Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
Schuhen an der Stange rauf und runter zu gleiten und es spielerisch aussehen zu lassen, auch wenn es das nicht war. Obwohl Dylan die Tür geschlossen hatte, konnte ich das Telefongespräch mitanhören, und das lenkte mich ab.
»… Das seh ich ganz anders, Kumpel. Er hat gesagt, dass er es heute Abend hat … Es reicht nicht, oder? Sag ihm, dass er eins auf die Mütze kriegt, wenn er nicht seine verdammten Finger davon lässt …«
Ich probte den Kopfstand, sah zu meinen Füßen in diesen lächerlichen Schuhen hinauf und überlegte, dass sie eine Pediküre und hübschen rosa Nagellack, irgendwas Klassisches, gut vertragen konnten. Die Stange im Club war dicker als die, an denen ich tanzen gelernt hatte. Es war einfacher, sich mit den Beinen daran hochzudrehen, aber dafür schwie riger, sich mit den Händen daran festzuhalten.
»… Er hat es also immer noch nicht kapiert? Man sagt ihm was, und er hört gar nicht hin …«
Ich hatte begriffen, dass man sich hier nicht auf Routine verlassen konnte. Die Musik konnte man sich nämlich nicht aussuchen, außer jemand buchte einen für eine private Vorführung im Blauen Zimmer. Man musste bereit sein, sich spontan dem jeweiligen Tempo anzupassen.
»… Nein, sag ihm das. Mal ganz im Ernst, Kumpel, das ist eine Warnung, okay? Meinen Kontakt interessiert das langsam nicht mehr. Wir brauchen das Zeug, heute Abend, sonst wird es ihm leidtun, kapiert?«
Ich stand wieder aufrecht und sah zur Tür. Ich war halb nackt und alleine mit diesem Typen, was ich für keine besonders gute Idee hielt. Er hatte aufgelegt, durch das Glas in der Tür konnte ich sehen, dass er den Kopf schüttelte. Er hatte mir nach wie vor den Rücken zugewandt.
Ich steckte meine High Heels zurück in meine Tasche. Dann zog ich Jeans, Socken und Schuhe an. Als ich mir gerade die Schuhe zuschnürte, drückte er die Tür so heftig auf, dass sie gegen die Wand knallte.
Heftig atmend kam er näher.
Ich lächelte ihn zögernd an. »Ich geh dann mal!«, sagte ich fröhlich. »Ich treffe mich noch mit Caddy auf einen Drink.«
»Jetzt?«, hatte er geantwortet und eine Braue hochgezogen. »Hoffe, ihr benehmt euch anständig. Komm, ich bring dich raus.«
Nach der Dunkelheit im Club wirkte das Sonnenlicht fast grell. Ich wollte mich noch umdrehen und mich verbschieden, doch da war die Tür bereits hinter mir zugefallen. Trotz des Verkehrslärms hatte ich gehört, dass er den Schlüssel im Schloss umgedreht hatte.
Ich ließ beide Handys auf dem Tisch liegen und zog mir Stiefel an. Ich wollte nicht mehr alleine sein.
Joanna war an Bord der Painted Lady . Sie schaute fern und machte dabei den Käfig ihrer Hamster sauber. Sie schien sich über meinen Besuch zu freuen..
»Liam ist wegen irgendeines Jobs ins Dorf gefahren«, sagte sie. »Ich hoffe, er kriegt ihn.«
Soweit ich wusste, arbeitete Liam je nach Saison als Bauarbeiter, Maler oder Tapezierer und nahm Schwarzarbeit an, wo er nur konnte. Die Painted Lady war ähnlich wie die Scarisbrick Jean ein englisches Kanalboot. Sie war sauber und aufgeräumt, aber völlig überladen. Neben den Hamstern lebten noch zwei Katzen an Bord. Ich saß in der Essecke und legte die Wäsche zusammen, die neben mir auf einem Stuhl lag, während Joanna Sägemehl auf die ausgebreitete Zeitung neben mir schüttete. Hinter ihr hing in Kopfhöhe der tragbare Fernseher, über dessen Bildschirm die neuesten Nachrichten flimmerten.
»Haben sie es in den Nachrichten gebracht?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Nee. Wie geht es dir heute?«
»So lala«, sagte ich. »Aber auf dem Boot ist es so seltsam still. Ich kann mich zu nichts aufraffen.«
»Die Party war nett«, sagte sie. »Deine Freunde sind interessant.«
Ich lachte, daraufhin lachte sie auch.
»Das sind eigentlich gar nicht meine Freunde«, sagte ich. »Jedenfalls nicht mehr. Ich glaube, ich habe mich weiterentwickelt.«
»Gut gemacht. Mit uns bist du besser dran.«
Die Hamster scharrten auf dem Boden einer großen Plastikwanne, derselben Wanne, mit der Joanna ihre Wäsche in die Waschküche brachte. Leiser Regen plätscherte auf das Kabinendach.
»Es war schon länger keine Polizei mehr hier«, sagte sie. »Glaubst du, die sind fertig?«
»Ich denke schon. Haben sie dich auch befragt?«
Joanna nickte. »Sie haben alle befragt. Rowena hat mich angerufen; sie war mindestens seit einem Monat nicht mehr auf ihrem Boot, trotzdem sind sie zu ihr gefahren und haben sie befragt.«
Rowena war eine von denen, die
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