Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
wir die Hälfte, okay? So quasi als Mengenrabatt. Leg es einfach auf den Boden und verschwinde.« Er sprang auf und stolzierte nackt hinter die Badezimmerwand. Drei Sekundenspäter hörte Samantha das Rauschen der Dusche. Exakt so lange brauchte sie, um zu begreifen, was er gerade eben gemeint hatte. Drei weitere Sekunden später war ihr Gesicht tränenüberströmt, und ihre Finger zitterten so sehr, dass sie fast eine Minute benötigte, um einen Scheck auszustellen. Erschwert wurde das Ganze dadurch, dass sie die Kosten für das Abendessen noch dazuschlagen musste und eine Ewigkeit brauchte, bis sie es ausgerechnet hatte. Als der Scheck endlich fertig ausgefüllt war, konnte sie vor lauter Tränen kaum noch etwas sehen. Ob er von den anderen Frauen auch Schecks nahm? Immerhin, er war gedeckt, also konnte Eddie kaum etwas dagegen sagen. Sie hatte es sich abgewöhnt, so viel Bargeld mit sich herumzutragen, hauptsächlich natürlich deswegen, weil sie nicht mehr so viel zum Ausgeben zur Verfügung hatte. Das Abendessen hatte sie mit ihrer Kreditkarte bezahlen wollen, aber die ließ sich hier schlecht verwenden.
Das Anziehen brachte Samantha in Rekordzeit hinter sich. Sie konnte nur noch daran denken, von hier verschwunden zu sein, bevor Eddie vom Duschen zurückkam. Die eisige Herbstluft traf sie wie ein Schlag, als sie vor die Tür trat. Es waren höchstens acht Grad, und dazu nieselte es heftig. Doch Samantha spürte die Kälte nicht, denn innerlich war sie ohnehin zu Eis erstarrt. Sie war kaum draußen, als sie auch schon ihre Schuhe auszog und zu rennen begann. Nun wusste sie, wozu manche Dinge gut waren. Zum Beispiel das Lauftraining der letzten Monate. Sie flog mit dem Wind die Straße entlang und achtete nicht auf den Regen, der sich mit den Tränen auf ihren Wangen mischte. Unter ihren nackten Füßen wuchs die Entfernung zu Eddie, und Samantha rannte, als wäre der Teufel hinter ihr her. Sie achtete nicht sonderlich auf den Weg oder auf die Schmerzen an ihren Fußsohlen. Sie lief mit großen,ausgreifenden Schritten, genauso, wie sie es immer tat. Nur mit dem Unterschied, dass sie dabei weinte.
Irgendwann glaubte sie, seine Stimme zu hören. Er rief ihren Namen, kaum mehr als der Fetzen einer Illusion, die ihr vom Herbstwind und vom Regen zugetragen wurde. Samantha lief weiter, ohne sich umzudrehen.
*
»Samantha!«, schrie Eddie abermals. Doch sie war zu weit weg und konnte ihn nicht mehr hören. Und im nächsten Augenblick war sie auch schon abgebogen und hinter einem der weiter entfernten Fabrikgebäude verschwunden.
Eddie schlug die Faust gegen die raue Außenwand der Fabrik und fluchte in allen Tonlagen. Anschließend ging er frierend und durchnässt bis auf die Haut zurück nach oben und zerriss den Scheck in winzige Fetzen.
Kapier es endlich, dachte er in jähem Zorn. Du bist niemand für sie. Nur ein bezahlter Schwanz. Ein netter Spaß für die Prinzessin, ein gutes Mittel gegen die kleine Langeweile zwischendurch. Er hatte herausgefunden, was er wissen wollte, und dieses Wissen brannte wie die Hölle.
Nachdem er mindestens zehn Minuten wie ein Wilder auf den Sandsack eingedroschen hatte, ging er steifbeinig und mit gesenktem Kopf zu seinem Keyboard, warf den PC an und zerrte sich den Kopfhörer über die Ohren. Seine zitternden Finger fanden den ersten Akkord, und Eddie ließ es mit sich geschehen. Etwas von seinem Schmerz und seiner Wut floss in die Tasten, dann etwas mehr und noch etwas, und schließlich fanden auch seine Tränen den Weg in die Musik.
*
Samantha versuchte, irgendwie klarzukommen, doch diesmal war es anders als beim letzten Mal. Anstatt Schokolade zu futtern, verlegte sie sich aufs Laufen, jedenfalls als sie sich wieder vor die Tür trauen konnte. Es dauerte eine Weile, denn der Ausschlag war diesmal so schlimm wie nie zuvor und hielt fast eine Woche an.
Danach joggte sie in jeder freien Minute und versuchte, dabei an nichts zu denken. Leider half das nur bedingt. Obwohl sie sich ein paarmal bei Babette ausheulte, wollte der Stein in ihrer Brust nicht kleiner werden, und es gab auch wieder ein rotes Kreuz im Kalender. Als nach vier Wochen und drei positiven Tests klar war, dass es nicht verschwinden würde, wusste sie, dass sie etwas unternehmen musste.
Babette erfuhr als Erste davon. Sie schien nicht sonderlich überrascht zu sein. »Ich habe schon nach dem letzten Mal so was erwartet«, sagte sie. »So, wie du die ganze Zeit mit diesem Taschenkalender hantiert und ewig
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