Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
Sie sich die Zeit für uns genommen haben. Wir machen zwanzig Minuten Pause, ehe wir fortfahren.«
Anya war von dieser Entlassung wie vor den Kopf gestoßen. Sie hatte eine tiefer gehende Analyse der Probleme erwartet und eine Fülle von Daten und Fakten vorbereitet. Darüber hinaus hatte sie eine Präsentation dabei, die die Ergebnisse früherer Programme zur Förderung der sozialen Fähigkeiten von Sportlern, ihres Verantwortungsbewusstseins und Verhaltens aufzeigte. Diese schnelle Abfuhr weckte in ihr den Verdacht, dass das Komitee gar nicht wirklich daran interessiert war, die gegenwärtigen Zustände zu ändern.
»Das lief doch gar nicht schlecht, was meinen Sie?«
Nigel zwinkerte ihr schelmisch zu und funkelte mit den Augen wie ein Lausbub, der einen Plan ausheckt. Anya fragte sich, worüber er sich so freute.
5
Auf dem Weg zum Ausgang blieb Nigel kurz stehen und sprach mit einem Pressevertreter. Anya wollte ihm Bescheid geben, dass sie draußen warten würde, und stieß dabei fast mit dem Mann hinter ihr zusammen.
»Verzeihung …«, setzte sie an.
Der Angesprochene sah herab und lächelte. Unter den braunen Fransen, die ihm in die Stirn hingen, prangte ein Bluterguss, nur wenige Zentimeter über den unwiderstehlichen tiefblauen, von langen schwarzen Wimpern gerahmten Augen. Anya war wie vom Donner gerührt – es war der Mann, der gestern vor dem Gericht gewesen war.
»Da gibt es nichts zu verzeihen. Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen.«
Er sprach mit amerikanischem Akzent. Er trug ein marineblaues Hemd und Krawatte, dazu ein hellbraunes Jackett und legere Chinos.
»Gibt es einen Grund, weshalb Sie mich über die Bundesstaatsgrenzen hinweg verfolgen und sich dabei Blessuren zuziehen?«, fragte Anya mit missmutig gerunzelter Stirn.
»Ich dachte … Okay, ich sehe, dass ich danebenlag. Der Prof hat Ihnen wohl nichts erzählt?«
Anya hatte keinen blassen Schimmer, wovon der Kerl sprach. »Was sollte er mir erzählt haben?« Sie hielt sich ihre Unterlagen eng an die Brust und trat einen Schritt beiseite, als eine größere Gruppe den Saal verließ.
»Ich bin Ethan Rye. Ich arbeite für die USA Professional Football Leagues.«
Sie stellte die Aktentasche ab, um ihm die Hand zu geben, und ließ dabei ihre Unterlagen fallen. Ohne zu zögern, bückte er sich, um ihr zu helfen.
»Danke«, murmelte sie ein wenig verlegen wegen ihrer Tollpatschigkeit. »Sind Sie in die geplante Erstellung eines amerikanischen Pendants zu unserer Studie involviert?«
»Nein.« Er reichte ihr die Blätter, die sie sicher in der Aktentasche verstaute. »Ich bin hier, um mögliche Kandidaten für unsere Clubs unter die Lupe zu nehmen. Vor allem die Aussie-Rules-Kicker sind interessant für uns.«
»Sie sind Talentscout?«
Sie betraten den Korridor, in dem eine Vielzahl von Menschen hektisch hin und her lief. Offenbar tagten heute Vormittag gleich mehrere Senatsausschüsse.
»Nicht wirklich. Ich bin Privatdetektiv und soll abklären, welche Spieler charakterlich am geeignetsten erscheinen.«
Er klopfte also die Biografien ab – aber das erklärte längst nicht, wieso er sich beim Gericht herumgetrieben hatte.
»Vielen Dank, dass Sie versucht haben, uns vor den Eiern zu beschützen, und es tut mir leid, dass Sie sich die Beule an der Stirn eingefangen haben. Aber bitte entschuldigen Sie mich jetzt.« Sie wandte sich ab.
Nigel, der das Gespräch mit dem Journalisten beendet hatte, grüßte Ethan Rye mit einem kurzen Wink.
Anya mochte es nicht, wenn man sie im Dunklen tappen ließ. Was hatte der alte Fuchs vor? »Nigel, wieso treibt sich hier ein Privatdetektiv – aus Amerika – herum?«, stellte sie ihn zur Rede.
Nigel griff seinen Gehstock fester. »Derzeit fasst er mögliche Kandidaten für einen Wechsel zum American Football ins Auge. Unser Ethan ist ein Mann mit vielen Talenten. Er ist auch an einem neuen Bildungsprogramm für rund dreihundert Footballspieler beteiligt, das, da bin ich mir sicher, auf Ihr Wohlwollen stoßen wird. Kommende Woche findet im Rahmen eines Vorbereitungstrainingscamps ein umfangreiches Lehrgangsprogramm statt, zu dem auch ich eingeladen bin. Das ist eine große Ehre und wird große Resonanz in den Medien und bei anderen Sportarten haben.«
Anya war eigentlich davon ausgegangen, dass Nigel nächste Woche mit seinem alten Freund beim Angeln wäre. Peter würde enttäuscht sein.
»Wann reisen Sie ab?«
Nigel warf Ethan Rye einen kurzen Blick zu. »Nächsten Monat.«
Anya wurde
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