aus der Decke, so als würde ich einen Verband abnehmen. Mein Körper schmerzte wie nach einem Sturz. Eine Welle der Erleichterung erfasste mich; vielleicht war ich ja davongekommen.
»Wir werden noch einmal mit Ihnen sprechen, morgen vielleicht«, sagte er. »Würden Sie mir bitte Ihre Telefonnummer geben?«
Ich sagte sie ihm. »Ich glaube kaum, dass ich Ihnen noch mehr erzählen kann«, sagte ich. »Ich wurde geweckt, habe nachgesehen und die Leiche gefunden. Das ist alles.«
»Ja«, sagte er und reichte mir seine Visitenkarte. Detective Sergeant Andrew Basten, Mordkommission . »Aber man kann nie wissen, vielleicht fällt Ihnen doch noch was ein. Der Wagen auf dem Parkplatz zum Beispiel. Der Verstand nimmt seltsame Wege, wenn man unter Schock steht, man kann immer nur an eine Sache gleichzeitig denken.«
Er ging vor mir die Treppe zum Deck der Souvenir hinauf. Sally und Josie saßen auf der Holzbank neben Sallys Petunien und Pelargonien, die in den Blumentöpfen um sie herum langsam dahinwelkten.
»Alles klar?«, fragte Josie, als sie auch mich die Treppe heraufkommen sah.
»Es geht mir gut. Danke.«
»Du bist schrecklich blass«, sagte Sally.
Basten räusperte sich. »Ich gehe dann mal wieder«, sagte er. »Geben Sie mir Bescheid, wenn Ihnen noch irgendwas einfallen sollte.«
Er ging nicht zum Parkplatz, sondern verließ die Souvenir und lief zum Ponton, wo die Revenge of the Tide vor Anker lag. Es schwirrten immer noch viele Leute herum; der Zugang zum Ponton war mit Absperrband abgeriegelt, er hob es an, duckte sich und schlüpfte hindurch. Am Ende des Pontons rutschten zwei Leute in
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