Wenn Frauen kochen
und Königin Isabella von Spanien durch den Gulli ging. Genau das hatte Aimee damals gesagt: »Königin Isabella von Spanien geht durch den Gulli.«
Zu allem Überfluss hatte ihre Mutter rein gar nichts unternommen, sondern wie immer nur versucht, zu beschwichtigen. Harmonie war Gus wichtig. Da verlangte sie ihren Töchtern viel ab.
Sabrina zog rasch den Reißverschluss der Mappe auf, um sicherzugehen, dass nichts fehlte. Möglicherweise hatte Aimee ihre Entwürfe weggeworfen oder im Kamin verbrannt. Sie tastete mit den Fingern in der Mappe herum und schob den Deckel ein Stück hoch. Es war noch alles da - und nicht nur das. In einem Fach, das gestern noch leer gewesen war, steckten ein paar Stifte und - was war das? Ein Müsliriegel und eine Tüte Cheerios.
Die mussten von Aimee sein.
Von Aimee …
Das Geheimnis köstlichen Rühreis besteht darin, Butter in einer Pfanne aufzuschäumen und das Ei mit einem Holzlöffel ständig zu rühren. Auf mittlerer Hitze. Widerstehen Sie der Versuchung, das Gas höher zu drehen, um das Essen in zwei
Sekunden fertig zu haben. Nur mit Geduld können die Eier cremig und ganz locker gelingen … Das dachte Aimee, während sie kleine Achten durch die noch flüssige Masse zog. Sie rührte vorsichtig, um keine Spritzer abzubekommen, da sie sich bereits fürs Büro angezogen hatte. Ihr Teller stand mit einem Klecks Ketchup darauf direkt neben dem Herd, samt einer Gabel, die auf einer gefalteten Serviette lag. Im Edelstahltoaster bräunte eine Scheibe Brot.
»Rühren, immer schön rühren«, wiederholte sie laut. Das hatte Gus stets zu ihr gesagt, wenn sie beim Zubereiten des Frühstücks helfen musste. »Rühren …«
»… und alles wird gut«, rief Gus fröhlich.
Aimee wirbelte herum und hätte fast die Pfanne vom Herd gerissen.
»Mom?«
Stille.
Mutters Ratschläge runterzubeten war das eine, aber jetzt hörte sie Gus’ Stimme schon außerhalb ihres Kopfes. Was tut man üblicherweise, wenn man verrückt wird? Meldet man sich krank? Sollte man sich besser selbst einweisen? Aimee verharrte eine Sekunde, bevor sie weiterrührte. Vielleicht war es ja nur irgendein Geräusch gewesen, das sie für Gus’ Stimme gehalten hatte. Oder eine Sinnestäuschung.
Aber dann hörte sie es wieder. Gus, die langsam und deutlich sprach. Vielleicht war Gus letzte Nacht gestorben, und Aimee wurde jetzt von ihr heimgesucht? Sie hatte so etwas schon mal in einem Film gesehen. Darin wollte ein verstorbener Elternteil ein Geständnis machen, um die Familie von einem Fluch zu befreien.
»Mom, wenn du das bist, dann sag etwas.«
»Ich käme nicht im Traum auf die Idee, Ketchup auf Rührei
zu geben!« Dann folgte ein Lachen. Es kam aus dem Schlafzimmer.
Aimee vergaß für einen Moment das Rührei und ging mit dem Kochlöffel bewaffnet und klopfendem Herzen ins Schlafzimmer. Und dann sah sie Gus. In einer türkisfarbenen Leinenbluse und Khakihosen, den charakteristischen blauen Pfannenwender in der Hand.
Im Fernsehen.
Gus war im Fernsehen und bereitete für die Moderatoren der Today -Show Frühstück zu, das diese gerade lachend verdrückten.
»Sind Sie nicht die am längsten amtierende Gastgeberin des CookingChannel?«, fragte Matt Lauer grinsend. Dank seiner guten Rechercheabteilung kannte er die Antwort bereits.
Gus lächelte matt.
»Ich habe kürzlich gelesen, dass Sie im Vergleich zu all diesen jungen Emporkömmlingen als die Grande Dame des Kochfernsehens bezeichnet werden«, meldete sich Ann Curry zu Wort und wechselte dann das Thema. »Diese Armen Ritter mit Crème Brûlée sind ein Gedicht. Stellen wir das Rezept auf unsere Website? Wunderbar!«
Und so ging es immer weiter. Aimee hielt die Fernbedienung in der Hand. Sie hatte den Finger auf dem Abschaltknopf, drückte ihn jedoch nicht. Wie alle anderen, fand auch sie die Gastgeberin von Kochen mit Gusto! bezaubernd. Sehenswert. Liebenswürdig. Aber im Unterschied zu allen anderen war Gus Simpson ihre Mutter. Ein, nun ja, eigenartiges Gefühl. Schon immer. Aber man musste sie einfach bewundern.
Ohne professionelle Ausbildung hatte es Gus geschafft, ihr Interesse am Essen und ihr Organisationstalent in eine Megakarriere zu verwandeln. Sie konnte kochen, eine verdammt gute
Party organisieren und wurde es nie müde, zu reden, dachte Aimee. Im Haushalt der Simpsons zu Wort zu kommen, war nahezu unmöglich, wenn Gus und Sabrina da waren.
»Du bist völlig anders, als ich dich in Erinnerung habe«, hatte der langjährige Produzent
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