Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
ein Boot im Hafen hatten, es aber nur ab und zu nutzten, meistens an den Wochenenden. Bei kühlerem Wetter kam sie seltener.
»Wonach haben sie dich gefragt?«
»Ach, du weißt schon – wie die Party war, wann wir auf unsere Boote zurückgekehrt sind, was wir gesehen und gehört haben. Ehrlich gesagt hatte ich ihnen nicht viel zu sagen. Wir haben erst davon erfahren, als wir aufgewacht sind und dich schreien gehört haben.«
»Tut mir leid«, sagte ich.
»Du machst wohl Witze! Das ist das Aufregendste, was wir seit Jahren erlebt haben.«
Eine Katze spähte in die Plastikwanne. »Jasper, nein!«, sagte Joanna, griff nach ihm, warf ihn die Treppe hinauf an Deck und schloss die Tür hinter ihm. »Er will sich immer an die armen kleinen Dinger ranmachen.«
»Warum sie wohl nach der Party gefragt haben?«, sagte ich.
»Vielleicht glauben sie, dass es irgendeinen Zusammenhang gibt. Auch wenn ich nicht weiß, welcher das sein sollte.«
»Ist dir irgendein fremdes Auto auf dem Parkplatz aufgefallen, als du auf dein Boot zurückgekehrt bist?«, fragte ich.
Sie hörte auf, sauberes Sägemehl in den Hamsterkäfig zu schütten, und sah mich an. »Das hat uns die Polizei auch gefragt. Nein, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Ehrlich gesagt kann ich mich kaum noch an etwas erinnern. Ich habe zu viel von dem selbst gemachten Gebräu getrunken. Es ist schon ein Wunder, dass ich dich überhaupt schreien gehört habe.«
Der Käfig war sauber. Sie beugte sich über die Plastikwanne und summte den Hamstern aufmunternd etwas zu, die quietschten und aufgeregt herumkrabbelten, bis es ihr gelang, zuerst den einen und dann den anderen zu schnappen.
Ich war zwanzig Minuten zu spät zum Treffen mit Caddy gekommen, aber sie hatte es kaum bemerkt. Obwohl es noch relativ früh am Abend war, war das Lokal bereits ziemlich voll. Caddy saß mit einem Longdrink in einer Nische und spielte mit ihrem Handy.
»Du hast was verpasst«, sagte sie und beugte sich vor, als ich auf die Bank gegenüber gerutscht war.
»Warum, was war denn?«
»Chanelle war mit einem Stammkunden hier. Sie hat mich aber nicht gesehen. Vor ein paar Minuten sind sie gegangen. Wahrscheinlich um die Ecke in ein Hotel.«
Ich muss ziemlich dumm aus der Wäsche geschaut haben.
»Chanelle. Du weiß schon – Summer. Die mit dem Tattoo hinten auf dem Bein. Herrgott, du stehst total auf der Leitung.«
»Ich weiß schon, wen du meinst. Und was ist daran so aufregend?«
»Mann!«, sagte Caddy und schlürfte kurz an ihrem Cocktail. »Es geht doch nicht darum, dass sie hier war, sondern mit wem. Wir dürfen uns doch privat nicht mit Kunden treffen. Hausordnung.«
»Vielleicht ist er ja ihr Freund oder so.«
»Sie hat schon einen Freund. Der ist Grundschullehrer, die arme Sau.«
»Die nehmen es mit den Regeln anscheinend ziemlich genau.«
»Das kannst du laut sagen, vor allem aber zu unserer eigenen Sicherheit. So können uns die Kerle nicht unter Druck setzen.«
In diesem Moment betraten zwei Typen das Lokal und setzten sich zu uns. Sie waren sportlich gekleidet und offensichtlich schon ziemlich betrunken. »Ladys«, sagte der größere der beiden. »Dürfen wir euch einen Drink ausgeben? Was nehmt ihr?«
Der Kleinere, blond, mit gegeltem Haar, hatte seinen Arm auf die Rückenlehne meines Stuhls gelegt.
»Wenn ihr nichts dagegen habt: Wir unterhalten uns gerade«, sagte ich kühl.
»Ach komm!«, sagte er und hauchte mir seinen Bieratem ins Gesicht. »Ihr beide seht aus, als könntet ihr einen Drink und ein vernünftiges Gespräch gebrauchen …«
Caddy musste lachen.
»Die Drinks können wir uns selbst leisten, vielen Dank auch«, sagte ich.
»Und wir können auch alleine ein vernünftiges Gespräch zustande bringen«, fügte Caddy hinzu.
»Mädels, mal im Ernst!«, sagte der eine und schielte Caddy an. »Ihr verpasst die Chance eures Lebens.«
»Das riskiere ich gerne«, sagte Caddy zu meiner Erleichterung. »Würdet ihr jetzt bitte verschwinden?«
Sie gaben auf und verzogen sich ohne Widerworte an die Bar auf der Suche nach neuer Beute. Wir hatten uns angesehen und gekichert.
»Ich habe heute Nachmittag im Club geübt«, sagte ich. »Dabei habe ich einen stämmigen Kerl getroffen, der Dylan heißt. Den möchte ich mir nicht zum Feind machen.«
»Oh, Dylan ist in Ordnung«, sagte sie. »Er ist ziemlich anständig. Das wirst du schon noch merken, wenn du ihn erst einmal besser kennst.«
»Echt?« Ich musste an das Telefongespräch denken, das ich
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