Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
ausgeschlossen, dass er sich selbst umgebracht hätte. Das weiß ich mit absoluter Sicherheit.«
»Wie können Sie da so sicher sein? Immerhin steckte sein Kopf in einer Schlinge, aus seinem eigenen Gürtel.«
Terri zupfte ein Papiertuch an sich und tupfte sich die Augen. Gekonnter hätte man eine dramatische Pause beim besten Willen nicht setzen können.
»Ich weiß, aber es war nicht so, wie die Leute meinen.«
»Was hat sich Ihrer Meinung nach an diesem Abend in dem Hotelzimmer abgespielt?«
»Er hat mir gestanden, wie einsam er sich fühlte, wenn er nicht bei mir war. Und wie schwer es für ihn war, nicht im selben Bett mit mir schlafen zu können, wenn er über Wochen mit der Mannschaft in irgendwelchen Hotels weggesperrt war wie zu diesem Lehrgang in New York. Wir waren alle da, konnten aber nicht als Familie zusammenleben. Das tat ihm weh.«
Ethan war immer noch am Apparat. »Gleich kommt’s …«
Anyas Puls schnellte hoch. Würde seine Ehefrau ihn als treulosen Schläger outen, der zum Vergnügen Frauen vergewaltigte?
Die Kamera fuhr zurück, erst nur ein Stückchen, dann weiter. »Um die Ehe spannend zu halten, waren wir, nun ja, sexuell sehr aufgeschlossen und probierten immer wieder etwas Neues aus. Unter anderem eben auch das, was manche erotische Strangulation nennen.«
Ungläubig setzte Anya sich auf die Bettkante, den Hörer dicht am Ohr. Da erzählte eine trauernde Witwe in einem der größten Fernsehsender von einem sexuellen Fetisch, den sie mit ihrem Mann teilte.
»Sie wird der ganzen Welt erklären, dass er bei einer extremen Masturbation starb.« Ethan klang so schockiert, wie Anya sich fühlte.
Ohne jedes Schamgefühl präsentierte Terri Janson mehrere Seidentücher, mit blauen Federn geschmückte Handschellen und sonstige Bondage-Utensilien.
»Interessant, dass sie gewisse Details einfach weggelassen hat, zum Beispiel die Frau, die mit ihm im Zimmer war, bevor er starb, und dass er ein Kondom trug.«
»Vielleicht hatte er einen Sauberkeitsfimmel und wollte keinen Dreck machen.«
Anya lachte.
»Haben Sie schon etwas herausgefunden, wer die Frau auf dem Zimmer war?«
»Kein bisschen. Ich bin noch dran, mir Zugang zu den Überwachungsvideos zu verschaffen. Die Polizei hat sich die Bänder zuerst unter den Nagel gerissen, aber ich bin zuversichtlich, dass ich am Ende die Nase vorn haben werde.«
Im Hintergrund schilderte die Witwe der Reporterin gewissenhaft die Verwendung jedes Stücks und enthielt sich gerade noch einer vollständigen Demonstration, während die Journalistin den Zuschauern alles am eigenen Leib präsentierte.
»Wieso macht sie das?«, stammelte Anya. Sie dachte an die Folgen für die Kinder. »Sie will , dass alle wissen, dass er nicht Selbstmord begangen hat.«
»Erstens mal wegen der Versicherung«, knusperte Ethan ihr ins Ohr. Den Geräuschen nach schlang er schon wieder ein Päckchen Nüsse herunter, obwohl das Abendessen noch keine Stunde zurücklag.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Hinterbliebenen behaupteten, es sei bei einer hochriskanten sexuellen Handlung zu einem tödlichen Unfall gekommen, um sich die Versicherungssumme doch noch ausbezahlen zu lassen, wenn Suizid in der Police ausgeschlossen war. Es konnte aber auch religiös motiviert sein. Gewissen Konfessionen galt Selbstmord nach wie vor als Todsünde, und man verweigerte dem Toten die Bestattung in geweihter Erde.
»Es ist ein außerordentliches Maß an Vertrauen nötig, um auf diese Art intim zu werden«, sagte die Journalistin mit einem durchdringenden Blick, den die Kamera getreulich festhielt.
»Und nur mir hat er so sehr vertraut, dass er auf diese Weise Sex hatte. Wir sprachen darüber, wie gefährlich es ist, es alleine zu tun, und er gab mir sein Wort. Er hat mir sein Wort gegeben«, die Kamera fuhr ganz nahe heran, »dass er es nie alleine machen würde.«
»So wie er im Eheversprechen sein Wort gab, immer treu zu sein«, höhnte Ethans Stimme aus dem Hörer.
»Will sie damit unterstellen, dass Janson ermordet wurde? Es liegt ja noch nicht einmal der toxikologische Befund vor.«
Die Journalistin beugte sich auf dem Stuhl vor. »Terri, was glauben Sie, ist an dem Abend im Hotel passiert?«
»Ich habe an dem Abend noch mit Pete gesprochen, und er sagte mir, er hätte Kopfschmerzen und würde sich eine Weile hinlegen.«
»War das etwas Ungewöhnliches?«
»Pete hatte nie Kopfweh.« Die Witwe biss sich auf die Lippe und wandte den Kopf ab, während die Kamera begierig jede
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