Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
sein! Schroff entgegnete er: „Inez hat die Suppe gekocht.“
„Ich meine eigentlich die Gemüsepfanne.“ Sie lächelte Daisy an. „Hat deine Mom dir das Kochen beigebracht?“
Ashford versteifte sich. „Nein, das war ich .“
„Entschuldigung. Bei all den Fotos von Ihrer Frau und Daisy dachte ich, dass …“
Er drehte sich zu ihr um. Ihr Gesicht war klein und blass, ihr Mund voll und rot. „Sie haben falsch gedacht.“
Daisy warf ein: „Dad will damit sagen, dass meine Mom nicht viel Zeit hatte, mir in der Küche was beizubringen. Ich war erst zehn, als sie gestorben ist.“
„Oh, das tut mir sehr leid“, murmelte Rachel.
„Schon gut.“ Daisy lächelte. „Wir reden bloß nicht über sie. So ist es einfacher für uns.“ Sie warf Ashford einen kummervollen Blick zu. „Dad, schneidest du bitte Sellerie und Frühlingszwiebeln?“
6. KAPITEL
Endlich war der Anfang des Artikels verfasst. Tom hatte von seiner Ankunft in Vietnam erzählt, von dem Briefwechsel mit seinen Angehörigen, von seiner Verlobten Tina.
Am Dienstagabend ging Rachel mit Charlie zum nächsten Interviewtermin ins Haupthaus. Sie hoffte, dass endlich der entscheidende Einsatz zur Sprache kam. Da die Sitzungen nie länger als eine Viertelstunde andauerten, musste sie Tom ein wenig drängeln, zum Wesentlichen zu kommen.
Inez öffnete ihnen und führte sie ins Wohnzimmer.
Dort las Daisy gerade aus der Zeitung vor, während Ashford und Tom zuhörten.
Rachel blieb mit einer Hand auf Charlies Schulter im Türrahmen stehen. „Hallo.“
Daisy ließ abrupt die Zeitung sinken. „Hey, ihr seid aber früh dran.“
„Entschuldigung. Ich wollte nicht stören.“
Ashford sprang auf. „Ich bin dann im Stall“, verkündete er und verschwand, ohne Rachel anzusehen.
Zwanzig Minuten später endete das Gespräch mit Tom. Rachel holte Charlie aus der Küche, bedankte sich bei Inez fürs Aufpassen und setzte ihm die Mütze auf.
„Ich komme mit nach draußen“, sagte Daisy und schlüpfte in ihre Jacke. „Ich muss nach meinem Dad sehen.“
„Ich wollte ihn wirklich nicht aus dem Haus vertreiben“, versicherte Rachel.
„Schon gut.“
Sie gingen hinaus in die kalte Abendluft. Schnee knirschte unter den Stiefeln.
„Kalben die Kühe immer noch?“
„Ja, und es geht bestimmt noch sechs Wochen so weiter.“
„Es muss hart sein für deinen Dad, Tag und Nacht Geburtshelfer zu spielen.“ Und erst recht für die armen Kreaturen, die bei den eisigen Temperaturen gebären mussten.
„Das ist unser Leben. Ohne die Kälber könnten wir die Ranch nicht halten. Für einen Kleinbetrieb wie unseren ist es auch so schon verdammt schwer, sich gegen die Großen zu behaupten.“
Kleinbetrieb? Ashford hatte erwähnt, dass die Flying Bar T über neunhundert Stück Vieh besaß. Für Rachel eine unvorstellbar große Menge. Und doch gab es Unternehmen mit dem zehnfachen Bestand.
Sie wandte sich dem Weg zum Gästehaus zu. „Also dann, gute Nacht, Daisy.“
„Wollt ihr die Kälberstation mal sehen?“
„Ja, Mom, komm!“ Charlie zerrte an ihrer Hand. „Bitte. Ich will die Kuhbabys und die Pferde und die Hunde sehen.“
„Ihr stört auch nicht“, versicherte Daisy.
„Na gut.“
Weiße Atemwolken wehten vor ihnen her, während sie über den Gehweg liefen. Eine Mondsichel leuchtete hell am Himmel, der wie eine riesige Schale Blaubeeren aussah.
Im Stall lag der Geruch von Kuhhaut, Dung und Heu in der Luft. Daisy schritt voraus durch einen kurzen Gang, vorbei an einem Geräteraum und einer geschlossenen Tür mit der Aufschrift Büro . Daran anschließend eröffnete sich ein hallenartiger Raum, der gedämpft beleuchtet war.
Nachtlichter für Kälber? dachte Rachel verwundert. Ach, Ash, du bist wohl immer für eine Überraschung gut, wie!?
Sie schätzte die Größe der Halle auf über siebenhundert Quadratmeter. Dutzende von Muttertieren und deren Neugeborene standen oder lagen auf frischem Stroh. Manche Kühe beäugten die Eindringlinge neugierig, andere waren gleichgültig beim Wiederkäuen, während die Kälber nuckelten oder im Stroh schliefen.
Charlie nahm Rachels Hand, und sie drückte beruhigend seine Finger.
Dann sah sie Ashford in der letzten Box. Er hockte hinter einer liegenden Kuh, mit einem Arm in ihrem Unterleib, während ein anderer Mann ihr die Augen mit einem Tuch zuhielt.
„Da gibt’s Probleme.“ Daisy warf einen Blick zu Charlie. „Vielleicht solltest du ihn lieber nach Hause bringen.“
„Nein!“, protestierte der
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