Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
Bewusstsein verloren, und sei es auch nur für wenige Sekunden?« Sie spürte Buffets bösartigen Blick, der ihr auf der Haut brannte. »Das ist die erste Frage, die ein Strafverteidiger stellen wird.« Insbesondere, dachte sie, da niemand an der Seitenlinie eine Bewegung an ihm feststellen konnte, ehe Gavin bei ihm war.
Rosseter antwortete, den Blick stur in seine Unterlagen gerichtet. »Ich glaube nicht. Die Spieler, die sich auf dem Feld befanden, sagen aus, er sei die gesamte Zeit über bei Bewusstsein gewesen.«
»Gut«, merkte einer der Anwälte an und machte sich eine Notiz.
»Der Amtsarzt wird wissen wollen, was Janson vom Zeitpunkt des Zusammenpralls bis zu seinem Tod getan hat«, fügte sie hinzu. Die Luft im Zimmer wurde dicker und immer weniger entgegenkommend.
Trainer Ingram wirkte ausgezehrt und erschöpft. »Kein Problem. Diese Jungs unterliegen einem fixen Zeitplan. Nach dem Spiel am Sonntag hat Janson mit dem Team geduscht, dann haben alle gemeinsam im Hotel zu Abend gegessen. Er war überheblich wie immer und hat alles in sich hineingeschaufelt wie immer. Den Zapfenstreich um elf hat er eingehalten. Am nächsten Morgen hat er um sieben mit den anderen Spielern gefrühstückt, dabei hat er Spiegeleier, Speck, Würstchen, Bratkartoffeln und Toast gegessen, dazu einen Weizenkeim-Smoothie. Das weiß ich, weil ich bei ihm saß, um Spielzüge durchzusprechen. Um neun war Fotoshooting mit dem ganzen Team, dann besuchte er im Kinderspital krebskranke Kinder.«
Er sah zu Buffet und den Anwälten.
»Soweit ich weiß, sind die Fotos auf der Clubhomepage. Mittags hat er mit sechs Teamkollegen in einer Sonderschule gegessen und anschließend ein bisschen mit den Schülern gebolzt, am Nachmittag war er beim Training. Er hat gute Leistungen gezeigt und war am Abend auf einer Sportjournalistenparty in den Chelsea Piers.«
Jede Minute von Jansons Tagesablauf war dokumentiert. Fast hätte man ihn mit einem Strafgefangenen verwechseln können.
Anya ging immer mehr auf, wie wenig Zeit diese Männer mit Freunden außerhalb des Teams verbrachten und wie abgesondert sie tatsächlich lebten. Es war wie Terri gesagt hatte: Sie verbrachten mehr Zeit untereinander als mit ihrer Familie. Diese Männer wurden von Trainern, Agenten, Clubbesitzern, Assistenten und Ärzten permanent beaufsichtigt wie kleine Kinder, denen man nicht eine Minute zur freien Verfügung zugestand.
Sie wurden in jeder Hinsicht von der wahren Welt isoliert, was das pubertäre und antisoziale Verhalten ein gutes Stück weit erklärte. Zudem bekamen sie so das Gefühl, unangreifbar zu sein. Sie fragte sich, wie viele der Spieler wohl je eine Rechnung bezahlt hatten, eine Waschmaschine bedienen oder auch nur ihren Kontostand abfragen konnten.
»Gab es Anzeichen von Kopfschmerzen, oder hatte er Koordinationsschwierigkeiten, Probleme beim Reden, Gedächtnislücken? Gab es irgendwelche Hinweise, dass ihm die Kopfverletzung eventuell zu schaffen machte?«
Ingram blieb unerschütterlich und eine Spur zu aggressiv. »Ich merke es sofort, wenn einer meiner Spieler nicht zu hundert Prozent fit ist, noch dazu, wenn es um unseren besten Quarterback geht.« Seine müden Augen funkelten Anya böse an. »Sie kennen diese Männer nicht. Ich bin rund um die Uhr mit ihnen zusammen und kenne sie besser als meine Söhne. Ich hätte es gemerkt, wenn etwas nicht gestimmt hätte.«
Gavin Rosseter nickte beipflichtend. »Ich mache jeden Abend meine Runde. Die Burschen verlangen Schmerzmittel und ab und zu ein Beruhigungsmittel, damit sie schlafen können. Dabei erzählen sie mir von jedem noch so kleinen Wehwehchen und Zipperlein. Janson verlangte gar nichts. Er hätte keinerlei Einschlafprobleme, hat er gesagt. Dabei war er der Erste, der jammert, wenn irgendwas ist. In der Hinsicht war er ein kleiner Hypochonder, immer in Panik, dass eine Lappalie ihm die Karriere ruinieren könnte.«
Aber zugleich hatte er nicht die geringsten Bedenken, überlegte Anya, dass seine Karriere leiden könnte, wenn er Frauen vergewaltigt, seine Ehefrau verprügelt oder schnellen Sex mit weiblichen Fans hat, trotz aller Moralklauseln, die man ihm in den Vertrag geschrieben hatte.
»Wie viele Gehirnerschütterungen hat er insgesamt erlitten? Es gibt eine kumulative Wirkung, auf die die Anwälte mit Sicherheit abzielen werden.«
Pope verdrehte die Augen. »Das ist Football. Die Spieler kriegen dauernd eins auf die Mütze. Wenn wir sämtliche Beulen und blauen Flecken dokumentieren
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