Wenn ich einen Wunsch frei haette
mit Mona aus Palästina zusammenträfe? Würden sie auf ihren Positionen beharren? Oder würden sie aufeinander zugehen?«
|139| Wenn man die Gespräche mit israelischen und
palästinensischen
Kindern anschaut, ist es bemerkenswert, wie sehr sich viele Aussagen gleichen. So oft wird betont, dass man die Gegenseite nicht kenne, dass man selbst doch nett, die anderen aber sicherlich böse seien, und dass man besser gar nicht mit ihnen zusammenkäme. Doch ebenso scheint in vielen Gesprächen der Wunsch nach Austausch, die Notwendigkeit der Begegnung mit dem Anderen durch.
Man stelle sich vor, diese Kinder seien nicht nur interviewt worden, sondern könnten einander treffen und darüber sprechen, wie sie sich selbst und die Anderen sehen. Wahrscheinlich wären sie darüber erstaunt, wie sich die Vorurteile gleichen.
I n unserem Projekt »Ferien vom Krieg« steht eben diese Begegnung, das Kennenlernen, der Dialog, die zeitweise Perspektivenübernahme und ein möglicher
Veränderungsprozess
durch diese Erfahrungen im Mittelpunkt. Das Nachdenken über die eigene Lebensgeschichte, die ja mit einem biografischen Interview immer verbunden ist, ist ein erster Schritt. Wenn diesem die Begegnung mit den »Anderen« folgt, sind Erschütterungen von bisherigen Überzeugungen zu erwarten. In einem dritten Schritt erfolgen Wandlungsprozesse in der Wahrnehmung von sich selbst und den Fremden. In diesem Sinne erscheint das Projekt »Ferien vom Krieg« als die konsequente Fortsetzung der von Deborah Ellis aufgeschriebenen Erzählungen der Kinder aus Israel und Palästina.
|140| Das Projekt »Ferien vom Krieg«
S eit 1994 ist es dem »Komitee für Grundrechte und Demokratie« gelungen, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus verfeindeten Bevölkerungsgruppen in Krisen- und Kriegsgebieten zum gemeinsamen Urlaub und friedenspolitischen Seminaren einzuladen. Mehr als 20 000 junge Menschen haben bisher an diesem Projekt teilgenommen, davon über 1 000 aus Israel und Palästina.
Bei diesen Treffen konnten alle Teilnehmer
gleichberechtigt
mit ihren angeblichen Feinden unter einem Dach leben, zusammen spielen und lernen, einander zuhören und debattieren, gemeinsam lachen und trauern. Für viele von ihnen bedeutete diese Erfahrung einen Wendepunkt in ihrem Leben. Davon erzählten sie in den Familien, der Schule oder Universität und im Freundeskreis. Die Teilnahme an diesen Begegnungen erforderte häufig großen Mut, denn oft drohen den Jugendlichen Ablehnung und Ausgrenzung vom sozialen Umfeld und sogar der eigenen Familie.
Trotz aller Warnungen, dass das Aufeinandertreffen von Jugendlichen verfeindeter Gruppen zu unkontrollierbaren
Gewaltausbrüchen auf beiden Seiten führen könnte, gab es bei den nun fast 20 000-fachen »Begegnungen mit den vermeintlichen Feinden« keine einzige tätliche
Auseinandersetzung
zwischen Teilnehmern der politischen
Konfliktparteien. Das zeigt deutlich, dass es in allen Krisen- und Kriegsgebieten junge Menschen gibt, die der Propaganda ihrer politischen Führung nicht mehr trauen und neugierig auf die Perspektive der »Anderen« sind, die Verständigung |141| suchen und für eine friedliche Zukunft zu Kompromissen bereit sind.
Das »Komitee für Grundrechte und Demokratie« vertritt einen »streitbaren Pazifismus«. Dieses Konzept wendet sich gegen die Verdächtigung, dass Pazifismus duldend passiv sei. Im Rahmen der deutschen Friedensbewegung mischen wir uns ein. Wir verstehen besonders die Aktion »Ferien vom Krieg« als beispielhafte vorbeugende Friedensarbeit. Wir sind davon überzeugt, dass, wenn auch nur die Hälfte der Waffen- und Kriegskosten in ähnliche Dialogprojekte für Erwachsene gesteckt würde, die jeweils Herrschenden keine Chance mehr für die Rechtfertigung bewaffneter Auseinandersetzung hätten. Die Grundsätze unserer Arbeit lassen sich auf drei Punkte zusammenfassen:
Humanitäre Hilfe für alle, die Not leiden.
Verteidigung der Menschenrechte für alle Gedemütigten.
Politische Unterstützung für die Wenigen, die für Aussöhnung kämpfen – auf beiden Seiten!
»Gerechte« Kriege
K riege sind grausam – das weiß und sagt jeder. Auch, dass in modernen Kriegen mit weitreichenden Geschossen und Luftangriffen immer mehr Zivilisten die Opfer sind, ist bekannt, genauso wie die Tatsache, dass auch noch Jahre nach den Kampfhandlungen besonders Kinder die Opfer von Minen oder im Straßenstaub lauernden kleinsten Teilchen von Uranmunition werden. Dennoch toben zur
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