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Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)

Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)

Titel: Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary J. Forbes
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bemerkte sie, um sich von den Funken abzulenken, die zwischen ihnen umhersprangen. „Sehr sogar.“
    „Das beruht auf Gegenseitigkeit.“ Er drehte sich zu ihr um, berührte zögernd ihre Wange mit einer Fingerspitze. Mit sanfter Stimme fügte er hinzu: „Aber ich frage mich, wie die Mutter des Jungen zum Vater des Mädchens steht!?“
    Atemlos erwiderte sie: „Das hängt davon ab, was der Vater des Mädchens für die Mutter des Jungen empfindet.“
    Er wollte sie küssen. Das sah sie an seinen teebraunen Augen.
    Abrupt ließ er die Hand sinken. „Ich muss mit dem Essen anfangen.“ Er riss die Tür auf und stürmte in die Küche.
    Was zum Teufel habe ich mir dabei gedacht, sie anzufassen? Wenn ich eine Frau brauche, dann kann ich in die Stadt fahren. Muss mir ja bloß eine von denen nehmen, die sich samstagabends im Cattle Barn herumtreiben.
    Ashford hätte sich zurückhalten müssen. Denn nun wusste er es. Dass sich ihre Haut weich wie Butter und warm wie ofenfrisches Brot anfühlte. Ihr Blick aus den blauen Katzenaugen war ihm unter die Haut gegangen und als er ihren Atem auf dem Handgelenk gespürt hatte, war er unwillkürlich hart geworden.
    Zu lange abstinent, sagte er sich. Fünf Jahre sind eindeutig zu lange.
    Er holte die hausgemachte Suppe aus dem Gefrierschrank, taute sie in der Mikrowelle an und stellte sie in einem Topf auf den Herd. Er hoffte, dass Daisy das neue Rezept vergessen hatte. Es fehlte ihm gerade noch, dass Rachel dabei zusehen konnte, wie er mit Wörtern und Begriffen im Kochbuch haderte, die er nach jahrelanger Kochpraxis eigentlich aus dem Effeff beherrschen sollte.
    Wörter, die ihr nur so zufliegen.
    Klick, klick, klick. Ihre Laptoptastatur klapperte emsig, während sie und Daisy die Notizen durchgingen, die er am vergangenen Abend vergeblich zu entziffern versucht hatte.
    Aus dem Wohnzimmer drangen gedämpft die Stimmen von Tom und Charlie. Das Kind war dem alten Mann zugetan wie ein verwaistes Kalb der Hand, die ihm die Milchflasche gibt.
    Ashford dachte an den Großvater des Jungen, der Vietnam das schwarze Loch nannte. Diese Bezeichnung hatte für den Bruchteil einer Sekunde Fassungslosigkeit auf Toms Gesicht ausgelöst. In seinen Augen war ein Entsetzen aufgeblitzt, über das er mit niemandem sprach.
    Höchstens früher mit Laura, Ashfords stiller sanfter Mutter. Während sein leiblicher Vater im Hubschrauber über Dschungel und Reisfelder geflogen war, hatte sie sich die Finger wund gearbeitet, um das baufällige Dach über ihren Köpfen zu erhalten. Bevor Tom mit seinem versehrten Körper auf der Bildfläche erschienen war. Er hatte sie aus Armut und Kummer erlöst und ihr etwas Wohlstand und Zuversicht beschert.
    Oft fragte Ashford sich, von wem er die Leseschwäche eigentlich geerbt haben mochte. Von seinem leiblichen Vater konnte sie nicht stammen, denn der hatte technische Handbücher für Hubschrauber und Anzeigen auf Hightech-Tafeln gelesen. Das Handicap kam aber auch nicht von seiner Mutter, denn die war der medizinischen Fachsprache mit unzähligen lateinischen Ausdrücken mächtig gewesen.
    Es ist bloß ein genetischer Zufall, nichts anderes.
    Er rührte die Suppe um und erfreute sich an dem Duft nach Hühnchenfleisch, Basilikum, Salbei und Petersilie.
    Daisy trat mit einem Ausschnitt aus einem Magazin zu ihm. „Dad, hier ist das Rezept.“
    Er neigte den Kopf zum Esszimmer und lauschte. Rachel tippte weiter in ihren Laptop. „Solltest du nicht helfen, Grandpas Geschichte zu schreiben?“
    „Wir sind fertig. Rachel arbeitet an was anderem. Komm schon, Dad“, flüsterte sie, „niemand wird es erfahren.“
    Niemand außer einer Reporterin. Und einem Siebenjährigen, der gerade Harry-Potter-Romane verschlingt. Ausgerechnet die Lektüre, die einst einen heftigen Streit zwischen Ashford und Susie ausgelöst hatte. Denn Susie hatte einen Band für Daisy gekauft, aber ihm war der Inhalt bedenklich erschienen für seine kleine Sechsjährige mit Zahnlücke.
    Deshalb hatte Susie ihm an den Kopf geworfen: „Woher willst wissen, dass das Buch nichts ist für unsere Tochter? Du kannst doch gar nicht lesen!“
    Damals war etwas in ihm zerbrochen. Er hatte sich ab diesem Moment unzulänglich gefühlt – als Mann wie als Vater. Obwohl sich Susie später entschuldigt hatte, waren ihm ihre Worte nie mehr aus dem Sinn gegangen.
    Er wusste von Daisy, dass Charlie genau den gleichen Band von Rachel bekommen hatte.
    Zwei von einem Schlag. Daisy und Charlie, beides begabte Kinder.

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