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Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Titel: Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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einladen. Es ist auch ihr Geburtstag. Sie sieht mich herausfordernd an, offenbar hat Odisseu ihr von meinen Zweifeln berichtet. Ich erkläre, dass es mich freut, wenn Andrea Momente der Freiheit erlebt, das sei bestimmt nicht der Punkt. Doch seine kleine Freiheit müsse immer vorbereitet werden, er müsse erst üben. Angelica bleibt stur: Ihre Freunde sind anständige Leute, niemand betrinkt sich sinnlos, es besteht keinerlei Gefahr. Bei dem Wort »Gefahr« blickt sie mir direkt und beharrlich in die Augen. Ich merke, dass ich ihr etwas mehr zu Andrea erklären muss, sie hört aufmerksam und nachdenklich zu. Odisseu hat sich wohl sehr allgemein ausgedrückt.
    Andrea küsst derweil Angelica auf die Wangen, drückt ihre Hände und Arme.
    Nachdem sie mir das Versprechen abgetrotzt haben, Andrea auf das Fest gehen zu lassen, verabschieden sich die beiden wieder.
    Als sie weg sind, kann ich mich kaum einkriegen: »Was sagst du dazu, Andre? Hast du gesehen, wie wichtig es ihnen ist, dass du zu dem großen Ball erscheinst?«
    Andrea umarmt sich selbst und antwortet nicht.
    »Und diese Angelica, ist sie nicht süß?«
    Andrea reißt die Augen auf, so dass ich fast bereue, was ich gesagt habe.

Schwermetalle
     
    Andrea ist weit weg. Er sieht mich kaum an, egal, was er tun soll, ich muss immer drängen.
    Der junge Kanadier Donald schaut herein, um uns zu sich nach Hause einzuladen. Seine Mutter möchte uns unbedingt kennenlernen.
    Wir werden sehr herzlich empfangen: Donalds ganze Familie ist an der Tür versammelt, und alle fangen an zu winken, sobald wir auf dem Weg erscheinen.
    Die Mutter steht in der Mitte der Gruppe und lässt uns nicht aus den Augen, auch nicht, als wir drinnen sind und uns hingesetzt haben.
    Während ich einen guten Kaffee genieße, bemüht sie sich, mit Andrea Kontakt aufzunehmen. Sie streichelt ihm die Hand, Andrea zieht sich zurück, hebt die Arme, sucht mich mit dem Blick und verschwindet dann zusammen mit Donald, der ihm eine Banknotensammlung zeigen möchte, irgendwo im Haus. Er ahnt nicht, welche »Zerreißprobe« ihm droht. Die Mutter nutzt die Gelegenheit, um mit mir über die Chelat-Therapie zu sprechen, eine Methode, mit deren Hilfe der Körper von den Spuren giftiger Metalle gereinigt werde, insbesondere von Quecksilber, das mit den Impfungen in den Kreislauf gelangt sein könnte.
    Ich seufze: Wir haben diese Therapie schon eineinhalb Jahre lang ausprobiert. Im Vertrauen auf einen Arzt, der sich in Amerika sowohl theoretisch wie auch praktisch darauf spezialisiert hatte.
    »Dann glaubst du also nicht daran?«, fragt mich Donalds Mutter ganz direkt.
    »Es geht nicht um Glauben, ich habe keine Resultate gesehen«, antworte ich, »aber ich spreche nur für mich, das sind meine Erfahrungen.«
    Als wir gehen, nehme ich einen Satz von Donalds Mutter mit: »Wenn nicht einmal die Chelat-Therapie funktioniert hat, musst du dich damit abfinden, dass er nie gesund werden kann. Nie.«
    Aus der blauen Raupe wird nie ein Schmetterling? In meinem Kopf läutet es Sturm.

Brasilianische Nacht
     
    Für das Fest sind keine großen Vorbereitungen nötig, kein frisch gebügeltes Hemd mit Krawatte: Sandalen, T-Shirt und viel Energie.
    Wir sehen, wie die Jugendlichen ankommen, beladen mit Gitarren, Bier und Spirituosen. Einer zündet ein Feuer an, andere haben etwas zu essen mitgebracht und schicken sich an, Fleisch zu grillen.
    Es herrscht Bewegung, aber keine Hektik, vielmehr friedliche Stimmung, Gelassenheit auch in der Begrüßung und Umarmung, im Zusammensein.
    Ich habe Odisseu gefragt, ob er mir Gesellschaft leistet, und jetzt sitzen wir ein paar Dutzend Meter entfernt. Laute Musik schallt über den Strand, sie tanzen.
    Andrea habe ich Angelica anvertraut und sie mit dem Blick um besondere Aufmerksamkeit gebeten.
    »Keine Sorge«, sagt Odisseu zu mir.
    »Andrea kann unberechenbar sein.«
    »Wir sind ja hier.«
    »Stimmt.«
    »Hast du Angst, dass Angelica was Schlimmes anrichtet?«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Dass die brasilianischen Mädchen nicht so kompliziert sind wie die Europäerinnen. Wenn Andrea ihr gefällt…«
    »Wenn Andrea ihr gefällt?«
    »Dann passiert es. Das ist doch nur natürlich!«
    Natürlich. Was für ein einfaches Wort. Ich traue mich nicht, Odisseu zu gestehen, was mir durch den Kopf geht. Ich weiß so wenig über Andreas Wünsche. Spezialisten und Ärzte mahnen zu großer Vorsicht, was die Sexualität von Menschen mit Autismus betrifft. Vielleicht wollen sie nur Zeit

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