Wenn Frauen kochen
und Ohrläppchen. Wer würde dafür nicht gern die Schule schwänzen? Hinterher hatten sie einen Saft getrunken und sich ein Schläfchen gegönnt, das bis zum Nachmittag andauerte. Sabrina lag auf der rechten Seite und beobachtete, wie sich die Brust ihres Freundes beim Atmen sanft hob und senkte. Sie hielt ein paar Strähnen ihrer tiefschwarzen Haare an seinen hellblonden Schopf und bestaunte den Kontrast. Billy war wunderschön. Sie beide waren wunderschön.
Sie mochte vor allem den Anfang einer Beziehung, wenn jeder Augenblick voll strahlender Möglichkeiten steckte und sich noch keine Erwartungen und Verpflichtungen eingeschlichen hatten. Sie legte ihre Hand sachte auf Billys helle Haut und betrachtete den funkelnden Princess-Diamanten an ihrem Ringfinger. Gestern Abend hatte er sie gefragt. Schon bald würden sie sich Häuser ansehen, Möbel kaufen und darüber diskutieren, wie sich eine gute Besteckgabel in der Hand anfühlen sollte. Für Sabrina waren das keine neuen Erfahrungen. Drei Verlobungsringe hatte sie bereits bekommen, die sie natürlich alle wieder zurückgegeben hatte. Zwei waren sehr ähnlich gewesen, runde Diamant-Solitaire, die im Sonnenlicht glitzerten. Es waren im Grunde Geschenkgutscheine, die sie und ihr Verlobter einlösen konnten, wenn sie gemeinsam Juwelen
kaufen gingen und etwas Hübscheres fanden. Der andere war ein Ring aus Sterlingsilber mit einem Lapislazuli.
Das war ihr allererster Ring gewesen. Bekommen hatte sie ihn von Stephen Campbell, ihrem ersten richtigen Freund. Sie waren gerade mal einundzwanzig und kannten einander seit der Highschool. Er hatte sie gedrängt, den Ring zu behalten. Aber Gus hatte noch hartnäckiger darauf gedrängt, dass sie ihn zurückgab.
Sabrina wünschte, sie hätte diesen Ring jetzt. Nicht dass sie mit Stephen zusammen sein wollte. Sie hätte nur gern etwas von dem Gefühl damals, das sie in Händen halten und von dem sie sagen könnte: Ja, das bedeutet mir etwas. Um sich daran zu erinnern, was sie damals gewollt hatte.
Troy Park hatte ihr nie einen Ring geschenkt. Sie hatte es eigentlich erwartet. Und gewollt. Aber bei ihm war das irgendwie anders gewesen. Er hatte etwas von ihr eingefordert, was die anderen nicht getan hatten. Sabrina sah Billy an. Sie betrachtete den Schatten auf seinem Kinn und die rosafarbenen Lippen. Liebte sie diesen Mund? Diesen Mann?
»Bin ich glücklich?«, flüsterte sie. Er rührte sich nicht. Das taten sie nie.
»Bin ich glücklich?«, sagte sie noch einmal. Diese Frage stellte sie sich jedes Mal, wenn sie mitten in der Nacht schweißgebadet erwachte, es ruhig und dunkel im Zimmer war, ihr Herz raste und sie im ersten Moment nicht wusste, wo sie war. Wenn sie mit sich und ihren Gedanken allein war, brachte sie nicht die Energie auf, die Heiterkeit an den Tag zu legen, die alle von ihr zu erwarten schienen. In solchen Momenten fragte sie sich, was ihr Vater wohl dazu gesagt hätte, was aus ihr geworden war. Welcher ihrer Freunde ihm am besten gefallen hätte.
»Ich bin eine Serien-Monogamistin«, hatte sie zu Aimee gesagt, als sie ihr erzählte, dass Troy nicht länger angesagt und
sie jetzt mit Billy zusammen sei. So hatte sie es ausgedrückt: nicht mehr angesagt. Als wäre es nicht komplizierter, jemanden aus ihrem Leben auszuschließen, als das Austauschen des Fotos auf ihrem Nachttisch.
»Du bist so was von dumm«, hatte ihre Schwester daraufhin gesagt und den Kopf geschüttelt. Sie hatte so ausgesehen, als wollte sie noch mehr dazu sagen, tat es jedoch nicht. Ausnahmsweise.
William »Billy« Angle wurde ihr von einem Typen vorgestellt, den Sabrina noch aus dem Studium an der Design-Schule kannte und der jetzt Grafikdesigner in dem Medienunternehmen war, in dem Billy als eine aufstrebende Führungskraft arbeitete. Es gehörte zu einem weltweiten Konzern. Deshalb verfügte Billy über jede Menge Kontakte zu potenziellen Kunden und war immer auf die richtigen Partys eingeladen. Anfangs war es das gewesen, was Sabrina an ihm interessierte. Sich mit ihm auf einen Drink zu treffen, betrachtete sie als Kontaktpflege. Es war immer angenehm gewesen, den Abend mit ihm zu verbringen: Er hatte so eine entspannte Art zu reden, die alles leichter wirken ließ, und er war bemerkenswert selbstsicher. Aber er überraschte sie auch, als er ihr erzählte, dass er nicht lange bleiben könne, weil er als Freiwilliger bei Big Brothers Big Sisters mitarbeitete und seinem Schützling versprochen hatte, mit ihm am nächsten Morgen auf
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