Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
Vordergrund steht, den vier Fußballvarianten also, waren neunundsechzig Prozent der Spieler nicht in der Lage, jene Situationen zu benennen, in denen ein sexueller Übergriff gegen die Frau vorlag. Der Vergleichswert bei den Schwimmern beträgt zwei Prozent, bei den Tennisspielern vier. Die Universitätsstudenten waren zu vierzehn Prozent unfähig, den sexuellen Übergriff zu erkennen. Im Gegensatz dazu gelang es achtundneunzig Prozent aller Probanden, den sexuellen Übergriff auf einen Mann korrekt zu identifizieren.«
»Sie wollen also sagen«, fasste Senatorin Woodrow zusammen, »dass über zwei Drittel der männlichen Footballspieler nicht in der Lage sind, festzustellen, was die Vergewaltigung einer Frau ausmacht?«
»Die Daten legen diesen Schluss nahe.«
Ein männlicher Senator massierte sich die Stirn. »Soll das heißen, diese Männer sind potenzielle Vergewaltiger, die ein Nein nicht respektieren?«
Nigel hob den Kopf, blieb aber stumm. Auf der Zuschauertribüne im Hintergrund regte sich heftiger Unmut.
»Nein«, Anya wurde ebenfalls laut, um die Unterstellung zu zerstreuen. »Das ist damit nicht gesagt. Wir können daraus nicht mehr schließen, als dass Fußballer, verglichen mit Vertretern anderer Sportarten, häufiger nicht in der Lage sind, einen sexuellen Übergriff als solchen zu erkennen.«
Ein älterer, kahlköpfiger Senator mit einer schmalen Brille rutschte auf seinem Stuhl herum. »Sie müssen verzeihen, aber es fällt mir schwer, das zu glauben. Ein Vergewaltigungsvorwurf ist schnell erhoben, aber alles hat immer zwei Seiten. Anhand welcher Grundlagen wollen Sie so eindeutig feststellen, dass diese Filme Vergewaltigungen zeigen?«
»In allen Szenarien hat die Frau dem Geschlechtsverkehr nicht zugestimmt, sie war deutlich sichtbar geschockt und suchte unmittelbaren medizinischen Beistand. Die Filmszenen wurden mehreren Staatsanwälten vorgeführt, die ausnahmslos darin übereinstimmten, dass jede der Frauen im Sinne des Gesetzes Opfer eines sexuellen Übergriffs wurde.«
Die zweite Senatorin, eine ehemalige Spitzenschwimmerin, beugte sich vor. »Haben Sie eine denkbare Erklärung für die signifikanten Abweichungen bei den Tennisspielern und Schwimmern? Alle Befragten sind Spitzensportler, die zu den Besten ihres Fachs gehören und für ihr Talent, wie ich annehme, großzügig entlohnt werden.«
Nun antwortete Nigel. Er hatte sich wohl entschlossen, Anya aus ihrer Not zu erlösen. »Ich halte die Resultate in mehrfacher Hinsicht für aussagekräftig. Tennis und Schwimmen sind nicht im eigentlichen Sinne Mannschaftssportarten. Eine Staffel oder ein Doppel beim Davis Cup oder den Olympischen Spielen lässt sich nicht mit einem Team von elf oder mehr Männern gleichsetzen, die eng miteinander vertraut sind und gemeinsam trainieren, essen und kämpfen. In dieser Umgebung entsteht zwangsläufig eine vollkommen anders geartete Kultur, eine, in der die Rudelmentalität zur Norm wird.«
Der Glatzkopf zupfte sich am Ohrläppchen. »Das hieße dann wohl, dass Männer, die in kämpferischen Auseinandersetzungen eng zueinanderstehen, eher geneigt sind, Frauen zu missbrauchen. Ich halte das für eine Beleidigung unserer Soldaten, die Tag für Tag ihr Leben aufs Spiel setzen, um unser Land zu verteidigen. Sie sind bestens ausgebildet, essen, schlafen und arbeiten zusammen und müssen sich blind auf jeden anderen Mann in der Einheit verlassen können, um zu überleben. Und trotzdem rennen sie nicht in der Gegend herum und vergewaltigen Frauen. Ich halte Ihre Untersuchung zu Mannschaftsverbänden und sexuellen Übergriffen für hirnverbrannt.«
Anyas Magen krampfte sich zusammen. Es war absehbar gewesen, dass ein Ultrakonservativer sie und Nigel öffentlich demütigte und ihren professionellen Ruf in den Schmutz zog, nur um politisches Kapital daraus zu schlagen. Wahrscheinlich bekam er zum Dank im nächsten Rugby-League-Meisterschaftsfinale eine eigene Loge.
Professor Everett nickte geduldig. »Womöglich habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Es geht hier nicht einfach um Gruppen von Männern. Es geht um Männer mit Geld, Ruhm und Körperkraft, denen die Manager und Sponsoren ihrer jeweiligen Clubs erhebliche Freiheiten einräumen. Angehörige des Militärs genießen keines dieser Privilegien, zumindest nicht dort, wo ich herkomme.«
Diese Bemerkung erheiterte die Zuschauertribüne. Anya drehte sich um und entdeckte zufällig den Mann wieder, der sie und Hannah gestern vor dem Gericht zu
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