Wenn Frauen kochen
ihrer Mutter, Porter Watson, vor gut zwei Monaten auf Gus’ Weihnachtsparty zu ihr gesagt. Er und Aimee hatten sich bei einem Glas Punsch durch eine dieser linkischen »Nett-Sie-zu-sehen«-Begrüßungen gearbeitet und waren Dank einer zufälligen Bemerkung über Wohltätigkeitsaktionen bei einem Gespräch über Aimees Arbeit bei der UN gelandet. Porter wirkte ehrlich interessiert und sagte das auch.
»Bisher haben wir uns auch nie richtig unterhalten«, erwiderte Aimee leise.
Er hatte sie ernst angesehen und schien gerade darauf antworten zu wollen, da winkte Gus ihn zu sich. Sie stand auf halber Höhe der Treppe und bewunderte Sabrinas kunstvolle Weihnachtsgirlande am Geländer. »Ein gewaltiger Unterschied zu den sieben Steinen auf dem Tisch«, lachte Gus. Alan Holts erstes Abendessen bei Gus samt Sabrinas hübscher Tischdekoration war eine allseits bekannte Anekdote. Gus hob das Glas und ihre Gäste folgten dem Beispiel.
Schließlich war es an der Zeit für die Tischreden und den Kuchen. Aimee hatte sich über die Terrasse in den Garten und die winterliche Dezemberkälte geschlichen. Dort wollte sie so lange ausharren wie möglich, ohne dass es als unhöflich angesehen würde. Hin und wieder warf sie einen Blick durchs Fenster, ganz kurz nur, damit sie sich nicht eingestehen musste, dass sie insgeheim hoffte, ihre Mutter dabei zu entdecken, wie sie nach ihr suchte.
Als die Today -Show von der Werbung unterbrochen wurde, riss die gestiegene Lautstärke Aimee aus ihren Gedanken und
trieb sie zurück zu ihrem eigenen Frühstück in der Küche. Die Eier waren hinüber. Sie kratzte die gummiartige Masse aus der Pfanne direkt in den Müll, spülte ihren Teller ab und stellte ihn in die Spülmaschine. Dann biss sie ein Stück von dem kalten Toast ab, warf den Rest ebenfalls in den Abfalleimer und ging zur Arbeit.
Sabrina stieg an der Ecke Forty-ninth Street und Sixth aus dem Taxi und ihre Füße landeten mitten in einer Pfütze Schneematsch. Gott sei Dank war es nicht mehr in Mode, Peep-Toe-Schuhe auch im Winter zu tragen. Sabrina war dankbar für ihre hohen braunen Lederstiefel und den warmen Kaschmirmantel. Sie trat auf den Bürgersteig und wechselte die Mappe von einer Hand in die andere, um ihre Handschuhe hochziehen zu können und dann ostwärts in Richtung Rockefeller Center zu eilen. Ihr potenzieller neuer Auftraggeber - und ein dampfender Mokka - erwarteten sie im Dean & DeLuca Delikatessengeschäft. Sabrina konnte es kaum erwarten, anzukommen. Kurz vor dem Geschäft lag das Studio der Today- Show, vor dessen Fenster eine Menschentraube hing. Sabrina wollte auf die Fahrbahn ausweichen, aber zahllose Limousinen und Taxen verstopfen die Straße. Verdammt! Resigniert kämpfte sie sich durch den Pulk der Touristen, die beim Anblick jedes Prominenten ins Schwärmen gerieten, der gerade in der Show zu Gast war.
»Ich liebe sie!«
»Sie wirkt so natürlich, nicht wahr?«
»Ich wünschte, sie würde mal zu mir nach Hause kommen und kochen.«
Die letzte Bemerkung ließ Sabrina unwillkürlich den Kopf in Richtung Fenster drehen. Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog.
Hinter der Fensterscheibe. Auf den Monitoren. Lachend und die Menge unterhaltend. So, wie sie es immer tat. Gerade als Sabrina auf dem Weg zu ihrem Klienten war. Dem ersten, den sie selbst an Land gezogen hatte. Da war sie.
Gus.
Gus war immer da.
4. Kapitel
Carmen Vega kratzte sich an den Armen - und an den Beinen. Sie stand in der aufwendig renovierten Küchenzeile ihres überteuerten Apartments in TriBeCa und starrte auf den Minifernseher. Was sie auf dem Bildschirm sah, ließ sie fast vergessen, wie sehr ihre Haut juckte. Denn da, in »ihrer« Sendung war Gus Simpson. Was für eine Frechheit! Carmens Agent hatte mit allen Mitteln versucht, diesen Gastauftritt an Land zu ziehen. Sie sollte darin zeitgleich mit dem Artikel in der New York Times als die neue Kochkönigin präsentiert werden. Aber Gus Simpson war überall, mit ihrer eigenen Messermarke, ihrer eigenen Gewürzserie, ihren Megasellern von Kochbüchern und diesem ewigen Kochen mit Gusto! Tagtäglich flimmerten Folgen davon über den Bildschirm - ganz zu schweigen von den Wiederholungen ihrer Sendungen aus den 1990ern Der Mittagstreff und Unterhaltsame Kost . (Warum in aller Welt sich jemand diese Folgen mit der Simpson in farbigen Jeans und Brokatwesten ansah, war Carmen unbegreiflich. Nichts war so geschmacklos wie ein überholter Trend.)
Es kursierten sogar Gerüchte,
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