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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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gern Aufträge erteilten, aber nicht ganz so gern bezahlten. Normalerweise entschuldigte er sich, wenn er dort anrief. Aber nicht diese Woche. Diesmal fielen ihm die Anrufe weniger schwer als sonst.
    Er rief auch alle Klienten bei der Polizei an, die ihm Cormac vermittelt hatte, um ihm einen Gefallen zu tun, und informierte sie freundlich, aber bestimmt, dass er ihre Fälle künftig leider nicht mehr übernehmen konnte. Manche reagierten verärgert, andere resigniert, einige flehten ihn an, es sich noch einmal zu überlegen. Ein Mann brach sogar in Tränen aus. Als Letztes rief Stanley bei Cormac an und sagte ihm freundlich, aber bestimmt, er solle ihm keine weiteren Kunden mehr vermitteln, um ihm einen Gefallen zu tun.
    »Kommst du am Sonntag zu Ma?«, wollte Cormac wissen. »Da ist irgendetwas – Hochzeitstag, Muttertag, Ostern oder irgend so’n Scheiß.«
    »Sie hat Geburtstag«, sagte Stanley.
    »Ach, richtig. Und, kommst du?«
    »Nein«, sagte Stanley.
    »Du bist doch nicht immer noch sauer, oder?« Die zwei Schläge, die Stanley Flinter seinem ältesten Bruder am vergangenen Samstag verpasst hatte, erwähnten sie beide tunlichst nicht.
    »Nein.«
    »Na, dann«, sagte Cormac und legte auf.
    Stanley putzte, dabei war weder Donnerstag noch war er an der Reihe. Sissy erhob keine Einwände. Sie ließ die Gemüselasagne – ihr Lieblings-Pling!-Menü – wo sie war, schloss die Tür des Tiefkühlschranks und begann stattdessen eine Karotte zu schälen.
    »Ich koche für dich«, rief sie vom Fuße der Treppe hinauf.
    Keine Antwort. Stanley war im Bad, um den Badewannenabfluss von Sissys langen Haaren zu befreien, und konnte sie wegen der Lüftung nicht hören. Also polterte sie nach oben und baute sich in der Tür auf. »Ich sagte, ich koche für dich.«
    »Oh. Toll«, sagte Stanley, ohne sie anzusehen. »Super, danke.«
    »Hast du keine Angst, dass ich dir ein Pling!-Menü serviere?«
    Er spülte ein dickes Büschel Haare in der Toilette hinunter. »Nein, mir ist alles recht.«
    »Guck mal.« Sissy hielt den Sparschäler hoch.
    Stanley hob den Kopf. »Was ist?«
    »Das ist ein Sparschäler. Ich schäle Karotten. Für dich. Zum Abendessen.«
    »Oh. Toll. Danke.« Er beugte sich wieder über die Badewanne und spähte in den Abfluss.
    »Okay, jetzt reicht’s.« Sissy warf den Schäler ins Waschbecken, und das Geklimper von Metall auf Porzellan ließ Stanley herumfahren. Er blickte verwirrt ins Waschbecken, als würde er sich fragen, wie zum Geier der Sparschäler dort gelandet war.
    »Was ist?«, fragte er erneut.
    »Ich gebe mir hier alle Mühe, dich aufzumuntern, und du tust nicht einmal so, als würden dich meine Karottenschälfähigkeiten beeindrucken.«
    Stanley zog die gelben Gummihandschuhe aus und wusch sich die Hände. »Hast du denn schon welche geschält?«
    »Na ja, bis jetzt erst eine halbe, aber ich war wild entschlossen.«
    Stanley nahm den Schäler. »Okay, komm mit. Ich schäle, du schnippelst.«
    »Wie wär’s, wenn du schälst und schnippelst, und ich schenke uns Wein ein und zünde die Kerzen an? Das wird dich von deinem Liebeskummer ablenken.« Sie drehte ihm den Arm auf den Rücken und dirigierte ihn im Polizeigriff die Treppe hinunter.
    »Ich habe keinen Liebeskummer. Ich bin bloß … enttäuscht.«
    »Das ist dasselbe. Oder jedenfalls eng damit verwandt.«
    »Es ist nicht dasselbe.« Stanley setzte sich an den Küchentisch, auf dem ein Sack (ungeschälter) Karotten lag. »Ich meine, wir kannten uns nicht einmal besonders gut oder lange. Sie schuldet mir nichts. Wir waren … Bekannte, oder wie auch immer man das nennen mag.«
    »Wahrscheinlich ist es ohnehin besser so«, bemerkte Sissy in betont neutralem Tonfall. Sie stellte zwei Weingläser nebeneinander, um sicherzugehen, dass sie auch beide gleich hoch füllte, und schenkte ein.
    »Was meinst du?«, fragte Stanley.
    »Na ja, sie riecht irgendwie komisch, nicht?«
    »Tut sie nicht. Was für eine bizarre Unterstellung, selbst für jemanden wie dich.«
    »Nach Hund«, fuhr Sissy fort, als hätte er nichts gesagt.
    »Sie hat nach Hund gerochen.«
    »Sie arbeitet in einem Hundeasyl, Herrgott nochmal. Und trotzdem riecht sie nicht nach Hund.« Stanley dachte daran, wie er in dem Restaurant, das sich als Salsaclub entpuppt hatte, ihren Hals geküsst hatte. Wie ihm ihr Duft in die Nase gestiegen war. Ein warmer, würziger Duft. Zimtig.
    Sissy hatte sich in Rage geredet. »Und dann diese alberne Warnweste, die sie sogar am helllichten Tag

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