Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
davon? Alles in Ordnung?«, rief ich hinunter.
»Oh, ja!«, sagte er strahlend. »Der braucht nur einen Ölwechsel, Filter und ein wenig Wartung. Es ist nichts undicht oder so. Im Großen und Ganzen ist das Boot in einem tollen Zustand.«
Ich überließ ihn seiner Arbeit und kehrte zu Josie zurück.
»Er scheint glücklich zu sein«, sagte ich.
»Ja, er liebt das«, sagte Josie. »Man muss nur aufpassen, dass er keine Flüchtigkeitsfehler macht – es war pures Glück, dass du den Motor bei Flut angemacht hast. Stell dir vor, was passiert wäre, wenn sich der Propeller bei Ebbe gedreht hätte? Überall Schlamm. Nicht so toll.«
»Ich wusste nicht, dass er so zerstreut ist«, sagte ich.
»Er ist nicht zerstreut. Er denkt nur einfach nicht nach. Als wir auf das Boot gezogen sind, hat er die Schlüssel ins Wasser fallen lassen. Hat er dir das erzählt?«
»Er hat mir nur gesagt, dass ich an alle meine Sachen einen Schwimmer machen soll.«
»Ha!«
»Und, was ist passiert? Hat er die Schlüssel wiedergekriegt?«
»Die Flut hatte eingesetzt, und das Wasser stand schon fast hüfthoch. Er ist reingestiegen, stand im Schlamm und kam mit den Armen natürlich kaum auf den Boden. Also hat er sich einen Besen geholt und ist daran hinuntergetaucht, bis er die Schlüssel gefunden hatte.«
»Und das ging gut?«
»Er hat schrecklich gestunken und sich noch in derselben Nacht übergeben. Man sollte den Kopf nicht in diesen Fluss stecken, das ist gar nicht gut.«
»Ich kann euch hören!«, kam es aus dem Steuerhaus.
Wir mussten lachen. Ich fühlte mich so entspannt wie schon lange nicht mehr.
»Warum möchtest du eigentlich das Boot anwerfen?«, fragte Josie und stieß mich freundschaftlich zwischen die Rippen. »Ziehst du weiter?«
Ich wurde rot. »Nein, nichts dergleichen. Na ja, jedenfalls noch nicht. Es schien mir einfach nur der nächste logische Schritt zu sein.«
»Ich dachte, der nächste logische Schritt sei das Bad.«
»Ja, richtig. Oder der Wintergarten. Ich ändere meine Meinung ständig.«
Ich schlief im Wagen ein, wachte aber jedes Mal auf, wenn der Wagen eine Kurve nahm, beschleunigte oder abbremste. Ich konnte mich nicht zu Smalltalk aufraffen und war so fertig, dass ich kaum noch wusste, was vorgefallen war.
Hauptsache, es war alles gut ausgegangen. Das Geschäft war gemacht, Arnold hatte mir zart die Hand geküsst, mir zugelächelt und Fitz freundschaftlich die Hand gegeben, als er ging. Und natürlich war ich auch dem Boot finanziell nähergekommen. Vielleicht konnte ich mich noch einmal mit Caddy unterhalten, wenn sie wieder nüchtern war, um unsere Freundschaft zu retten.
Ich wollte mir den Donnerstag und Freitag freinehmen, um mir ein paar Werften in Kent am Medway anzusehen. Dort standen ein paar Boote zum Verkauf, und eine größere Werft flussaufwärts hatte noch mehr im Angebot. Der Medway war so gut wie jeder andere Fluss, doch London war nahe genug, um vielleicht mal einen Abend ausgehen zu können, gleichzeitig weit genug weg, um den ganzen Mist hinter mir zu lassen, den mir mein Job beschert hatte. Außerdem hatte ich vor, mir nach dem Jahr einen neuen Job zu suchen. Da war es von Vorteil, eine Zugverbindung nach London zu haben. Unter diesen Umständen konnte ich das Boot vielleicht behalten, auch wenn das Jahr rum war. Vielleicht konnte ich sogar darauf wohnen bleiben und in der Stadt arbeiten, wenn mir das Geld ausging.
Ich hatte genug Geld, um mir ein Boot zu kaufen. Ich hoffte auf eines, auf dem ich während der Restaurierungsarbeiten wohnen konnte. Ich hatte vermutlich sogar schon genug Geld, um mit der Renovierung beginnen zu können. Doch noch würde ich weiterarbeiten oder wenigstens einen Teilzeitjob finden müssen, um mich zu ernähren, während ich das Boot renovierte.
Ich hätte am liebsten die Zeit vorgespult, um die Monate, in denen noch Verdienen, Sparen, Tanzen und Bonusse erkämpfen angesagt war, zu überspringen.
Ich wollte all das hinter mir lassen.
Ich schlug die Augen auf, schaute aus dem Fenster und sah vertraute Geschäfte. Endlich war ich zu Hause.
»Danke, dass du mich gefahren hast, Nicky«, sagte ich, als ich aus dem Auto stieg und meine Tasche aus dem Kofferraum hob.
Sobald ich die Tür hinter mir zugeschlagen hatte, sauste er in Richtung Hauptstraße fort.
Eine Stunde später verkündete Malcolm, die Revenge of the Tide sei fahrbereit. Natürlich hatte da bereits die Ebbe eingesetzt, es bestand also keine Hoffnung mehr, es noch an diesem Tag zu
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