Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
er nicht. Von irgendetwas musste er ja schließlich leben.
»Was ist los?«, fragte Eddie. Er lag rücklings auf der Hantelbank und keuchte, als das schwere Gewicht zurück in die Halterung sank. Sein Oberkörper war schweißüberströmt, und das Haar klebte ihm in feuchten Strähnen am Kopf.
Joe schob sein Handy zurück in die Gürteltasche. »Ich bin geliefert, das ist los.«
Eddie richtete sich auf, griff sich ein Handtuch und hängte es um seinen Nacken.
»Wer hat angerufen?«
»Das war Claire.«
»Welche Claire?«
»Meine Chefin vom Begleitservice. Sie hat einen Eilauftrag für mich.«
»Für heute Abend? Da bist du doch mit Jenny verabredet.«
»Eben. Und Jenny hat gesagt, es wäre meine letzte Chance. Eine andere wird es nicht geben.«
»Warum hast du denn dann eben zugesagt?«
»Weil ich nicht absagen konnte«, sagte Joe. »Wer einmal absagt, ist weg vom Fenster. Da draußen warten Dutzende gut aussehender, cleverer Burschen, die einen töten würden, um diesen Sahnejob zu kriegen.«
Eddie stand von der Bank auf und streckte sich.
»Du kannst dich nicht gleichzeitig mit Jenny treffen und diesen Sahnejob erledigen.«
»Ein echtes Dilemma«, bestätigte Joe.
»Ich nehme an, dieses Wort bedeutet, dass du in der Klemme steckst.«
»Genau.«
Eddie las Joes Gedanken. »Schlag dir das lieber gleich aus dem Kopf.«
»Du bist mein bester Freund.«
»Was hat das damit zu tun?«
»Ich brauche deine Hilfe, Eddie! Du hast doch mitgekriegt, wie fertig ich wegen Jenny war. Dass sie mir jetzt noch eine Chance gibt, reißt mich aus einem monatelangen Tief. Sie ist die Frau meines Lebens. Und es ist dieletzte Gelegenheit, sie noch mal zu sehen. Ihr Flieger geht morgen früh um sechs, und dann ist sie für die nächsten vier Wochen weg. Wenn ich heute die Verabredung mit ihr absage, ist es gelaufen. Dann sehe ich sie nie wieder.«
»Frauen gibt’s wie Sand am Meer«, sagte Eddie. »Wieso suchst du dir nicht einfach ’ne Neue?«
»Du hast zu diesen Dingen eine andere Einstellung als ich. Nicht, dass ich etwas gegen deine Promiskuität hätte – es ist ja dein Leben –, aber mir liegt das nicht. Jenny ist was ganz Besonderes. Sie ist nicht einfach nur eine heiße Nummer. So eine Frau trifft man nur einmal. Sie ist … die Richtige. Verstehst du?«
»Ich versteh’s nicht, aber ich glaube dir.«
»Also gehst du an meiner Stelle hin?«
»Das habe ich nicht gesagt«, wehrte Eddie ab. »Ich eigne mich nicht für diesen Quatsch, Mann.«
»Es ist gar nichts dabei. Claire hat gesagt, es ist jemand erwünscht, der nur unauffällig daneben sitzt.«
»Wobei daneben sitzt?«
»Bei einem Abendessen. Danach geht’s in die Oper und hinterher noch in die Disco. Das ist doch dein Revier.«
»Ich war noch nie in der Oper.«
»Dafür bist du quasi in der Disco zu Hause. Und überhaupt, warum solltest du nicht mal in die Oper gehen? Du weißt gar nicht, was dir da bisher entgangen ist. Probier es aus, du wirst sehen, es lohnt sich. Jemand wie du, der so ein Talent für Musik hat, sollte diese Bildungslücke wirklich schließen.«
»Ich dachte schon ab und zu, dass es nichts schaden könnte«, gab Eddie zu, während sie gemeinsam zurück in die Umkleideräume gingen.
»Ich glaube, sie geben heute Rigoletto .«
»Von wem ist das?«
»Giuseppe Verdi.«
»Aha.« Eddie überlegte trübsinnig, dass er von manchen Dingen einfach keine Ahnung hatte. Vielleicht hätte er doch nicht nach der zehnten Klasse die Schule schmeißen sollen. Fragt sich nur, ob er für den Fall, dass er damals weitergemacht hätte, eine Vorliebe für Opern entwickelt hätte. Eddie bezweifelte das.
»Du musst dich ein bisschen beeilen, sonst kommst du zu spät«, sagte Joe. Er stand in der Tür zum Duschraum, ein Handtuch um die magere Taille geschlungen. Sein nasses dunkles Haar stand in borstigen Stacheln vom Kopf ab.
Eddie ließ sich ungerührt Wasser aufs Gesicht prasseln. »Habe ich gesagt, dass ich da hingehe? Wo ist das überhaupt?«
»Im Chez Ludovic .«
Eddie kannte das Restaurant, wenn auch nur von außen. »Der Schickimickiladen? Ach du Schande.«
»Du musst dich noch umziehen«, meinte Joe. Seine Miene drückte Verzweiflung aus. »Lass mich nicht hängen, Eddie! Ich revanchiere mich auch. Versprochen. Und das Geld für den Auftrag kriegst du natürlich.«
Eddie drehte seufzend das Wasser ab. »Ich weiß nicht, warum ich es tue. Vielleicht sind es deine großen blauen Augen.«
»Sie sind braun. Komm jetzt, leg mal einen Zahn
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