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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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einen Automaten verwandelt hatte. Er verlangte von mir, auf mein Urteil und meine Unterscheidungsfähigkeit zu verzichten. Und er lehrte mich, die anderen nicht zu beurteilen und nicht aufzubegehren oder einzuschreiten, wenn etwas Grausames oder Ungerechtes geschah. Das verlangte er alles im Namen Gottes, der auch die Fäden hinter den Kulissen ziehen sollte, damit alles gut wurde.
    Ich schickte den Brief an Mutter und hatte ziemliche Angst, dass mich Panik erfassen könnte, sobald ich ihn eingesteckt hatte, aber dazu kam es nicht.
    Als Schwester Patience aus dem Krankenhaus entlassen wurde, ging ich zu ihr und sagte ihr: »Schwester, ich habe Mutter geschrieben und sie um einen Dispens gebeten. Ich kann so nicht weiterleben.«
    Meine Vorgesetzte war tief erschüttert. »Ich habe mich so gefreut, als ich hörte, dass du kommst«, sagte sie. »Alle sagten, du seiest eine gute Schwester für hier und würdest uns helfen, aber jetzt bin ich sehr enttäuscht. Ich werde es den anderen Schwestern mitteilen müssen.« Ich hatte in der
Gemeinschaft von Bourke keine Probleme gehabt, und als mir klar wurde, dass die Schwestern in Kalkutta womöglich Schwester Patience für meine Entscheidung verantwortlich machten, stimmte mich das traurig. Zum damaligen Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich nach Bourke geschickt worden war, um eine andere Schwester zu ersetzen, die den Orden verlassen hatte, und auch nicht, dass bereits an die fünf oder sechs Schwestern davor die Gemeinschaft von Bourke verlassen hatten.
    Ich schrieb Mama, dass ich den Orden verlassen wollte, und sie rief mich an, gleich, nachdem sie meinen Brief bekommen hatte, und unterstützte mich. Sie würde herkommen und mich abholen, sobald Mutter meiner Kündigung zustimmte. Auch mein Bruder Rod rief mich an und bot mir ein Zimmer in seinem Haus in Newtown an, falls ich nach meinem Weggang in Sydney bleiben wollte. Ich schrieb Mama: »Ich weiß wirklich nicht, was aus mir werden soll und wie meine Zukunft aussehen wird oder wo ich etwas falsch gemacht habe. Schwester Regina schrieb an Schwester Patience, ich würde alles negativ sehen, weil ich so sehr verletzt worden bin. Sie scheinen einfach nicht zu begreifen, was ich sagen möchte. Ich hoffe, dass es dem Willen Gottes entspricht, was ich tue - in diesem Fall wird er mich segnen und dennoch bei mir sein.«
    Ich versuchte ganz normal weiterzuarbeiten, während ich auf Mutters Antwort wartete, aber es war schwer. Schwester Patience aß zwei Tage lang nichts und erschien auch nicht zum Gebet. Die Ironie wollte es, dass ich in ihrer Abwesenheit die Gemeinschaft führen musste. Ich dachte daran, einfach davonzulaufen. Schwester Rachael, eine der
Schwestern aus Ranchi in Indien, weinte die ganze Zeit, weil sie bei mir in Manila Novizin gewesen war und nun das Gefühl hatte, von mir fallengelassen zu werden. Noch während ich in Bourke war, schrieb sie mir eine Notiz mit den Worten, mein Plan verletze sie tief. Ich wünschte, es wäre vorbei.
    An Neujahr 1984 war ich zum ersten Mal, seit ich der Gesellschaft beigetreten war, für ein paar Tage allein im Haus. Ich kümmerte mich um die alten Männer, während Schwester Patience mit den drei anderen Schwestern wegen zahnärztlicher und anderer Termine nach Dubbo fuhr. Als ich die Post abholte, lag darin ein an mich adressierter Brief von Mutter. Ich war davon ausgegangen, bis Ende Januar auf eine Antwort warten zu müssen, weil Schwester Margaret dann erst wieder in Indien zurückerwartet wurde, aber Mutter hatte mir bereits am 14. Dezember 1983 geschrieben, und ich bekam ihren Brief am 6. Januar 1984. Es waren genau elf Jahre seit meinem Eintritt in die Gemeinschaft.
    Ich stand allein draußen, als ich den Brief las, der mir die Freiheit wiedergab. Ich las ihn schnell und geriet in Hochstimmung. Ich durfte gehen. Ich war so erleichtert, dass Mutter mich nicht aufforderte, noch zu warten, zu beten, Buße zu tun oder anderweitig das Unvermeidliche hinauszuzögern. Wäre dies der Fall gewesen, war ich entschlossen wegzulaufen. Ich hatte Mutter in meinem Brief daran erinnert, dass ich vor meinen letzten Gelübden in Kalkutta mit ihr gesprochen und so um eine Entlassung gebeten hatte, aber in ihrem Brief schien sie dies übersehen zu haben und fragte mich, warum ich über diese Angelegenheit nicht vor
meiner endgültigen Profess mit ihr gesprochen hatte. Ihrer Meinung nach wollte der Teufel mich täuschen, indem er als ein »Engel des Lichts« zu mir kam, und sie schlug

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