Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
Vom Netzwerk:
Ausbildung nach Corpus Christi, um dort die Professen an ihrem freien Tag zu entlasten. Fünfzig Männer lebten dort, viele von ihnen alt und krank, und sie wurden von acht Schwestern betreut. Wenn wir dort waren, halfen wir beim Teekochen, servierten die Mahlzeiten, machten sauber und halfen bei der Frühstücksvorbereitung. In Collingwood gab es ein Pflegeheim, das ebenfalls von uns besucht wurde, doch nur, um mit den Menschen dort zu plaudern, die sonst keinen Besuch bekamen. Außerdem hatte ich noch die Aufgabe, an der Carlton Staatsschule Religionsunterricht zu erteilen, sowie samstags die Kinder auf die Erstkommunion vorzubereiten.
    Eine Weile nahm ich eine der Postulantinnen als Helferin auf eine nächtliche Tour im Suppenbus mit, mit dem wir versuchten, den Männern, die in frostigen Nächten in den Nebenstraßen Melbournes kampierten, etwas Warmes zu bringen. Sie hatten zum Zudecken nur ihre Mäntel und zum Schutz vor dem kalten Beton nur Zeitungen als Unterlage. Einer von ihnen, ein alter Österreicher, hatte die Konzentrationslager des Zweiten Weltkriegs überlebt. Es machte mich traurig, dass er nach diesem Leid nun in Melbourne obdachlos war.
    Im Asyl Saint Vincent de Paul kochten und putzten wir, wie wir das auch in der Gore Street 101 getan hatten, aber alles war viel kleiner und ziemlich beengt für die etwa fünfundzwanzig Leute, die hier wohnten und aßen. Einer der Männer dort, der »The Captain« genannt wurde, trug eine Seemannskappe und zerrte seine Habseligkeiten in einer Karre mit sich herum - alles war golden angemalt,
selbst sein Fernseher und die Stiefel, nur die paar lebenden Hühner nicht, denen sie als Stall diente, und auch nicht der Hund, den er am Griff festband. Einmal zündete er ein Feuer im Papierkorb seines Zimmers an, weil er einen Schweinekopf braten wollte. Wir entdeckten ihn, wie er auf seiner Matratze saß und eine Bratpfanne über den lodernden Mülleimer hielt. Wir bereiteten ihn in einem etwas konventionelleren Backrohr für ihn zu.
    1975 kam in Kambodscha Pol Pot an die Macht, Bill Gates gründete Microsoft, der Vietnamkrieg ging weiter, während der Watergate-Skandal Amerika erschütterte; Indonesien war in Ost-Timor einmarschiert, und gerade einmal siebenhundert Kilometer von Darwin entfernt wurden Zehntausende von Menschen getötet.
    Unser Leben im Kloster ging ungeachtet dieser internationalen Ereignisse unbeirrt weiter, doch als Bruder Andrew von den Missionsbrüdern der Nächstenliebe eintraf, rüttelte er uns mit der Nachricht auf, dass Saigon gefallen war. Er besuchte uns und hielt für uns die Messe ab, da er ursprünglich aus Melbourne kam, wo seine Schwester noch immer lebte. Er war ein dünner, hagerer Mann, der sehr leise sprach und uns von den Missionsbrüdern der Nächstenliebe erzählte, für die wir gebetet hatten.
    »Die Soldaten schlossen unsere Häuser und setzten alle unsere alten Leute auf die Straße«, berichtete er. »Dann wurde ich vertrieben. Einer unserer Novizen, ein Amerikaner, wurde in Kambodscha erschossen. Es war eine Tragödie, er war noch so jung. Die anderen, denen es vorher geglückt war, aus Saigon zu fliehen, waren Amerikaner und Holländer, aber dieser Bruder weigerte sich wegzugehen.
Die anderen bekamen nur Visa für einen dreimonatigen Aufenthalt in Indien und konnten deshalb ihr Noviziat nicht in Kalkutta beenden, es sei denn, sie wären als Dauerfüchtlinge dort geblieben.«
    »Und wo sind sie jetzt, Andrew?«, erkundigte sich Schwester Regina.
    »In Los Angeles. Die fünf haben dort ein Haus aufgebaut. Keiner der Brüder aus Indien konnte sie begleiten, weil sie keine Visa für Amerika hatten, also machten sie sich allein auf den Weg. Der älteste Bruder ist gerade mal zweiundzwanzig.«
    »Dann dürfte er einer der jüngsten religiösen Superioren der Welt sein«, meinte Schwester Regina ein wenig erschrocken.
    »Das kann man wohl sagen«, erwiderte Andrew. »Ich kümmere mich jetzt um Visa für einige unserer älteren Brüder, damit diese von Indien herüberkommen können, aber alles braucht seine Zeit. Während ich in Vietnam war, konnte ich nicht viel tun, weil die Lage so instabil und ich von jeglicher Kommunikation abgeschnitten war. Aber ich hoffe, schon bald Häuser in Taiwan, Korea und Japan gründen zu können.«
    Er blieb nur kurze Zeit und kehrte dann nach Kalkutta zurück, um dort seine Arbeit wieder aufzunehmen.
    Im Juni 1975 traten die Krankenschwestern der psychiatrischen Klinik in Kew, einer großen

Weitere Kostenlose Bücher