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Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Titel: Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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nicht gefasst, da hätten wir noch so viele amerikanische Filme anschauen können. Eine Ansammlung uralter Festungen, vor Jahrmillionen hier angelegt, um über diese staubigen, rostroten Weiten zu wachen. Andre, schau mal! Sieht aus wie die Stühle von Riesen. Wir sind verzaubert, die Landschaft ist atemberaubend. Wir sind ja auch nicht mit der Sightseeingtour hergekommen, mit einer pummeligen Reiseleiterin in robusten engen Jeans, die einen gleich nach dem Frühstück in den Bus verfrachtet, Eier mit Speck, alle fertig?, seid ihr so weit?, Antreten zum Abzählen, jeder auf seinen Platz, dann ein langweiliger Vortrag über die Schönheiten, die man gleich zu sehen bekommt, damit man schon auf der Fahrt einschläft, und Schluss mit Staunen. Nein, für uns ist es ein Wunder wie aus dem Märchen. Das ist Staunen.
    Staunen, was für ein schönes Wort.
    »Überrascht Sie das?«, hatte der Facharzt vor fünfzehn Jahren gefragt. Ich antwortete nicht sofort, war wie betäubt, Autismus ist kein Wort, dem man alle Tage begegnet. »Überrascht Sie das?«, wiederholt der Arzt. Ob es mich überrascht? Nein, warum sollte es? Ich suche in meinem Wortschatz nach der Bedeutung von Überraschung und frage mich, ob ich zum Beispiel die Augen aufreißen würde, wenn ich im tiefsten Winter einen Sternschnuppen-Regen fallen sähe. Vielleicht. Doch Überraschungen erlebst du ungefähr eine pro Woche, wenn du Glück hast, auch zwei. Ein autistisches Kind ist leider mit solchen Begriffen nicht zu fassen.
    Wir halten das Motorrad an, dehnen uns, strecken die Arme zum Himmel. Andrea geht ein paar Schritte von der Straße weg. Er schaut sich um. Vielleicht beobachtet er mich jetzt, sieht seinen Vater reglos am Rand dieser Weite und fragt sich, warum ich nicht loslaufe und mich unter den Sträuchern verkrieche wie die berühmten Wüstenwürmer, warum ich nicht dieses Licht einfange und in eine Schachtel fülle, die man dann aufmachen kann, wenn es an Wintertagen zu früh dunkel wird.
    »Hey, Vorsicht, Coyote«, scherze ich.
    »Coyote schön.«
    Tja, für ihn ist alles schön. Ist es nur eine mechanische Wiederholung? Oder bedeutet es, dass er alles schätzt, was er aufnehmen und erfassen kann, und dass er jeden noch so kleinen Splitter, der aus der Welt zu ihm dringt, funkeln sieht? Ich will mir die Illusion bewahren, dass es so ist.
    Dann fahren wir weiter, denn Andrea möchte noch »eine Runde mit dem Motorrad« machen. Trotz der langen Strecke fühlt er sich, als sei er eben erst aufgestiegen. Gegen acht Uhr abends, als die Sonne untergeht, erreichen wir, kein bisschen müde, Tuba City. Das Land der Navajo.
    Andrea und ich sind ein Herz und eine Seele, wir brauchen nichts sonst.

Im Blaubeerwald
     
    Keine Tipis, Pferde, Squaws und Kinder, die sich im Bogenschießen üben. Es ist etwas befremdlich, morgens aufzustehen und sich unter lauter Navajos zu befinden, die in Wohnwagen und graublauen Fertighäusern leben, in rundherum verstreuten Behausungen mit rostigen Ofenrohren auf den Dächern. Die Jugendlichen haben keine Hemmungen, uns um ein paar Dollar zu bitten.
    Einige mustern neugierig unser Motorrad, und wir erzählen von unserer Reise, wo wir losgefahren sind und wie viele Kilometer wir zurückgelegt haben. Sie laden uns zu sich nach Hause ein und bieten uns zu trinken an.
    Auch wenn sie hier auf knarrenden Stufen sitzen, sehen die Älteren aus, als würden sie noch heute von der Prärie träumen und als wären sie früher wenigstens als Statisten in einem Western aufgetreten.
    Tatsächlich ruft ein alter Mann seinen Enkel als Dolmetscher, weil er uns unbedingt erzählen will, dass er in sieben Meisterwerken mitgespielt hat, eines davon selbstverständlich mit John Wayne. Er zieht imaginäre Colts und kneift zum Zielen die Augen zusammen, steht auf und tut, als würde er reiten. Ein überwältigendes Schauspiel: ein alter Navajo in Jeans, kerzengerade auf einem unsichtbaren Pferd, wettergegerbte Haut und lange, graue, zum Pferdeschwanz gebundene Haare, die er ganz leicht schüttelt, als fegte ihm der Wind entgegen. Leuchtende Augen, die in die Vergangenheit weisen, großartige Ausstrahlung.
    Neugierig kommen Frauen aus anderen Wohnungen gelaufen, die älteren umringen Andrea, diesmal sind sie es, die ihn anfassen, ohne ein Wort. Sie legen ihm die Hände auf die Arme, auf den Rücken, befragen ihn mit den Augen, machen aber den Mund nicht auf.
    Andrea dreht sich einmal um sich selbst, wie um ihre Neugierde zu befriedigen, und steht

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