Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
habt.«
Sie verließen die Bar.
Ethan ließ sich gegen die Kopflehne sinken.
»Clark Garcia kann keine Silbe lesen.«
»Ganz schön gerissen, die Karte mit unsinnigen Buchstaben und Ziffern vollzukritzeln.«
»Wir haben also zwei gleichlautende, eigenhändig abgefasste Aussagen. Eine davon von einem Collegeabsolventen aufgesetzt, gegengelesen und unterzeichnet, der ein astreiner Analphabet ist.«
33
Als das Telefon zum zweiten Mal läutete, stöhnte Anya tief auf, holte Luft und wollte schon im warmen Wasser untertauchen. Doch dann stieg sie aus der Wanne und wickelte sich in ein Badetuch.
»Schnell, schalten Sie den Fernseher ein«, sagte Ethan am anderen Apparat. »Auf CBS .«
»Ich wollte mich eben schlafen legen, hat das nicht Zeit?«
»Morgen früh ist es längst in allen Medien. Sie müssen es jetzt sehen.«
Lustlos drückte sie den Einschaltknopf der Fernbedienung und wählte den Kanal. »Und jetzt?«
»Es kommt gleich. Ein Interview mit Terri Janson, der trauernden Witwe. Das hat Jim Horan eingefädelt.«
Sich so bald nach dem Ableben des Ehemanns in den Medien zu präsentieren, schien reichlich übereilt. Anya dachte an die zwei kleinen Töchter und die Wirkung, die der Verlust des Vaters auf sie haben musste. Zweifellos setzte der Agent auf die beiden ebenso wie auf das emotionale Interview, das Terri zwangsweise geben musste. Tränen und Pathos, das wollten die Klatschbasen und Voyeure sehen.
Im Anschluss an eine Mundwasserwerbung versprach eine Frau an einem Tisch ein Exklusivinterview über die entsetzliche Wahrheit zum Tod von Pete Janson.
»In dieser Woche wurde der beliebte Quarterback der New Jersey Bombers tot in seinem Hotelzimmer in New York aufgefunden, wo er an der Kleiderstange des Schranks hing. Rätsel umranken Jansons letzte Atemzüge, und die Polizei hat umfangreiche Ermittlungen aufgenommen. War es Mord? Selbstmord? Terri Janson ist überzeugt, die Wahrheit zu kennen. Bitte bedenken Sie, dass dieser Beitrag explizite sexuelle Inhalte enthält.«
Es folgten mit sinfonischer Musik untermalte Aufnahmen von Janson auf dem Footballplatz, als Kind und Jugendlicher, mit behinderten Kindern und Krebskranken, sowie von seiner Hochzeit. Eine Stimme aus dem Off rekapitulierte kurz seinen Lebenslauf bis zur Ehe mit Terri und der Geburt der beiden Töchter.
Man hätte es für Wahlkampagnenwerbung halten können – für einen Heiligen.
Dann wurde auf eine weiße Couch übergeblendet, wo die kräftig geschminkte, attraktive Witwe saß, das platinblonde Haar zu einem lockeren Knoten hochgesteckt.
Neben ihr, gut sichtbar, eine Schachtel Papiertaschentücher.
»Terri Janson, haben Sie vielen Dank, dass Sie bei uns sind.« Die Interviewerin beugte sich vor und tätschelte ihrer Gesprächspartnerin die Hand. »Mir ist klar, was für eine außerordentlich schwere Zeit Sie durchmachen. Berichten Sie uns doch zu Anfang, wie die Kinder damit zurechtkommen.«
»Nur wegen der beiden halte ich überhaupt durch. Pete nannte sie immer seine beiden Prinzesschen, und sie haben ihn vergöttert. Es würde ihn so stolz machen, wie tapfer sie sind.« Mit der Kuppe eines manikürten Fingers tupfte sie den Augenwinkel.
»Was haben Sie ihnen gesagt?«, fragte die Interviewerin.
»Dass ihr Daddy jetzt ein Engel im Himmel ist, wo er uns sehen kann, aber wir ihn nicht mehr.«
Für Anya hatte das Bild des toten Janson ganz und gar nichts Engelhaftes.
Die Reporterin trieb die Anbiederung munter fort und erkundigte sich, was Terri an ihrem Gemahl besonders geliebt habe und wie stolz die Familie auf ihn gewesen sei.
Anya schlang das Badetuch enger um sich, als die Klimaanlage immer eisigere Luft ins Zimmer blies.
»Ethan, macht es irgendeinen Sinn, das anzuschauen? Ich müsste mal wirklich dringend ausschlafen.«
»Ein bisschen Geduld noch, ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass sie eine Bombe platzen lassen will. Eine, die die Clubbesitzer ganz und gar nicht freuen wird.«
Sie hoffte, es wäre es wert, dafür aus der Wanne gestiegen zu sein. Es war das erste Mal, seit sie aus dem Flugzeug gestiegen war, dass sie sich so richtig ausstrecken und entspannen konnte, und die Vorstellung, früh schlafen zu gehen, hatte etwas höchst Verlockendes.
»Terri … « Die Reporterin sprach mit überlegter, gleichförmiger Stimme. Sie klang so wenig authentisch wie das gesamte Interview. »Glauben Sie, dass Ihr Mann sich selbst das Leben nahm?«
Die Kamera zoomte das Gesicht heran. »Es ist völlig
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