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Wenn Ich Bleibe

Titel: Wenn Ich Bleibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Forman
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und das Gift aus der Wunde, und später juckt es nur noch ein bisschen.
    Adam lächelte verlegen. Er beugte sich vor und flüsterte mir ins Ohr: »Ich glaube, ich bin ein bisschen verwirrt, weil ich mit deinem Vater intimer war als mit dir.«
    Darüber musste ich lachen. Aber es stimmte. In den Wochen, in denen wir zusammen waren, war kaum mehr als ein Kuss passiert. Ich war nicht prüde, obwohl ich noch Jungfrau war – aber ich wollte es nicht unbedingt bleiben! Und Adam war nun weiß Gott nicht unberührt. Es war nur so, dass unsere Küsse unter der gleichen quälenden Höflichkeit litten wie unsere Gespräche.
    »Vielleicht sollten wir das ändern«, murmelte ich.
    Adam hob die Augenbrauen, als wollte er mir eine Frage stellen. Als Antwort errötete ich. Beim ganzen Abendessen grinsten wir einander an, während wir Teddy zuhörten, der von einem Dinosaurierknochen erzählte, den er offensichtlich an diesem Nachmittag in unserem Garten gefunden hatte. Mein Vater hatte
sein berühmtes Hühnchen in Salzkruste gemacht, mein Lieblingsgericht, aber heute hatte ich keinen Appetit. Ich schob mein Essen auf dem Teller hin und her und hoffte, dass es niemandem auffallen würde. Während der ganzen Zeit wurde dieses merkwürdige Summen in mir immer stärker. Es erinnerte mich an die Stimmgabel, mit der ich mein Cello immer stimmte. Wenn man sie anschlägt, erklingt eine Vibration in der Tonlage A, eine Vibration, die stärker und stärker wird, bis der Ton den ganzen Raum erfüllt. Genau das Gleiche geschah an diesem Abend mit mir – und das nur, weil Adam mich so unverschämt angrinste.
     
    Nach dem Essen betrachtete sich Adam noch kurz Teddys fossile Funde, und dann gingen wir hoch in mein Zimmer und schlossen die Tür. Kim darf keine Jungen zu sich mit nach Hause nehmen, wenn sie allein ist – nicht, dass sich jemals die Gelegenheit ergeben hatte. Meine Eltern hatten mir gegenüber diesbezüglich niemals irgendwelche Regeln oder Verbote ausgesprochen; aber ich hatte das Gefühl, sie wussten ganz genau, was an diesem Abend zwischen mir und Adam passierte. Und obwohl mein Vater gerne so tat, als wüsste er alles besser, hielten er und meine Mutter sich in Sachen Liebe mit guten Ratschlägen dankenswerterweise zurück.
    Adam legte sich auf mein Bett und streckte die Arme über seinem Kopf lang aus. Sein ganzes Gesicht war ein
einziges Grinsen – Augen, Nase, Mund. »Spiel mich«, sagte er.
    »Was?«
    »Ich will, dass du mich spielst wie ein Cello.«
    Ich wollte protestieren, ihm sagen, dass das völliger Quatsch war, aber dann erkannte ich, dass das nicht stimmte. Ich ging zu meinem Schrank und nahm einen meiner Ersatzbögen heraus. »Zieh dein Hemd aus«, sagte ich. Meine Stimme zitterte leicht.
    Adam tat es. So schlank er war, war er doch überraschend gut gebaut. Ich hätte gut und gerne zwanzig Minuten lang die Konturen, die Hügel und Täler seiner Brust betrachten können. Aber er wollte mich nah bei sich haben. Ich wollte mich nah bei ihm haben.
    Ich setzte mich zu ihm aufs Bett, sodass meine Knie seine Hüften berührten und sein langer Körper ausgestreckt vor mir lag. Der Bogen bebte, als ich ihn auf das Bett legte. Ich streckte die linke Hand aus und streichelte Adams Kopf, als ob er die Schnecke des Cellos gewesen wäre. Er lächelte wieder und schloss die Augen. Ich entspannte mich ein wenig. Ich knetete seine Ohren, als ob ich an den Wirbeln drehen würde, mit denen die Saiten gespannt wurden. Dann kitzelte ich ihn leicht, und er lachte. Zwei Finger legte ich auf seinen Adamsapfel. Und dann, nachdem ich mir mit einem tiefen Atemzug Mut gemacht hatte, griff ich auf seine Brust. Ich fuhr mit den Händen seinen Oberkörper entlang, konzentrierte mich auf die Sehnen in seinen
Muskeln, wies jeder davon eine Saite zu – C, G, D, A. Ich ertastete sie, von oben bis unten, eine nach der anderen, mit meinen Fingerspitzen. Adam wurde still, als ob er sich ebenfalls auf etwas konzentrierte.
    Ich nahm den Bogen und zog ihn über seine Hüften, dort, wo ich mir den Steg des Cellos dachte. Zunächst spielte ich langsam und sanft, dann mit mehr Kraft und Geschwindigkeit, während die Melodie in meinem Kopf an Intensität gewann. Adam lag ganz still da. Ein leichtes Stöhnen entschlüpfte seinen Lippen. Ich schaute auf den Bogen, schaute auf meine Hände, schaute auf Adams Gesicht und spürte diesen Sog aus Liebe, Lust und dem fremdartigen Gefühl der Macht. Ich hatte nicht geahnt, dass ich es vermochte, jemanden so

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