Wenn ich einen Wunsch frei haette
ihnen. Sie besucht Schulen und sorgt dafür, dass sie alles haben, was sie brauchen. Sie reist durch das ganze Westjordanland, nach Bethlehem und nach Nablus. Sie kann aber nicht immer fahren. Häufig wird sie an den Kontrollpunkten zurückgewiesen. Wenn sie nicht abgewiesen wird, lassen sie sie rumsitzen und warten. Einmal wollte sie nach Hause fahren, und sie haben sie fünf Stunden lang warten lassen. Es war schon spät, und sie wollte nach Hause. Sie sagten ihr, sie sollte auf dem Fußboden schlafen, bis sie durchgelassen würde. Einmal haben sie zu ihr gesagt, sie soll sich hinknien und Gras essen, dann dürfte sie durch. Was sie nicht getan hat. Sie lässt sich von denen nicht schikanieren.
Für Frauen ist es an den Kontrollpunkten besonders hart. Es gibt keinen Ort, an den sie gehen können, wenn sie, na ja, mal müssen. Männer können sich an den Straßenrand stellen, wenn sie müssen, aber Frauen nicht.
An manchen Kontrollpunkten gibt es solche Betongebäude. Wenn die Soldaten wollen, nehmen sie einen mit hinein und zwingen ihn, sich auszuziehen. Sie behaupten, sie würden dabei nach Bomben suchen, aber niemand, der eine Bombe hat, wäre so dumm zu versuchen, sie durch einen Kontrollpunkt zu schmuggeln. Ich glaube, sie tun das nur, um uns zu demütigen. Sie schlagen dort auch Menschen, |75| weil sie niemand dabei beobachten kann. Manchmal sieht meine Mutter israelische Frauen mit Kameras an den Kontrollpunkten stehen. Sie fotografieren die Soldaten, wenn sie sich nicht anständig benehmen. Nicht alle Israelis sind unsere Feinde.
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Meine Mutter verbringt eine Menge Zeit in
Menschenschlangen
vor den Kontrollpunkten. Sie hat viele Geschichten gehört, von Frauen, die ihre Babys direkt dort am Übergang bekommen haben, und von schwer kranken Leuten, die nicht über die Grenze zum Arzt gelassen wurden.
Manchmal ist Ramallah nur eine Stunde am Tag geöffnet. Wir wissen nie, wann die Ausgangssperre aufgehoben wird oder für wie lange. Also müssen wir die ganze Zeit aufpassen, um dann rechtzeitig rauszukommen, um Lebensmittel einzukaufen oder Nachrichten zu verschicken oder andere wichtige Dinge zu erledigen. Eine Bekannte meiner Eltern hat Wäsche gewaschen und zum Trocknen auf den Balkon in die Sonne gehängt, als die Ausgangssperre aufgehoben wurde. Dann trat sie wieder in Kraft, aber die Wäsche hing immer noch draußen. Als sie trocken war, ging die Frau raus auf den Balkon, um sie zu holen, aber da war schon Ausgangssperre. Einer der Soldaten sah sie, schoss auf sie und tötete sie. Wenn ich solche Sachen höre, kommen mir die Tränen.
Manche Israelis wollen Frieden. Wenn aus ihrer Familie jemand im Krieg stirbt, sind sie traurig, genauso wie wir, wenn jemand aus einer palästinensischen Familie stirbt. Was das angeht, sind wir gleich.
Meine Mutter wurde schon häufig von Soldaten beschossen |76| , während sie von Schule zu Schule fuhr. Einmal war sie in einer Bibliothek. Sie kam gerade wieder raus, als die Israelis das Gebäude bombardierten und es hinter ihr in die Luft flog. Warum jagen die eine Bibliothek in die Luft? Das ist doch sinnlos. Ich glaube, den Israelis macht das Bombardieren einfach Spaß, und es ist ihnen egal, was diese Bomben zerstören.
Was die Ausgangssperren angeht, entscheiden sich die Israelis andauernd um. Das macht mich wütend, weil ich nichts planen kann, zum Beispiel wann ich mich mit meinen Freunden treffe oder wann ich einkaufen gehe. Was sie tun, ergibt einfach keinen Sinn. Wenn in Jenin etwas passiert, sperren sie Ramallah. Sie behaupten, das geschehe zu unserer Sicherheit, aber ich glaube, ihnen macht es einfach Spaß, uns zu bestrafen.
Einmal war ich mit meinen Freunden im Kino. Mitten im Film verhängten die Israelis eine Ausgangssperre. Uns wurde befohlen, zurück nach Hause zu gehen, und wir konnten uns den Rest des Films nicht mehr ansehen. Es war ein amerikanischer Film, Save the Last Dance mit Julia Stiles. Er handelt von zwei sehr unterschiedlichen Menschen, die durch den Tanz und die Musik zueinander finden. Er hat mir sehr gefallen, und ich wüsste zu gern, wie er ausgeht.
Musik bedeutet mir alles. Sie hilft mir, wenn ich wütend bin, und tröstet mich, wenn ich traurig bin. Und wenn ich glücklich bin, macht die Musik mich sogar noch glücklicher.
Irgendwie kann ich die Selbstmordattentäter schon verstehen. Wenn man jemanden verloren hat, wenn man niemanden |77| mehr hat, auf den man sich verlassen kann, und keine Hoffnung, dass die Dinge
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